Organisches Material auf Zwergplanet Ceres stammt aus dem All
Göttingen (Deutschland) – Der Zwergplanet, der größte Körper im Asteroidengürtel zwischen Mars und Jupiter, ist für seinen Kryovulkanismus bekannt. Bisher entdeckte organische Ablagerungen auf seiner Oberfläche wurden jedoch wohl nicht mit diesen Eisvulkanen aus dem Planeteninnern hervorgebracht, sondern kamen offenbar von außerhalb.
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Wie die Forschungsgruppe unter Leitung von Ranjan Sarkar vom Max-Planck-Instituts für Sonnensystemforschung (MPS) aktuell im Fachjournal „AGU Advances“ (DOI: 10.1029/2024AV001362) berichtet, gelangte das organische Material, das sich in wenigen Gebieten an der Ceres-Oberfläche findet, wahrscheinlich mit Asteroiden aus dem äußeren Asteroidengürtel, auf den Zwergplaneten.
Die nun vorliegende bisher umfassendste Analyse des rätselhaften Materials und seiner Fundstätten basiert auf den Messdaten der NASA-Raumsonde „Dawn“. Die neuen Erkenntnisse helfen zu verstehen, wo und wie im Sonnensystem lebensfreundliche Bedingungen entstanden sein können.
Rätselhafte Welt im Asteroidengürtel
„Zum notwendigen Inventar lebensfreundlicher Welten zählen organische Moleküle“, erläutert die Pressemitteilung des MPS. „Auf der Erde bilden die Verbindungen aus Kohlenstoff, Wasserstoff und – in kleineren Mengen – weiteren Elementen die Grundbausteine allen Lebens. In den vergangenen Jahren sind Forschende in großer Entfernung von der Sonne bereits fündig geworden: auf trans-neptunischen Objekten, Kometen und weit entfernten Asteroiden. Diese Körper gelten als weitestgehend unveränderte Überbleibsel aus den frühen Tagen des Sonnensystems; die Lebensbausteine dürften deshalb von Anfang an zu ihrer ‚Grundausstattung‘ gehört haben. Ins innere Sonnensystem sind sie womöglich erst später vorgedrungen.“
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Für die aktuelle veröffentlichte Studie haben die Forschenden nach bisher unbekannten Ablagerungen organischen Materials auf dem Zwergplaneten Ceres gesucht. Der etwa 960 Kilometer große Zwergplanet kreist im mittleren Asteroidengürtel zwischen den Umlaufbahnen von Mars und Jupiter um die Sonne; früheren Untersuchungen zur Folge könnte dort sein Geburtsort liegen. Deshalb interessieren sich Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen auch für den Ursprung seiner organischen Bestandteile. „Sind sie vor Ort im Asteroidengürtel entstanden? Oder erst später zugereist?“
Organisches Material auf Ceres
Mittels künstlicher Intelligenz haben die Forscherinnen und Forscher die gesamte Oberfläche des Zwergplaneten nach Spuren aliphatischer organischer Moleküle abgesucht. „Fundstellen organischer Moleküle sind auf Ceres eigentlich eine Seltenheit. Sie zeigen keine typischen Merkmale von Kryovulkanismus“, fasst Sarkar die Ergebnisse zusammen. Die allermeisten Ablagerungen erstrecken sich am Rand oder in der Nähe des großen Ernutet-Kraters auf der Nordhalbkugel des Zwergplaneten. Nur drei liegen in größerer Entfernung davon. Zwei „Sprenkel“ waren bisher noch nicht bekannt.
Ein genauer Blick auf die geologischen Strukturen an den Fundstellen erlaubt weitere Schlüsse. „An keiner der Ablagerungsstellen finden wir Hinweise auf aktuelle oder frühere vulkanische oder tektonische Aktivität: keine Gräben, Schluchten, Vulkankuppen oder Schlote. Zudem gibt es in der Umgebung keine tiefen Einschlagskrater“, fügt der MPS-Wissenschaftler Martin Hoffmann hinzu.
Im Zuge der Dawn-Mission hatte sich Ceres als außergewöhnliche, kryovulkanische Welt entpuppt. Unter ihrer Oberfläche verbirgt sich eine wässrige Sole, die stellenweise noch bis in jüngste geologische Vergangenheit an die Oberfläche quoll. „Natürlich liegt zunächst die Vermutung nahe, dass Ceres‘ einzigartiger Kryovulkanismus das organische Material aus dem Innern des Körpers an die Oberfläche transportiert hat“, so Andreas Nathues vom MPS, wissenschaftlicher Leiter des Dawn-Kamerateams. „Doch unsere Ergebnisse sprechen dagegen. An den Schauplätzen kryovulkanischer Aktivität fehlen die Beweise für Organik. Und an den Stellen, an denen organische Verbindungen sicher nachgewiesen sind, fehlen die Anzeichen für Tiefen- oder Oberflächenaktivität.“
Asteroiden brachten Lebensbausteine
Entsprechend dürfte Einschlag eines oder mehrerer Asteroiden aus dem äußeren Asteroidengürtel das organische Material auf den Planeten gebracht haben. Anhand von Computersimulationen können die Forschenden zeigen, dass diese Körper zu den Geschossen zählen, die am häufigsten mit Ceres zusammenprallten. „Da die nicht allzu fernen Nachbarn dabei nicht viel Fahrt aufnehmen, entsteht beim Einschlag nur wenig Hitze. Organische Verbindungen können diese Temperaturen überstehen.“
Allerdings konnte Dawn nicht alle Arten organischer Verbindungen aufspüren, fügt Nathues hinzu und gibt abschließend zu bedenken: „Es ist durchaus wahrscheinlich, dass auch in Ceres‘ unterirdischem Ozean Lebensbausteine entstanden und vielleicht sogar bis zur Oberfläche vorgedrungen sind – oder immer noch dringen. Die organischen Ablagerungen, die bisher mit Dawn sicher nachgewiesen wurden, stammen jedoch wahrscheinlich nicht von Ceres selber.“ Für den Nachweis organischen Materials aus dem Inneren von Ceres sei wohl eine zukünftige Landemission erforderlich.
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Recherchequelle: MPS
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