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Neue Theorie zur Entstehung unseres Sonnensystems

Künstlerische Darstellung der des frühen Sonnensystems, in dem sich die inneren Gesteinsplaneten früher formierten als die äußeren Gas- und Eisriesen (Illu.) Copyright: Mark A. Garlick markgarlick.com
Künstlerische Darstellung der des frühen Sonnensystems, in dem sich die inneren Gesteinsplaneten früher formierten als die äußeren Gas- und Eisriesen (Illu.)
Copyright: Mark A. Garlick markgarlick.com

Oxford (Großbritannien) – Mit einer neuen Theorie erklärt ein internationales Forscherteam, warum sich das innere Sonnensystem mit seinen Gesteinsplaneten so stark vom äußeren mit den Gas- und Eisriesen unterscheidet. Demnach entstanden die inneren Planeten früher als die jenseits der sogenannten Schneelinie. Damit widerspricht die neue Theorie allerdings derzeit gängigen Lehrmeinungen.

Wie das internationale und interdisziplinäre Team um Tim Lichtenberg von der University of Oxford /ehemals ETH) aktuell im Fachjournal „Science“ (DOI: 10.1126/science.abb3091) berichtet, haben sie ein neues Modell der Planetenentstehung entwickelt, das eine alternative Erklärung der Isotopenunterschiede im Sonnensystem liefert.

Während die innersten Planeten Merkur, Venus, Erde und Mars relativ kleine und trockene Planeten sind, enthalten die Gasplaneten Jupiter, Saturn, Uranus und Neptun sehr viel mehr flüchtige Elemente und die Sonne viel weiter draußen. „Meteoriten haben einen unterschiedlichen ‘Fingerabdruck’, je nachdem, ob sie aus dem inneren oder äußeren Sonnensystem stammen“, erläutert die an der Studie ebenfalls beteiligte Prof. Maria Schönbächler vom Institut für Geochemie und Petrologie der ETH Zürich. „Meteoriten haben einen unterschiedlichen ‘Fingerabdruck’, je nachdem, ob sie aus dem inneren oder äußeren Sonnensystem stammen.“ Kann die Herkunft eines Asteroiden bzw. Meteoriten anhand des sogenannten Isotopengehalts bestimmt werden. Isotope sind verschiedene Atomsorten eines Elements, die im Kern die gleiche Anzahl Protonen, aber unterschiedlich viele Neutronen besitzen.

Hintergrund
Die bisherige Erklärung für die Unterschiede bei der chemischen Zusammensetzung von Planeten und Meteoriten: Als das Sonnensystem vor 4,5 Milliarden Jahren aus einer Gas- und Staubscheibe entstand, wurde als erster Planet Jupiter geboren. Er teilte die Scheibe in ein inneres und äußeres System und blockierte den Austausch von Materie zwischen den beiden Teilen.

Tatsächlich benötige das neue Modell Jupiter aber nicht mehr, erläutern die Forschenden. In Computersimulationen haben sie berechnet, was im frühen Sonnensystem geschehen sein könnte: „ Gemäß den Simulationen entstanden das innere und äußere Sonnensystem in zwei unterschiedlichen Wellen zu zwei verschiedenen Zeitpunkten“, erläutert Lichtenberg und führt dazu weiter aus: „Extrem früh, als die ursprüngliche Scheibe aus Gas und Staub sowie die Sonne noch selber im Entstehen waren, formten sich im inneren Sonnensystem die ersten Bausteine der Planeten – Brocken mit einem Durchmesser von ungefähr 100 Kilometern, von den Fachleuten Planetesimale genannt. Eine wichtige Rolle spielte dabei die sogenannte Schneelinie, die sich in einem bestimmten Abstand um die sehr junge Sonne zog. Innerhalb dieser Grenze kam das Wasser in Form von Wasserdampf vor. Außerhalb bildeten sich Eiskristalle. Dort kondensierte ein Teil des Wasserdampfs auf Staubkörnern, die zusammenklumpten und so die ersten Planetesimale formten.“

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Diese seien extrem wasserreich gewesen, was nicht einmal verwundert, weil die Erde damit deutlich mehr Wasser enthalten und heute eher wie ein Komet aussehen sollte. Doch auch dafür hat die neue Theorie eine Erklärung: „Die Staubscheibe enthielt das radioaktive Isotop Aluminium-26. Die Planetenbausteine erbten dieses Material, das mit einer Halbwertszeit von 700’000 Jahren zerfällt und dabei viel Energie abgibt – genug, um die Planetesimale von innen aufzuheizen und zu schmelzen.“ Auf diese Weise konnten sich Eisenkerne formen und das Wasser sowie andere flüchtige Elemente verdampften.

„Nachdem die ersten Planetesimale im inneren Sonnensystem entstanden sind, passiert in unserem Modell während rund einer halben Million Jahren nichts mehr“, erklärt Lichtenberg. „Dann kommt es zu einer zweiten Welle der Planetesimal-Entstehung – diesmal im äußeren Sonnensystem. Die Schneelinie ist inzwischen nach außen gewandert, weil sich die Gas- und Staubscheibe aufgeheizt hat. Staubpartikel, die sich in Richtung Sonne bewegen, werden an der neuen Schneegrenze aufgehalten.“ Durch diese Art eines kosmischen Verkehrsstaus bilden sich erneut Planetesimale: „Die Bildung der Planeten im äußeren Sonnensystem begann später, war aber deutlich schneller beendet; die inneren Planeten brauchten wesentlich länger“, so Lichtenberg. „Weil der zweite Prozess später startete, war ein großer Teil des radioaktiven Aluminium-26 bereits zerfallen und es wurden weniger flüchtige Elemente abgedampft. In Folge entstanden dort draußen die Gas- und Eisriesen wie Jupiter oder Uranus.“

Das neue Modell werfe zudem ein neues Licht auf das weitere Anwachsen der ursprünglichen Planetesimale im inneren Sonnensystem, bis daraus die Gesteinsplaneten wie unsere Erde entstanden sind. Demnach dominierten anfänglich Zusammenstöße zwischen den Planetesimalen. „Dann folgte eine Phase, bei welcher diese Körper aufgrund ihrer Schwerkraft Staubkörner ansammelten. Darauf folgten wiederum Kollisionen, bis die Erde am Ende des Bildungsvorgangs mit dem letzten großen Brocken zusammenstieß. Bei diesem Zusammenprall wurde Masse aus der frühen Erde herausgeschleudert, aus welcher der Mond entstand.“

Wie die Forschenden weiter berichten, zeigen die Simulationen weiter, wie die Planeten während ihrer Bildung näher zur Sonne wanderten, bis sie ihre heutige Umlaufbahn erreichten: „In unserer Studie schlagen wir ein Gesamtszenario vor, das die Zusammensetzung und Entstehungsgeschichte des Sonnensystems reproduziert“, erklärt Tim Lichtenberg.

„Tatsächlich widerspiegeln die Computerberechnungen die Daten von Meteoriten-Analysen und astronomischen Beobachtungen. „Diese Kombination von aktuellen Meteoritendaten und Entwicklungsmodellen ist neu.“, fasst Maria Schönbächler abschließend zusammen und zeigt sich begeistert davon, „wie gut alles passt“.




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Quelle: ETH Zürich, Science

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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(Kornkreisforscher)

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