Neue Studie stellt subglazialien Mars-See in Frage
Ithaca (USA) – Seit 2018 Daten der europäischen Sonde „Mars Express“ die Existenz eines flüssigen Sees unter dem Eis der Eiskappe des Mars-Südpols nahelegten, diskutieren Wissenschaftler darüber, ob der subglaziale See tatsächlich existiert oder überhaupt existieren kann. Eine neue Studie stellt nun die Existenz des Sees einmal mehr infrage.
Wie das Team um Daniel Lalich vom Cornell Center for Astrophysics and Planetary Science an der Cornell University aktuell im Fachjournal „Science Advances“ (DOI: 10.1126/sciadv.adj9546) berichtet, glauben sie, eine einfache und umfassende – wenn auch weniger dramatische – Erklärung für die hellen Radarreflexionen gefunden, die ursprünglich als flüssiges Wasser unter der Eiskappe am Südpol des Mars interpretiert wurden.
Wie die Forschenden anhand von Simulationen zeigen, können schon kleine Variationen in Schichten von Wasser-Eis, die zu subtil für bodenpenetrierende Radarinstrumente sind, um aufgelöst zu werden, zu Radar-Interferenzen führen können. „Eine solche Interferenz kann Reflexionen erzeugen, deren Intensität und Variabilität den bisherigen Beobachtungen entsprechen – nicht nur im Bereich, der als flüssiges Wasser vorgeschlagen wurde, sondern auch über die sogenannten südpolaren Schichtablagerungen.“
Hintergrund
Mittlerweile liegen zahlreiche und umfangreiche Belege und Beweise dafür vor, dass der Mars einst Meere, Seen und Flüsse flüssigen Wassers an der Oberfläche besaß. Die 2018 erbrachten Radardaten deuteten auf einen See unter der Südpolarkappe hin (…GreWi berichtete). Die Auswirkungen eines solchen Sees wären tatsächlich enorm: Wo es flüssiges Wasser gibt, könnte es auch mikrobielles Leben geben.
Während jedoch die gleichen hellen Radarreflexionen auf der Erde wahrscheinlich einen subglazialen See anzeigen würden, sind die Temperatur- und Druckbedingungen auf dem Mars sehr unterschiedlich.
Schon zuvor hatte Lalichs Team unter Verwendung einfacherer Modelle gezeigt, dass die hellen Radar-Signale auch ohne flüssiges Wasser erzeugt werden könnten (…GreWi berichtete), erklärte aber später, dass die Annahmen über Schichten gefrorenen Kohlendioxids unter der Eiskappe wahrscheinlich falsch gewesen seien.
„Die neuen Untersuchungen erzählen nun eine vollständigere Geschichte“, so Lalich. Realistischere Modelle könnten nun Lücken in der Radarinterferenzhypothese schließen.
Schon geringfügige Anpassungen erzeugen demnach hier und da helle Untergrundsignale, die mit Beobachtungen in jedem der drei Frequenzen übereinstimmen, die vom MARSIS-Radarinstrument des Mars Express-Orbiters verwendet werden. Der Grund hierfür sei einfach: Radarwellen, die von Schichten abprallen, die für das Instrument zu eng beieinanderliegen, um sie aufzulösen, können kombiniert werden, wodurch ihre Spitzen und Täler verstärkt werden.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
„Dies ist das erste Mal, dass wir eine Hypothese haben, die die gesamte Beobachtungspopulation unter der Eiskappe erklärt, ohne etwas Einzigartiges oder Seltsames einführen zu müssen“, erklärt Lalich abschließend. „Dieses Ergebnis, bei dem wir helle Reflexionen überall verstreut bekommen, entspricht genau dem, was man von dünnen Schichtinterferenzen im Radar erwarten würde.“ Zwar sei die Idee, dass es irgendwo in der Nähe der Marsoberfläche flüssiges Wasser sein könnte, wäre wirklich aufregend. Ich glaube einfach nicht, dass es dort ist.“
WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA (chronol. absteigend sortiert)
Nun doch keine flüssigen Tümpel, Teiche und Seen im Untergrund des Mars-Südpols? 28. September 2022
Weitere Studie: Doch flüssiges Wasser unter dem Eis des Mars-Südpols? 25 Januar 2022
Doch keine unterirdischen Teiche und Seen auf dem Mars? 25. Januar 2021
Studie findet weitere „Teiche und Seen“ im Mars-Untergrund, dort wo kein flüssiges Wasser sein sollte 29. Juni 2021
Wahrscheinlich saisonal flüssiges Schmelzwasser auf dem Mars 2. März 2021
Weitere Seen und Teiche flüssigen Wassers unter der Marsoberfläche entdeckt 28. September 2020
Mehr flüssiges Wasser auf dem Mars als gedacht – aber zu kalt für irdisches Leben 14. Mai 2020
Im Schatten von Felsen kann sich auf dem Mars zyklisch flüssiges Salzwasser bilden 18. Februar 2020
Geeignet für irdisches Leben: Marswasser war reich an Mineralen und Salzen 24. Januar 2020
Fließt heute noch Tiefengrundwasser auf dem Mars? 29. März 2019
Mars Express findet erstmals Beweise für planetares Grundwassersystem auf dem Mars 5. März 2019
Studie: Mars-Wasser könnte genug Sauerstoff für dortiges Leben binden 24. Oktober 2018
Tümpel flüssigen Wassers unter dem Südpoleis des Mars entdeckt 26. Juli 2018
Recherchequelle: Cornell University
© grenzwissenschaft-aktuell.de