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Nicht nur in Deutschland: Militär- und Zivilradar „blind“ für UFOs und UAP

Symbolbild: Historischer Blick in einen Flugüberwachungsraum. Copyright: DianneNH (via Pixabay.com) / Pixabay License
Symbolbild: Historischer Blick in einen Flugüberwachungsraum.
Copyright: DianneNH (via Pixabay.com) / Pixabay License

Saarbrücken (Deutschland) – Erkundigt man sich bei der deutschen Bundesregierung oder auch der Bundeswehr nach dem Grund, warum es hierzulande keine staatlichen Untersuchungen von UFO-Sichtungen gibt, hört man übereinstimmend, dass schlichtweg keine entsprechenden Detektionen vorliegen, die solche Bemühungen rechtfertigen würden. Obwohl natürlich auch in und über Deutschland unidentifizierte Flugobjekte gesichtet werden, könnte diese Aussage selbst der Wahrheit entsprechen. Der Grund: Die hiesigen Radarsysteme sortieren exotische Flugobjekte tatsächlich aus – und das nicht nur in Deutschland.

Erst kürzlich bekräftigte ein Sprecher des Bundesministeriums für Verteidigung gegenüber dem Herausgeber von GrenzWissenschaft-aktuell.de (GreWi) Andreas Müller, dass auch die neue Regierung die bereits zuvor ausführlich dargelegte Position der Vorgängerregierung teile, wonach man in Deutschland derzeit keinen Anlass dafür sieht, unidentifizierte Flugobjekte oder Phänomene im Luftraum (UFOs/UAP) eingehender zu untersuchen (…Grewi berichtete).

So hieß es in besagter Antwort an GreWi-Herausgeber Müller u. a.: „Bislang gab es schlichtweg keine registrierten Vorfälle und Beobachtungen, die wir nicht technisch, meteorologisch oder astrophysikalisch erklären konnten. (…)“

Dass dies tatsächlich einer vordergründigen Wahrheit entspricht, zeigte bereits der UFO-Forscher Illobrand von Ludwiger in seinem 1990 erschienenen Buch UFOs über Europa – Wissenschaftliche Beweise durch Radargeräte, optische Sensoren und militärische Luftraumüberwachung“. Darin erklärt v. Ludwiger, warum Computer-erstellte Radarspuren von UFO-Bewegungen nicht immer wiedergeben:

„(Dazu) muss man wissen, daß die Flugspurbildung im Radarrechner eine kontinuierlich verlaufenden Kurve voraussetzen, wie sie von allen Flugzeugen und Raketen geflogen wird, nicht aber von UFOs. Wenn Flugobjekte ohne Transpondermeldung – also von der militärischen Luftraumüberwachung – erfaßt werden, dann wird von einem Programm aus drei nacheinander vom Radar gemessenen Positionspunkten eine Flugbahn gebildet. Aus der Flugbahn wird ein Erwartungsraum für die nächste Position extrapoliert. Wenn das Objekt beim nächsten Radarscan oder -umlauf nicht in den Erwartungsraum fällt, wird der folgende Erwartungsraum entsprechend größer gebildet. Wird beim drittenmal wieder kein Echo in den erweiterten Erwartungsraum gefunden, so wird die Spur abgebrochen. Wenn ein Objekt nicht den Erwartungen entspricht, wenn es beispielsweise in der Lage wäre, in einer sehr steilen Kurve umzukehren, so wird seine Bahn vom Rechner-Algorithmus als ‚unmöglich‘ interpretiert. ‚Unmögliche Flugwege‘ werden nach etwa 30 Sekunden aus dem System entfernt.“

Die linke Abbildung zeigt ein Radar-Beispiel aus v. Ludwigers Buch „UFOs über Europa“ (S. 144): „In der Nacht des 18. Juni 1993 wurde im Schweizer Luftraum ein ‚Flugzeug‘ entdeckt, das sich nicht über Transponder meldete und damit seine Identität nicht auswies. Es flog zunächst mit 240 Stundenkilometern. Während man versuchte, das Objekt zu identifizieren, wechselte dieses Flugobjekt plötzlich seine Flugrichtung um 90 Grad. Dabei beschleunigte es auf Überschallgeschwindigkeit. Da der Rechner Flugspuren von Objekten mit Geschwindigkeiten von mehr als Mach 4 eliminiert (weil Flugzeuge mit dieser Geschwindigkeit in Europa noch nicht gebaut werden), wurde die Spur verloren.“ Die Abbildung rechts zeigt die visualisierte Radardaten eines Objekts, dass am 13. Juni 1993 zwischen 23:14 und 23:20 Uhr extreme Höhenveränderungen über Dübendorf in der Schweiz vollführte. Quelle: v. Ludwiger, I. „UFOs über Europa“ (München, 1999)
Die linke Abbildung zeigt ein Radar-Beispiel aus v. Ludwigers Buch „UFOs über Europa“ (S. 144): „In der Nacht des 18. Juni 1993 wurde im Schweizer Luftraum ein ‚Flugzeug‘ entdeckt, das sich nicht über Transponder meldete und damit seine Identität nicht auswies. Es flog zunächst mit 240 Stundenkilometern. Während man versuchte, das Objekt zu identifizieren, wechselte dieses Flugobjekt plötzlich seine Flugrichtung um 90 Grad. Dabei beschleunigte es auf Überschallgeschwindigkeit. Da der Rechner Flugspuren von Objekten mit Geschwindigkeiten von mehr als Mach 4 eliminiert (weil Flugzeuge mit dieser Geschwindigkeit in Europa noch nicht gebaut werden), wurde die Spur verloren.“ Die Abbildung rechts zeigt die visualisierte Radardaten eines Objekts, dass am 13. Juni 1993 zwischen 23:14 und 23:20 Uhr extreme Höhenveränderungen über Dübendorf in der Schweiz vollführte.
Quelle: v. Ludwiger, I. „UFOs über Europa“ (München, 1999)

Dass entsprechend ungewöhnliche Radarziele und Ortungen aber dennoch zunächst auftauchen und detektiert werden, konnten von Ludwiger und Kollegen damals anhand zahlreicher Radardaten der Schweizer Luftaufsicht belegen (s. Abb.), von denen im Buch auch zahlreiche Beispiele gezeigt werden.

Fast 30 Jahre später konnte Andreas Müller nun durch seine eigenen Recherchen zu seinem kürzlich erschienenen Buch „Deutschlands UFO-Akten – Über den politischen Umgang mit dem UFO-Phänomen in Deutschland …mit Betrachtungen auch zu Österreich und der Schweiz“ diesen Sachverhalt bestätigen.

Darin zitiert Müller unter anderem die Erläuterungen eines leitenden Ingenieurs des Österreichischen Bundesheeres, Kommando Luftraumüberwachung zur Frage vor, ob in Österreich mit dem dortigen militärischen Luftraumüberwachungssystem „Goldhaube“ bereits UFOs geortet wurden?

„(…) Die kurze Antwort auf ihre Frage ist: Nein, es wurden im System Goldhaube keine derartigen Flugobjekte erfasst.

Die etwas längere Antwort ist: Jedes Radar ist, um eine hohe Reichweite zu erzielen, höchst empfindlich. Deshalb entsteht durch verschiedene Mechanismen zwangsläufig auch eine hohe Anzahl an Erfassungen, die keine Ziele sind („Falschalarme“ u.ä.). Diese Erfassungen werden im Radar nach Kriterien gefiltert, die aus den erwarteten (spezifizierten) Eigenschaften eines Ziels abgeleitet sind. Erfassungen, die diese Kriterien nicht erfüllen, werden verworfen. In weiterer Folge werden aus den Radarerfassungen Flugspuren gebildet, auch diese Algorithmen basieren auf den spezifizierten Eigenschaften – insbesondere den kinematischen Grenzen – der relevanten Ziele. Nur durch diese (automatisierten) Verarbeitungsschritte kann ein nutzbares (einigermaßen „sauberes“) Radarbild erzeugt werden. Dies hat jedoch zur Folge, dass nur Ziele dargestellt werden, die auch die spezifizierten Eigenschaften haben – Ziele mit UFO-ähnlichem Flugverhalten gehören nicht dazu.“

Stark zusammengefasst würde dies also bedeuten, dass Luftraumüberwachungssysteme wie Goldhaube u. a. deshalb keine unidentifizierten Flugobjekte und schon gar nicht solche mit exotischen Flugeigenschaften und Fähigkeiten orten (können), weil gar nicht erst danach gesucht wird bzw. entsprechende Signale (falls vorhanden) sowieso aussortiert und gar nicht auf dem üblichen Radar angezeigt werden würden.

Hintergrund
Bei „Goldhaube“ handelt es sich um das militärische, radargestützte Luftraumüberwachungssystem Österreichs auf der Grundlage von sechs Großraum-Radarstationen (PSR, SSR u. ASR) und Multiradartracking (MTR). Das System deckt nicht nur ganz Österreich, sondern auch die gesamte Schweiz bis Lausanne ab, reicht gen Nordwesten bis an die Grenze Luxembourgs, Richtung Norden bis nach Berlin, nach Nordosten bis ins polnische Lodz, gen Osten bis zur rumänischen und ukrainischen Grenze inkl. fast ganz Ungarns, im Südosten fast bis Belgrad und über Sarajevo hinaus, im Süden ungefähr bis nach Ancona in Italien und gen Südwesten bis einschließlich Ligurische Küste, Genua und bis Turin.
Quellen:
http://www.airpower.at/fldiv/lrue/ https://www.bundesheer.at/sk/lusk/lrue/index.shtml und https://de.wikipedia.org/wiki/Goldhaube_(Luftraum%C3%BCberwachung)

Da Goldhaube also weit über die österreichischen Landesgrenzen hinausreicht und aufgrund der geografischen wie geopolitischen Lage Österreichs auch mit den Systemen anderer Länder zusammenarbeitet und koordiniert wird, hat der Autor (A. M.) auch beim bundesdeutschen Verteidigungsministerium nachgefragt, ob das Gleiche auch auf das deutsche Luftüberwachungssystem zutrifft.

Wie ein Sprecher des Bundesministeriums der Verteidigung gegenüber dem Autor telefonisch mitteilte, könne und werde er natürlich keine Details des bundesdeutschen Luftraumüberwachungssystems ausplaudern, doch treffe die Ausführung des österreichischen Kollegen grundsätzlich auf alle Radarsysteme zu. Der Sprecher fügte aber auch hinzu, dass er damit nicht sagen wolle, dass man deshalb „heimlich“ UFOs orte. Dem sei nicht der Fall.

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Weitere Rücksprachen mit der Bundeswehr nahestehenden Experten auf diesem Gebiet bestätigten diese Bewertung. Diese vermuteten aber sehr stark, dass dies vielleicht in Deutschland und Europa so sei, dass in den USA (sowie Russland, China und anderen Staaten) aber mit ziemlicher Sicherheit Radarsysteme auch auf exotische Ziele ausgerichtet seien. Schließlich sei es (und das trifft auch auf Deutschland und Österreich zu) ja nur eine Frage der Algorithmen, wonach die Systeme suchten. Es sei kaum vorstellbar, dass man nicht auch mit überraschenden Situationen und potenziellen Angriffen rechne.

Als Reaktion auf sein Buch „Deutschlands UFO-Akten“ erhielt Müller kürzlich folgende, die obigen Informationen bestätigende Leserzuschrift:

„Guten Tag Herr Müller,
habe grade Ihr grandioses neues Buch “ Deutschlands UFO-Akten“ studiert. Gratulation dazu! DAS Standardwerk, welches überfällig war! Danke!

In den 1980-ern war ich persönlich bei der Bundeswehr in einem Radarzug in Meßstetten auf der Schwäb. Alb tätig. Ich kann nur bestätigen, dass fast täglich seltsame Radarechos registriert wurden, diese allerdings nur auf den Beobachtungsschirmen, welche „zugelassen“ sind, dargestellt wurden. (Kommandostellen und Wartungsstellen, wie in meinem Fall). Normale Operateure, „OPs“, bekamen diese gar nicht mit, da die Signale durch die EDV herausgefiltert wurden. Damals war das System GEADGE im Einsatz. (Zu hohe Geschwindigkeiten / Beschleunigungen in allen Richtungen usw. wurden gefiltert). So wie in Ihrem Buch z.B. auf den Seiten 405ff. beschrieben. Die OPs sehen eigentlich nie die eigentlichen Radarechos sondern immer nur aufbereitete Daten des Systems.“

Radar- und Funkstation auf dem Weichenwang auf der Schwäbischen Alb. Copyright: Olga Ernst (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 4.0
Radar- und Funkstation auf dem Weichenwang auf der Schwäbischen Alb.
Copyright: Olga Ernst (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 4.0

Eine weitere Bestätigung dafür, dass Radarsysteme für gewöhnlich für exotische Flugobjekte und deren Verhalten sozusagen „blind gestellt“ sind, diese aussortieren, lieferte im vergangenen Sommer (2021) dann auch der der Leiter der Royal Australian Air Force, Chief Air Marshal Mel Hupfeld. Dieser musste sich zuvor in einer Senatsanhörung zur UFO-Frage äußern und hatte dabei auch zur Frage Stellung bezogen, ob das australische Überhorizontradar-Netzwerk (Australia’s Jindalee Operational Radar Network, JORN), mit dem See- und Luftbewegungen mit einem Umfeld von 20 Millionen Quadratkilometern geortet werden können, UFOs bzw. UAP überhaupt orten könne: „Es ist mir nicht möglich einzuschätzen, ob JORN so etwas wie ungewöhnliche Luftphänomene orten könnte, ohne dass das System zuvor mit Informationen über Konstruktion, Material und Leistungsfähigkeiten solcher Objekte – wenn es diese geben sollte – instruiert wurde.“ (…GreWi berichtete)

Fasst man die obig zusammengetragenen Informationen und Aussagen also zusammen, so wäre es lediglich eine Frage von Suchalgorithmen und -Filtereinstellungen um exotische Radarziele weiterverfolgen und dokumentieren zu können. Dass dies bei entsprechendem Interesse möglich ist, zeigen die Schweizer Beispiele aus den 1990-er Jahren.




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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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