Mit KI auf der Suche nach dem Grund für Gesichtspareidolie

Copyright: NASA / JPL / University of Arizona
Gießen (Deutschland) – Mithilfe von künstlicher Intelligenz ergründen Forschende mögliche Ursachen für die bekannte Sinnestäuschung der Gesichtspareidolie, jener Sinneswahrnehmung, die uns in eigentlich chaotischen Mustern und Strukturen menschliche Gesichter erkennen lässt.
Sie sind überall: Überall erkennen wir menschliche Gesichter – beim Blick in den Schaum der Kaffeetasse, an der Raufasertapete, in knorrigen Baumstämmen, Wolken- und Felsformationen, selbst auf dem Mars. Vollständig erklärt ist das Phänomen der Gesichtspareidolie bislang noch nicht.
Anhand neuster Untersuchungen vermuten Forschende um Prof. Dr. Katharina Dobs, Professorin für Angewandte Informatik mit Schwerpunkt Kognitive Systeme an der Justus-Liebig-Universität Gießen (JLU), dass die Gesichtspreidolie darauf beruht, dass unser Gehirn gleichzeitig zwei Fähigkeiten optimiert hat: die Gesichtserkennung und die Klassifizierung von Objekten.
Wie die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen im Fachjournal „PLOS Computational Biology“ (DOI: 10.1371/journal.pcbi.1012751) berichten, haben sie die Reaktionen des menschlichen Gehirns auf Sinnesreize untersucht und mit denen künstlicher neuronaler Netzwerke verglichen.
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Am Ende der Analysen zeigte sich, dass nur ein speziell trainiertes Netzwerk eine ähnliche Reaktion auf vermeintliche Gesichtsmerkmale in unbelebten Objekten wie wir Menschen. Es war jenes Netzwerk, das zuvor darauf geschult wurde, sowohl Gesichter zu erkennen als auch Objekte zu kategorisieren, berichtet Dobs. „Unsere Ergebnisse deuten darauf hin, dass die Gesichtspareidolie ein Nebenprodukt der gleichzeitigen Optimierung dieser beiden Fähigkeiten ist. Wenn wir also ein Gesicht in unserem Kaffeeschaum oder in den Wolken sehen, ist das kein Zufall, sondern eine systematische Eigenschaft unseres Gehirns.“
Laut den Forscherinnen und Forschern trage die Studie nicht nur dazu bei, die Ursachen der Gesichtspareidolie zu verstehen. Sie unterstreiche auch das Potenzial künstlicher neuronaler Netzwerke zur Erforschung komplexer visueller Phänomene.
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Recherchequelle: Justus-Liebig-Universität Gießen
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