NASA-Rover Curiosity entdeckt bislang größte organische Molekülketten auf dem Mars

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Guyancourt (Frankreich) – In Bodenproben aus dem Gale-Krater haben Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die bislang größten organischen Verbindungen auf dem Roten Planeten entdeckt. Die Entdeckung deutet darauf hin, dass die präbiotische Chemie auf dem Mars weiter fortgeschritten gewesen sein könnte als bisher angenommen.
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Wie das Team um Caroline Freissinet vom französischen Nationalen Zentrum für wissenschaftliche Forschung (CNRS) ind er kommenden Ausgabe des Fachjournals „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (DOI: xxx) berichtet, untersuchten sie eine bereits vorhandene Gesteinsprobe im „Sample Analysis at Mars“ (SAM)-Labor des NASA-Mars-Rovers „Curiosity“ und identifizierten darin die Moleküle Dekan, Undekan und Dodekan. „Diese Verbindungen, die aus 10, 11 bzw. 12 Kohlenstoffatomen bestehen, werden als Fragmente von Fettsäuren interpretiert, die in der Probe konserviert wurden. Fettsäuren sind auf der Erde essenzielle chemische Bausteine des Lebens“, erläutert die NASA-Pressemitteilung.
Hintergrund
Lebende Organismen nutzen Fettsäuren zur Bildung von Zellmembranen und anderen biologischen Prozessen. Allerdings können Fettsäuren auch ohne Leben entstehen – etwa durch chemische Reaktionen zwischen Wasser und Mineralien in hydrothermalen Quellen.
Obwohl die genaue Herkunft der entdeckten Moleküle nicht bestimmt werden kann, ist ihr Nachweis für das Curiosity-Forschungsteam aus mehreren Gründen von Bedeutung: Zum einen wurden auf dem Mars bisher nur kleine, einfache organische Moleküle entdeckt. „Der Fund größerer Moleküle liefert erstmals Hinweise darauf, dass sich die organische Chemie auf dem Planeten in Richtung der Komplexität entwickelt hat, die für den Ursprung von Leben erforderlich wäre.“
Zugleich deutet die Entdeckung darauf hin, dass größere organische Moleküle – darunter auch potenzielle Biosignaturen (Moleküle, wie sie nur durch Leben entstehen können) – auf dem Mars erhalten bleiben könnten. Dies würde dann wiederum Befürchtungen wiederlegen, wonach solche Verbindungen durch Millionen Jahre intensiver Strahlung und Oxidation zerstört werden.
Aus Sicht der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler stärkt die Entdeckung zudem die Argumente für weitere zukünftige Missionen, mit denen die gesammelten und zum Abtransport bereits hinterlegten Marsproben zur Analyse mit hochentwickelten Instrumenten auf die Erde gebracht werden sollten.
Bedeutung für die Suche nach Leben
„Unsere Studie beweist, dass wir durch die Analyse von Marsproben chemische Signaturen vergangenen Lebens entdecken könnten – falls es jemals auf dem Mars existierte“, erklärte Freissinet. Die Wissenschaftlerin hatte bereits 2015 eine bahnbrechende Entdeckung gemacht, als ihr Team erstmals organische Moleküle in derselben Probe identifizierte, die nun auch für die aktuelle Studie genutzt wurde. Diese als „Cumberland“ bezeichnete Gesteinsprobe, wurde im Laufe der Jahre mit verschiedenen Analysetechniken mehrfach untersucht.

Copyright: NASA/JPL-Caltech/MSSS
Herkunft der Probe und geochemische Hinweise
Der Curiosity-Rover bohrte die Probe Cumberland im Mai 2013 aus einer Region im Gale-Krater namens Yellowknife Bay. Da dieser Bereich wie ein ausgetrocknetes altes Seebett aussah, entschieden sich die Wissenschaftler für eine Untersuchung, bevor sich der Rover seinem Hauptziel, dem zentralen Kraterberg Aeolis Mons (Mount Sharp), zuwandte.
Diese Umleitung erwies sich als lohnenswert: Die Cumberland-Probe enthält zahlreiche chemische Hinweise auf die 3,7 Milliarden Jahre alte Vergangenheit des Gale-Kraters. Frühere Untersuchungen zeigten:
„Die Probe ist reich an Tonmineralen, die sich nur in der Gegenwart von Wasser bilden. Sie enthält große Mengen an Schwefel, der organische Moleküle konservieren kann“, erläutert die NASA und führt dazu weiter aus: „Es wurden Nitrate nachgewiesen, die auf der Erde essenziell für Pflanzen und Tiere sind. Die Probe enthält Methan, das auf der Erde mit biologischen Prozessen in Verbindung steht. Besonders bedeutsam ist, dass sich Yellowknife Bay tatsächlich als ein ehemaliger See erwies. Diese Umgebung hätte organische Moleküle konzentrieren und in feinkörnigem Sedimentgestein – sogenanntem Tonstein – konservieren können. Es gibt Hinweise darauf, dass im Gale-Krater über Millionen Jahre flüssiges Wasser existierte, möglicherweise noch viel länger. Das bedeutet, dass es genug Zeit für die Entstehung von lebensbildenden chemischen Prozessen in diesen Mars-Seen gab.“
Unerwartete Entdeckung bei der Analyse von Aminosäuren
Die nun beschriebene Entdeckung der langen organischen Moleküle erfolgte als Nebeneffekt eines anderen Experiments. Das Team suchte ursprünglich nach Aminosäuren, den Bausteinen von Proteinen, indem es die Probe in SAMs Ofen erhitzte und die freigesetzten Moleküle analysierte. Zwar wurden dabei keine Aminosäuren nachgewiesen, dafür aber kleine Mengen von Dekan, Undekan und Dodekan.
Da diese Moleküle durch Hitze aus größeren Strukturen entstanden sein könnten, versuchten die Forschenden ihre ursprünglichen Formen zu rekonstruieren. Sie kamen zu dem Schluss, dass es sich um Überreste der Fettsäuren Undecansäure, Dodecansäure und Tridecansäure handeln könnte. Um ihre Hypothese zu testen, mischten die Forscher Undecansäure mit Mars-ähnlichem Ton und führten ein SAM-ähnliches Experiment durch. Nach der Erhitzung wurde tatsächlich Dekan freigesetzt, wie vorhergesagt. Frühere Experimente anderer Forscher bestätigten zudem, dass Undekan aus Dodecansäure und Dodekan aus Tridecansäure stammen könnte.
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Ein weiteres faszinierendes Detail betrifft die Länge der Kohlenstoffketten der vermuteten Fettsäuren. Diese bestehen aus 11 bis 13 Kohlenstoffatomen – ungewöhnlich lang für nicht-biologische Prozesse, die typischerweise kürzere Fettsäuren mit weniger als 12 Kohlenstoffatomen produzieren. Die Forscherinnen und Forscher halten es für möglich, dass die Cumberland-Probe sogar noch längerkettige Fettsäuren enthält, die SAM jedoch nicht erfassen kann.
Nächster Schritt: Probenrückführung zur Erde
Da mit den aktuellen Instrumenten auf dem Mars selbst nur begrenzte Rückschlüsse auf die organischen Moleküle gezogen werden können, müssen Mars-Proben zurück zur Erde gebracht werden, um die Debatte über Leben auf dem Mars endgültig zu klären“, fordert Daniel Glavin, der Hauptwissenschaftler für das Rückführungsprogramm der Mars-Proben am Goddard Space Flight Center der NASA in Greenbelt.
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Recherchequelle: NASA
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