Philadelphia (USA) – Übereinstimmende Abweichungen der Bahnen sogenannter transneptunischer Objekte (TNOs), also von Objekten bis hin zur Größe von Zwergplaneten jenseits der Neptun-Bahn, dienen Vertretern der Hypothese über einen bislang noch unentdeckten großen Planeten im äußeren Sonnensystem als starker Hinweis für dessen Existenz. Bislang konnte dieser dann neunte Planet aber noch nicht durch eine direkte Beobachtung nachgewiesen werden und die Kontroverse um die Existenz von „Planet Nine“ dauert an. Eine neue Studie bezweifelt nun, dass „P9“ tatsächlich existiert und erklärt, dass das äußere Sonnensystem auch ohne diesen funktioniert. Gegenüber Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) widerspricht der Erstbeschreiber von Planet Neun, der Astronom Mike Brown, dieser Lesart der Daten.
Wie das internationale Astronomenteam um Pedro H. Bernardinelli von der University of Pennsylvania vorab via Arxiv.org berichtet, haben sie mit Hilfe der Daten der „Dark Energy Survey“ (DES) nach einer Bestätigung für die zuvor von anderen Astronomen – darunter federführend Prof. Mike Brown und Dr. Konstantin Batygin vom California Institute of Technology (Caltech) – postulierten Ansammlung transneptunischer Objekte mit gemeinsamen ungewöhnlichen Umlaufbahnen gesucht.
Hintergrund: Panet Nine
Einige Astronomen, vornehmlich Prof. Mike Brown und Konstantin Batygin von der University of California, vermuten anhand von übereinstimmenden ungewöhnlichen und extremen Bahnabweichungen zahlreicher Objekte im Kuipergürtel die Existenz eines bislang noch unbekannten und ebenfalls noch nicht entdeckten weiteren großen Planeten weit außerhalb der Neptunbahn im äußeren Sonnensystem.Laut den bisherigen Berechnungen der Astronomen müsste der als „Planet Nine“ bezeichnete Himmelskörper die etwa 10-fache Erdmasse besitzen und die Sonne 20 mal weiter entfernt umkreisen als Neptun (…GreWi berichtete, siehe Links u.). Derzeit suchen Mike Brown und Kollegen erneut noch einen ganzen Monat lang nach dem Planeten, dessen Position – so er denn existiert – sie erneut eingrenzen konnten.
Zuvor schon konnte Bernardinelli gemeinsam mit Kollegen erst vor wenigen Wochen die Entdeckung von 139 bislang unbekannten TNOs bekannt geben (…GreWi berichtete).
Anhand ihrer Analyse der bislang vorliegenden DES-Daten berichten die Astronomen um Bernardinelli nun, dass es keinen eindeutigen Belege für die beschriebene Ansammlung, das sog. „Clustering“ transneptunischer Objekte gebe.
„Basierend auf unseren Daten, hätten wir keine Hypothese über die Existenz eines neunten Planeten formuliert“, kommentiert Bernardinelli die Schlussfolgerung der aktuellen Studie gegenüber den „New Scientist“.
Je mehr TNOs entdeckt würden, desto mehr erscheine die zuvor als Cluster beschriebene TNO-Population mit abweichenden Bahneigenschaften als dann doch eher gleichmäßig verteilt. „Anhand unserer Daten, braucht es keinen Planet Nine, um die Eigenschaften im äußeren Sonnensystem zu erklären“, schreibt das Team um Bernardinelli – gesteht aber zugleich auch ein, dass „der eingeschränkte von DES beobachtete Himmelausschnitt und die bisherige Objektanzahl auch bedeute, dass auch die bisherigen DES-Daten die P9-Hypothese nicht klar widerlegen können.“ Bislang decken die DES-Daten erst vier Beobachtungsjahre und den beschriebenen eingeschränkten Himmelsabschnitt ab. Nach sechs Beobachtungsjahren, erhofft sich das Team um Bernardinelli ausreichend Daten für eine erneute Überprüfung der Hypothese um „Planet Nine“. Bis dahin könnte P9 – so er existiert – aber auch schon entdeckt worden sein…
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Auf Anfrage von Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) kommentiert der Professor Mike Brown die Ausführungen des Teams um Bernardinelli wie folgt: „Wie die Autoren selbst in ihrem Artikel ausführen, ist ihre Datengrundlage schlichtweg nicht ausreichend, um jenes Clustering zu sehen, das wir entdeckt haben. Es ist sehr schwer, mit derart kleinen Datenmengen zu arbeiten, wie jene, die Bernardinelli und Kollegen verwendet haben. Vollständigere Datensets wie jene, die die Grundlage unserer Schlussfolgerungen sind, zeigen aber diese Ansammlung mit 99,8 prozentiger statistischer Sicherheit – und in unserer 2019 vorgelegten Studie sind auch die DES-Daten beinhaltet. Um unsere Hypothese bin also nicht nicht sonderlich besorgt.”
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Quelle: ArXiv.org, New Scientist
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