Bethesda (USA) – Es ist ein allseits bekanntes Phänomen der menschlichen Wahrnehmung: In eigentlichen chaotischen Strukturen und Mustern, wie etwa Felsen oder Wolken, erkennen wir Formen und Objekte, die so eigentlich gar nicht vorhanden sind. Wahrnehmungspsychologen sprechen von sogenannter Pareidolie. Eine aktuelle Studie zeigt nun, dass die Mehrheit der Betrachter und Betrachterinnen dann, wenn sie glauben in solchen Strukturen ein Gesicht zu erkennen, diese illusorischen Gesichter eher als männlich wahrnehmen.
Wie das Team um Susan Wardle vom National Institute of Mental Health aktuell im Fachjournal „PNAS“ (DOI: 10.1073/pnas.2117413119) berichtet, sehen wir nicht nur Gesichter, wo eigentlich keine sind, sondern ordnen diesen zudem auch Alter, emotionalen Ausdruck und eben meist auch ein konkretes Geschlecht zu.
Dass die deutliche Mehrheit der Betrachter in solchen illusorischen Gesichtern männliche Gesichter sehen, zeigt die Auswertung von Befragungen von mehr als 3.800 Erwachsenen US-Bürgern. Zudem zeigt das Ergebnis der Studie, dass es meist bestimmter femininer Details bedarf, damit die wahrgenommenen Gesichter als weiblich wahrgenommen werden.
Ebenso zeigt sich, dass die meisten illusorischen Gesichter eher als „jung“ und „lustig“, statt als „alt“ und „grimmig“ wahrgenommen werden. Die Bewertung der pareidolischen Gesichter bezüglich eines bestimmten vermeintlichen Alters, Emotion und Geschlecht sei auch dann gegeben, wenn die Vorlage eigentlich keine typischen Merkmale der besagten Eigenschaften aufwiesen.
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Sollte sich die Beobachtung bestätigen, habe dies interessante und wichtige Auswirkungen auf unser Verständnis darüber, wie die Wahrnehmung von Geschlechtern im menschlichen Gehirn verarbeitet wird, gerade auch deshalb, weil der Bewertungsstimuli dieser Frage nicht von einer biologischen Vorlage ausgehen, so die Autoren und Autorinnen der Studie.
Wie es scheint, gibt es eine signifikante erlernte oder auch angeborene Tendenz, Dingen, die auch nur annähernd einem menschlichen Gesicht gleichen, männliche Attribute zuzuordnen. Weitere Beispiele seien die allseits beliebten Emojis oder Lego-Spielfiguren. Auch diese werden meist erst dann als weiblich wahrgenommen, wenn sie mit entsprechenden Attributen wie längeren Wimpern, Make-up, langen Haaren oder volleren Lippen ausgestattet sind.
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Recherchequelle: PNAS
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