Neue Analysen zu Trappist-1 b: Besitzt naher Exoplanet doch eine Atmosphäre?
Paris (Frankreich) – Neue Beobachtungen des nur 40 Lichtjahre entfernten Planetensystems um den Stern Trappist-1 stellen die bisherige Vorstellung, dass der vermutlich erdartige Planet „Trappist-1 b“ über keine Atmosphäre verfügt, infrage.
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Wie das Team um Elsa Ducrot vom Observatoire de Paris, Jeroen Bouwman vom Max-Planck-Instituts für Astronomie (MPIA) in Heidelberg aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-024-02428-z) berichten, nähren neuste Messungen mit dem Weltraumteleskop James Webb (JWST) Zweifel an der derzeitigen Vorstellung zur Beschaffenheit des Exoplaneten „Trappist-1 b“.
Faszinierendes System mit sieben erdartigen Planeten
Anfang 2017 berichteten Astronomen über die Entdeckung von sieben Gesteinsplaneten, die mit Trappist-1 einen ultrakühlen roten Zwergstern (oder M-Zwerg) 40 Lichtjahre von der Erde entfernt umkreisen (…GreWi berichtete). Bemerkenswert an den Planeten ist ihre Ähnlichkeit in Größe und Masse mit den inneren Gesteinsplaneten unseres eigenen Sonnensystems. Obwohl sie alle viel näher um ihren Stern kreisen als jeder unserer Planeten die Sonne – alle Trappist-1-Planeten könnten bequem in die Umlaufbahn des Merkur passen, – erhalten sie vergleichbare Energiemengen von ihrem winzigen Stern.
„Trappist-1 b“ ist der innerste dieser sieben Planeten, hat eine Umlaufbahn von etwa einem Hundertstel der Erde und erhält etwa die vierfache Energiemenge, wie sie die Erde von der Sonne erhält. Obwohl sich der Planet nicht innerhalb der lebensfreundlichen Zone des Systems befindet, können Beobachtungen des Planeten wichtige Informationen über seine Geschwisterplaneten sowie über die anderer M-Zwerg-Systeme liefern. Bei der habitablen, also lebensfreundlichen Zone handelt es sich um jene Abstandsregion, innerhalb derer Planeten diesen Stern umkreisen müssen, damit aufgrund gemäßigter Temperaturen flüssiges Wasser (und damit die Grundlage zumindest des uns bekannten irdischen Lebens) auf der Planetenoberfläche existieren können.
Neue Daten stellen bisheriges Modell infrage
Spätestens seit einer ersten Temperaturmessung des Planeten im Frühjahr 2023 galt „Trappist-1 b“ als dunkler Gesteinsplanet ohne Atmosphäre, der von einem Milliardenjahre andauernden kosmischen Einfluss aus Strahlung und Einschlägen gezeichnet ist (…GreWi berichtete). „Tatsächlich scheint das Gegenteil zu stimmen“, berichtet nun die MPIA-Pressemitteilung. „Die Oberfläche zeigt keine Hinweise für eine Verwitterung, was auf geologische Aktivitäten hindeutet. Alternativ würde auch ein Planet mit einer mit Dunst durchsetzten Atmosphäre aus Kohlendioxid infrage kommen. Die Ergebnisse verdeutlichen die Herausforderungen bei der Bestimmung der Eigenschaften von Exoplaneten mit dünner Atmosphäre.“
Die aktuellen Untersuchungen Untersuchung nutzten Messungen der thermischen Infrarotstrahlung des Planeten Trappist-1 b mit MIRI (Mid-Infrared Imager) am JWST und schließt die Ergebnisse aus dem Vorjahr mit ein, auf die die bisherigen Schlussfolgerungen beruhen und Trappist-1 b als einen dunklen Gesteinsplaneten ohne Atmosphäre beschreiben.
„Die Vorstellung eines Gesteinsplaneten mit einer stark verwitterten Oberfläche ohne Atmosphäre ist jedoch mit der aktuellen Messung nicht vereinbar“, erläutert Bouwman und führt dazu weiter aus: „Deswegen denken wir, dass der Planet mit relativ unverändertem Material bedeckt ist.“
Während für gewöhnlich die Oberfläche eines atmosphärisch ungeschützten Planeten von der Strahlung seines Zentralgestirns und Meteoriteneinschlägen verwittert wird, deuten die neuen Ergebnisse nun dafür, dass das Gestein an der Oberfläche höchstens rund 1.000 Jahre alt und damit deutlich jünger als das Planetensystem selbst ist, dessen Alter auf mehrere Milliarden Jahre geschätzt wird.
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Diese Beobachtung könnte nun darauf hindeuten, dass die Planetenkruste dramatischen Veränderungen unterworfen ist, die womöglich mit starkem Vulkanismus oder Plattentektonik zu erklären wären. Zwar gestehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein, dass dieses Szenario noch eine hypothetische Betrachtung darstellt – dennoch sei es durchaus plausibel. „Der Planet ist groß genug, dass das Innere noch Restwärme aus seiner Entstehung erhalten haben dürfte – wie bei der Erde. Die Gezeitenwirkung des Zentralsterns und der übrigen Planeten dürfte Trappist-1 b zudem so verformen, dass die entstehende innere Reibung Wärme erzeugt – ähnlich, wie wir es beim Jupitermond Io sehen. Zusätzlich wäre induktives Heizen durch das Magnetfeld des nahen Sterns denkbar.“
Hat „Trappist-1 b“ nun doch eine Atmosphäre?
„Die Daten lassen ebenfalls eine gänzlich andere Lösung zu“, sagt Thomas Henning, emeritierter Direktor des MPIA, einer der Hauptverantwortlichen für den Bau des MIRI-Instruments. „Im Gegensatz zur bisherigen Vorstellung gibt es Bedingungen, unter denen der Planet eine dicke Atmosphäre reich an Kohlendioxid (CO2) besitzen könnte.“ Eine wesentliche Rolle bei diesem Szenario spiele Dunst aus Kohlenwasserstoffverbindungen, also Smog, in der Hochatmosphäre, die die Forscher.
Die beiden Beobachtungsprogramme, die sich in der aktuellen Studie ergänzen, sollten die Helligkeit von Trappist-1 b bei verschiedenen Wellenlängen im thermischen Infrarotbereich (12,8 und 15 Mikrometer) ermitteln. Die erste Beobachtung war empfindlich für die Absorption der Infrarotstrahlung des Planeten durch eine Schicht aus CO2. Eine verminderte Helligkeit wurde jedoch nicht gemessen, weswegen die Forschenden daraus schlossen, dass der Planet keine Atmosphäre besitzt.
Hierzu hat das Forschungsteam Modellrechnungen durchgeführt. Diese zeigen, dass Dunst die Temperaturschichtung einer CO2-reichen Atmosphäre umkehren kann: „Normalerweise sind die tieferen, bodennahen Schichten wegen des höheren Drucks wärmer als die oberen. Weil der Dunst das Sternlicht absorbiert und sich erwärmt, würde er stattdessen – unterstützt durch einen Treibhauseffekt – die oberen Schichten der Atmosphäre heizen. Dadurch absorbiert das Kohlendioxid dort nicht die Wärmestrahlung aus den unteren Schichten, sondern gibt selbst Infrarotstrahlung ab. Etwas Ähnliches sehen wir beim Saturnmond Titan. Seine Dunstschicht bildet sich dort sehr wahrscheinlich unter dem Einfluss der ultravioletten (UV) Strahlung der Sonne aus den kohlenstoffreichen Gasen der Atmosphäre. Etwas Vergleichbares könnte auch auf Trappist-1 b geschehen, weil sein Stern ebenfalls in erheblichem Maße UV-Strahlung abgibt.“
Komplexe Ausgangslage für klare Folgerungen
Die Forschenden geben allerdings zu bedenken, dass, auch wenn die Daten zu diesem Szenario passen, es dennoch weniger wahrscheinlich sei: „Einerseits ist es schwieriger, wenn auch nicht unmöglich, aus einer CO2-reichen Atmosphäre Kohlenwasserstoffverbindungen zu erzeugen, die einen Dunst bilden. Die Atmosphäre des Titan besteht dagegen hauptsächlich aus Methan. Zudem bleibt das Problem, dass die aktiven roten Zwergsterne, zu denen Trappist-1 zählt, Strahlung und Winde produzieren, die über mehrere Milliarden Jahre hinweg die Atmosphären von nahen Planeten leicht abtragen können.“
Trappist-1 b ist ein anschauliches Beispiel dafür, wie schwierig der Nachweis und die Bestimmung der Atmosphären von Gesteinsplaneten derzeit noch ist – selbst für das JWST. Im Vergleich zu Gasplaneten sind sie dünn und erzeugen deswegen nur schwache messbare Signaturen. Die beiden Beobachtungen zur Untersuchung von Trappist-1 b, die Helligkeitswerte bei zwei Wellenlängen lieferten, dauerten insgesamt fast 48 Stunden, was nicht ausreichte, um zweifelsfrei zu entscheiden, ob der Planet eine Atmosphäre hat.
Um noch genauere Daten zu „Trappist-1 b“ zu erhalten, braucht es nun weitere Beobachtungen und Messungen. Hierzu hat die US-Raumfahrtbehörde NASA kürzlich ein ausgedehntes Beobachtungsprogramm genehmigt, um die Atmosphären von Gesteinsplaneten um nahegelegene, massearme Sterne zu untersuchen. Im Rahmen des Programms „Rocky Worlds“, wurden nun auch weitere 500 Stunden Beobachtungszeit mit dem JWST für „Trappist-1 b“ genehmigt.
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Recherchequelle: MPIA
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