Philosoph kritisiert anthropozentrisches Denken bei der Suche und Frage nach außerirdischem Leben
Belgrad (Serbien) – Im Bemühen um Antworten auf die zahlreichen Fragen rund um außerirdisches Leben, gilt unsere Erde und der Mensch als einzige höher entwickelte Zivilisation meist noch immer als das Maß aller Dinge. Doch gerade die gesuchten Antworten könnten eine gänzlich andere Sichtweise erfordern, kritisiert der Philosoph Vojin Rakić den vorherrschenden anthropozentrischen Ansatz.
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Die bisherigen Erklärungsansätze für das sogenannte „Fermi-Paradoxon“ – also die Frage, warum wir trotz des allgegenwärtigen Lebens auf der Erde innerhalb einer alten, aber überschaubaren Galaxie noch keine intelligenten Außerirdischen oder deren Signale entdeckt haben – basieren oft auf menschlichen Erfahrungen und Annahmen. „Meist geht es darum, was wir Menschen sehen und wie wir uns technologisch entwickelt haben“, erklärt Rakić aktuell in einem Aufsatz im „International Journal of Astrobiology“ (DOI: 10.1017/S1473550424000041).
In seinem Artikel untersucht der Philosoph zunächst bestehende Lösungsvorschläge und ordnet sie drei Kategorien zu: Einzigartigkeitslösungen, Vernichtungslösungen und Kommunikationsbarrieren-Lösungen.
– Einzigartigkeitslösungen besagen, dass Leben äußerst unwahrscheinlich ist und wir möglicherweise das einzige Leben in der Milchstraße sind.
– Vernichtungslösungen gehen davon aus, dass planetenweite Katastrophen oder Selbstzerstörung intelligenter Spezies durch Krieg oder Umweltschäden die Gründe sind.
– Kommunikationsbarrieren-Lösungen hinterfragen, ob außerirdische Zivilisationen zu weit entfernt sind oder ob sie sich bewusst verbergen.
Rakićs spekulative Erweiterung des Fermi-Paradoxons
Anschließend stellt er jedoch fest: Außerirdisches Leben könnte für unsere Sinne unauffindbar sein oder in einem Teil eines erweiterten Universums existieren, zu dem wir keinen Zugang haben.
Rakićs eigener Ansatz geht über diese Kategorien hinaus und spekuliert, dass die gesuchten Außerirdischen so weit entwickelt sein könnten, dass wir Menschen sie gar nicht (mehr) wahrnehmen können. „Sie könnten überall um uns herum sein, selbst wenn sie uns in Sachen Intelligenz nicht übertreffen oder nur wenig Intelligenz besitzen.“
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So wären wir Menschen als dreidimensionale Wesen zum Beispiel gar nicht in der Lage, vierdimensionale Wesen zu erkennen. „Menschen können sich nicht einmal vorstellen, wie die zwei (oder mehr) zusätzlichen Dimensionen der Zeit ‚aussehen‘ könnten. (…) In dieser Hinsicht ähneln Menschen dem Insekt, das den Raum nur eindimensional wahrnimmt.“
Erkennt ein Wurm in Menschen eine höhere Intelligenz?
Hier stellt er zudem die Frage, ob eine niedrigere Lebensform eine deutlich höher entwickeltere, intelligentere Lebensform überhaupt als solche wahrnimmt und erkennt: „Nehmen Insekten und Würmer Menschen als hoch entwickelte Lebensformen wahr, und wenn ja, wie? Sie erleben zwar die Konsequenzen unseres Handelns, verstehen aber möglicherweise nicht, warum. Beobachten uns künstliche Intelligenzen auf eine Weise, die wir nicht erfassen können? Wie nehmen Delfine oder Wale [zwei Tiere, die wir als intelligent betrachten] Menschen wahr? Wie können Menschen einen Einblick in deren Wahrnehmungsapparat gewinnen? Das alles wissen wir immer noch nicht.“
Laut Rakić könnten außerirdische Wesen also aus Dunkler Materie oder Dunkler Energie bestehen oder in Raum- und Zeitdimensionen existieren, die wir noch nicht entdeckt haben. „Vielleicht existieren Lebensformen durch ein Wurmloch in einem anderen Teil des Universums, in parallelen Welten, einem anderen Teil des Multiversums oder auf einer Längen- und Energieskala, die wir selbst mit unseren größten Teilchenbeschleunigern nicht erfassen können?“
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Recherchequelle: International Journal of Astrobiology
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