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NASA findet Spuren eines weiteren Einschlagskraters unter Grönlandeis

Visualisierung der Satellitendaten zum zweiten Einschlagskrater unter der Eisdecke Grönlands. Copyright: NASA/ Goddard Space Flight Center, MacGregor et al. / Geophysical Research Letters, 2019
Visualisierung der Satellitendaten zum zweiten Einschlagskrater unter der Eisdecke Grönlands.
Copyright: NASA/ Goddard Space Flight Center, MacGregor et al. / Geophysical Research Letters, 2019

Greenbelt (USA) – NASA-Wissenschaftler haben im Nordwesten Grönlands einen möglichen zweiten potentiellen Einschlagskrater entdeckt, der unter mehr als einer Meile Eis begraben ist. Stärkere Erosionsspuren und älteres Eis über der Struktur sprechen jedoch gegen die Vorstellung, dass dieser Krater gemeinsam mit einem erst kürzlich entdeckten ersten Grönland-Krater geschlagen wurde.

Erst im vergangenen November berichteten Wissenschaftler von der Entdeckung eines 31 Kilometer durchmessenden Kraters unter dem Hiawatha-Gletscher im Nordwesten Grönlands (…GreWi berichtete).

183 Kilometer davon entfernt offenbare neue Satellitendaten nun eine weitere, nun rund 35,5 Kilometer durchmessende und 160 Meter tiefe Kreisstruktur, die die NASA-Wissenschaftler ebenfalls für einen Einschlagskrater halten. Wie das Team um den Glaziologen Joe MacGregor vom Goddard Space Flight Center der NASA aktuell im Fachjournal „Geophysical Research Letters“ (DOI: 10.1029/2018GL078126) berichtet, gebe es aber offenbar keinen direkten zeitlichen Bezug zwischen den beiden Einschlagsereignissen.

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Vor der jüngsten Entdeckung des Hiawatha-Einschlagskraters gingen die Wissenschaftler im Allgemeinen davon aus, dass die meisten Hinweise auf Einflüsse in der Vergangenheit unter dem Grönlandeis und der Antarktis durch die unermüdliche Erosion durch das darüber liegende Eis zerstört worden wären. Nach der Entdeckung dieses ersten Kraters überprüfte MacGregor topographische Karten des Gesteins unter dem grönländischen Eis auf Anzeichen weiterer Krater. Anhand von Bildern der Eisoberfläche des Moderate Resolution Imaging Spectroradiometer-Instruments an Bord der NASA-Satelliten „Terra“ und „Aqua“ entdeckte der Forscher bald ein kreisförmiges Muster etwa 114 Meilen südöstlich des Hiawatha-Gletschers. Dasselbe Muster zeigte sich dann auch in Daten von „ArcticDEM“, einem hochauflösenden digitalen Höhenmodell der gesamten Arktis, das auf kommerziellen Satellitenbildern basiert.

Weitere Satellitenbilder sowohl des Hiawatha-Kraters als auch der neuentdeckten Kreistsstruktur (jeweils in den rechten Bildhälften). Copyright: MacGregor et al. / Geophysical Research Letters, 2019
Weitere Satellitenbilder sowohl des Hiawatha-Kraters als auch der neuentdeckten Kreistsstruktur (jeweils in den rechten Bildhälften).
Copyright: MacGregor et al. / Geophysical Research Letters, 2019

Um seinen Verdacht über das mögliche Vorhandensein eines zweiten Aufprallkraters zu bestätigen, untersuchte MacGregor die Radarbilder, die zur Kartierung der Topographie des Felsgesteins unter dem Eis verwendet werden, einschließlich der von der NASA-Operation „IceBridge“ gesammelten Daten. Unter dem Eis zeigten sich nun mehrere charakteristische Merkmale eines komplexen Einschlagskraters: eine flache, schüsselförmige Vertiefung im Felsgestein, die von einem erhöhten Rand und zentral angeordneten Gipfeln umgeben war, die sich bilden, wenn sich der Kraterboden nach dem Aufprall ausbalanciert. Messungen der „Operation IceBridge“ zeigten ebenfalls eine negative Schwerkraftanomalie in der gesamten Region, wie sie ebenfalls für Aufprallkrater charakteristisch sind.

„Die einzige andere kreisförmige Struktur, die eine deartige Größe erreichen könnte, wäre eine eingestürzte vulkanische Caldera“, erläutert MacGregor. „Die Gebiete mit bekanntem Vulkanismus in Grönland sind jedoch mehrere hundert Meilen entfernt. Ein Vulkan sollte auch eine eindeutig positive magnetische Anomalie haben, und eine solche sehen wir überhaupt nicht.“

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Obwohl die neu gefundenen Einschlagskrater im Nordwesten von Grönland nur 183 Meilen voneinander entfernt sind, scheinen sie sich nicht zur selben Zeit gebildet zu haben. Anhand der gleichen Radardaten und Eisbohrkernen, die in der Nähe gesammelt wurden, stellten MacGregor und Kollegen fest, dass das Eis in der Umgebung mindestens 79.000 Jahre alt ist. Auch waren die Eisschichten glatt, was darauf hindeutet, dass das Eis in dieser Zeit nicht stark gestört wurde. „Dies hätte zur Folge, dass entweder der Aufprall vor mehr als 79.000 Jahren stattfand oder – falls sich ein Einschlag in  jüngerer Zeit ereignete –  das vom Aufprall verändertes Eis längst aus dem Gebiet geflossen wäre und Inlandeis ersetzt wurde“, schlussfolgern die NASA-Wissenschaftler.

Als nächstes untersuchten die Forscher dann die Erosionsraten. Das Ergebnis zeigt, dass ein Krater dieser Größe anfangs mehr als eine halbe Meile tief gewesen wäre, was eine Größenordnung über der aktuellen Tiefe der Struktur liegt. Unter Berücksichtigung einer Reihe plausibler Erosionsraten berechneten die Forscher, dass es zwischen ungefähr hunderttausend Jahren und hundert Millionen Jahren gedauert hätte, bis das Eis den Krater in seine aktuelle Form gebracht hätte – je schneller die Erosionsrate, desto jünger die Krater und umgekehrt.

„Die Eisschichten über diesem zweiten Krater sind eindeutig älter als die über Hiawatha, und der ‚neue‘ Krater ist etwa doppelt so stark ausgehöhlt“, so MacGregor. „Wenn beide Krater gleichzeitig entstanden wären, so hätte sich vermutlich die dickere Eisschicht über dem zweiten Krater viel schneller dem Kraterverlauf angepasst als bei Hiawatha.“

Im Abgleich mit Daten der Alterseinschätzung und Datierung von Kratern auf dem Mond fanden die Forscher ebenfalls keinen direkten Hinweis darauf, dass die beiden Krater gemeinsam geschlagen wurden. Man könne aber schlussendlich auch noch nicht gänzlich ausschließen, dass es sich nicht doch um einen Binäreinschlag gehandelt habe.

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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