Neue Studie sieht höhere Wahrscheinlichkeit für intelligentes Leben
![Symbolbild: Der Planet Erde.Copyright: US Gov.](https://www.grenzwissenschaft-aktuell.de/wp-content/uploads/2025/02/83106-erde-planet.jpg)
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University Park (USA) – Eine neue Studie stellt die seit Jahrzehnten verbreitete „Hard-Steps“-Theorie infrage, die besagt, dass intelligentes Leben ein extrem unwahrscheinliches Ereignis sei. Stattdessen argumentieren die Forscher, dass die Entstehung intelligenten Lebens weniger von Glück als vom Zusammenspiel von Leben und Umwelt abhängt – und dass dies vermutlich auch auf anderen Planeten.
Inhalt
Wie Dan Mills, Postdoktorand an der Universität München, Professorin Jennifer Macalady, Professor Jason Wright von der Penn State University und Adam Frank von der University of Rochester aktuell im Fachjournal „Science Advances“ (DOI: 10.1126/sciadv.ads5698) berichten.
Laut dem im Artikel vorgestellten neuen Modell ist die Menschheit möglicherweise doch keine so außergewöhnliche Erscheinung, sondern vielmehr ein natürlicher evolutionärer Ausgangspunkt für unseren Planeten – und wahrscheinlich auch für andere.
Die „Hard-Steps“-Theorie
Die „Hard-Steps“-Theorie wurde 1983 vom theoretischen Physiker Brandon Carter entwickelt. Sie besagt, dass die Evolution von Menschen äußerst unwahrscheinlich war, da sie im Verhältnis zur Lebensdauer der Sonne viel Zeit benötigte. Das neue Modell hingegen legt nahe, dass die Evolution durch die schrittweise Öffnung von „Habitabilitätsfenstern“ (also jenen Phasen, in denen die Lebensfreudnlichkeit zunahm} gesteuert wurde – beispielsweise durch Sauerstoffanreicherung der Atmosphäre, Nährstoffverfügbarkeit und Temperaturen.
Die ursprüngliche „Hard-Steps“-Theorie prognostiziert, dass es im Universum nur wenige oder gar keine anderen Zivilisationen gibt, da evolutionäre Meilensteine – wie der Ursprung des Lebens, die Entwicklung komplexer Zellen und das Entstehen menschlicher Intelligenz – extrem unwahrscheinlich seien. Dies basierte auf Carters Berechnung der Lebensdauer der Sonne von zehn Milliarden Jahren und dem Alter der Erde von etwa fünf Milliarden Jahren.
In der neuen Studie argumentieren die Forscher, dass die Entwicklung menschlichen Lebens durch die schrittweise Öffnung von „Habitabilitätsfenstern“ über die Erdgeschichte hinweg erklärt werden kann. Diese seien durch Faktoren wie Nährstoffverfügbarkeit, Meeresoberflächentemperaturen, Salzgehalt der Ozeane und Sauerstoffgehalt der Atmosphäre gesteuert worden. Angesichts all dieser Faktoren, so das Team, sei die Erde erst kürzlich für Menschen bewohnbar geworden – als natürliches Ergebnis dieser Umweltveränderungen.
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„Die neuen Erkenntnisse stellen denn auch einen bedeutenden Wandel in unserer Sichtweise auf die Geschichte des Lebens dar“, attestiert Jennifer Macalady. „Sie legen nahe, dass die Evolution komplexen Lebens weniger auf Zufall beruht, sondern vielmehr auf dem Zusammenspiel zwischen Leben und seiner Umwelt – und eröffnet spannende neue Forschungswege auf unserer Suche nach unseren Ursprüngen und unserem Platz im Universum.“
Das Forschungsteam, bestehend aus Astrophysikern und Geobiologen, argumentiert, dass die Erde anfangs für viele Lebensformen unwirtlich war und dass entscheidende evolutionäre Schritte erst möglich wurden, als die globale Umwelt eine für das Leben „zulässige“ Phase erreichte.
„Komplexes tierisches Leben erfordert eine bestimmte Sauerstoffmenge in der Atmosphäre“, erklärt Dan Mills. „Die Sauerstoffanreicherung durch photosynthetisierende Mikroben und Bakterien war daher ein natürlicher evolutionärer Schritt gewesen, der ein Zeitfenster für die Entwicklung komplexerer Lebensformen eröffnete.“
Intelligenz entsteht genau zur „richtigen Zeit“
„Wir argumentieren, dass intelligentes Leben keine Reihe glücklicher Zufälle benötigt, um zu existieren“, so Mills weiter. „Menschen entwickelten sich weder ‚früh‘ noch ‚spät‘ in der Erdgeschichte, sondern eben genau ‚zur richtigen Zeit‘, eben dann, als die Bedingungen passten.“
„Vielleicht ist es also nur eine Frage der Zeit – und möglicherweise erreichen andere Planeten diese Bedingungen schneller als die Erde, während andere länger brauchen.“
Allerdings sollten wir unsere Vorhersagen nicht auf die Lebensdauer der Sonne stützen, sondern auf geologische Zeitskalen, da diese bestimmen, wie lange es dauert, bis sich die Atmosphäre und die Landschaft verändern“, erläutert Jason Wright. „Wenn sich das Leben mit dem Planeten entwickelt, dann geschieht dies im planetaren Maßstab und mit planetarer Geschwindigkeit.“
Wright erklärte weiter, dass sich die „Hard-Steps“-Theorie so lange gehalten habe, weil sie aus der Astrophysik stammt – dem Standardgebiet zur Untersuchung der Entstehung von Planeten und Sternensystemen.
Interdiziplinäre Zusammenarbeit
Die Studie sei eine interdisziplinäre Zusammenarbeit zwischen Physikern und Geobiologen, bei der beide Seiten von den jeweiligen Fachgebieten lernten, um ein nuanciertes Bild der Evolution des Lebens auf einem Planeten wie der Erde zu zeichnen: „Diese Arbeit ist ein besonders großzügiger Akt interdisziplinärer Forschung“, sagte Macalady, die auch das Astrobiologie-Forschungszentrum an der Penn State leitet. „Unsere Disziplinen waren weit voneinander entfernt, und wir haben sie zusammengeführt, um die Fragen zu beantworten: Wie sind wir hierhergekommen? Und sind wir allein? Es gab eine Kluft, und wir haben eine Brücke gebaut.“
Das Team plant nun, das vorgestellte alternative Modell weiter zu testen, insbesondere indem es die angeblich einzigartigen evolutionären „Hard Steps“ hinterfragt. In der Studie schlagen die Forscherinnen und Forscher verschiedene Forschungsprojekte vor, darunter die Suche nach Biosignaturen – wie Sauerstoff – in den Atmosphären von Exoplaneten.
Zudem wollen sie untersuchen, wie schwierig die vermeintlichen „Hard Steps“ tatsächlich sind, indem sie einzellige und mehrzellige Lebensformen unter bestimmten Umweltbedingungen wie niedrigeren Sauerstoff- und Temperaturwerten erforschen.
Über die vorgeschlagenen Projekte hinaus regt das Team die Wissenschaftsgemeinschaft dazu an, zu hinterfragen, ob evolutionäre Innovationen – wie die Entstehung des Lebens, oxygenische Photosynthese, eukaryotische Zellen, mehrzellige Tiere und Homo sapiens – wirklich einzigartige Ereignisse in der Erdgeschichte waren. Gab es möglicherweise ähnliche Entwicklungen in der Vergangenheit, deren Spuren durch Aussterben oder andere Faktoren verloren gingen?
„Diese neue Perspektive legt nahe, dass die Entstehung intelligenten Lebens vielleicht doch nicht so unwahrscheinlich ist“, so Wright abschließend. „Anstatt einer Reihe extrem unwahrscheinlicher Ereignisse könnte die Evolution ein vorhersehbarer Prozess sein, der sich entfaltet, wenn die globalen Bedingungen es erlauben. Unser Modell gilt nicht nur für die Erde, sondern auch für andere Planeten – und erhöht somit die Möglichkeit, dass es anderswo Leben ähnlich dem unseren gibt.“
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Recherchequelle: Pen State University
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