Physikalischer Spiritualismus bzw. Mediumismus heute
Wolkiges Ektoplasma tritt aus einen Auge des Mediums aus und verteilt sich sukzessive, bis der Kopf des Mediums kaum noch sichtbar ist. Fotografiert während einer Privatséance im Jahre 2017.
Copyright: Kai Mügge
– Ein einführender Gastbeitrag von Kai Mügge
Der sogenannte physikalische Mediumismus ist eine der Öffentlichkeit weniger bekannte Spielart des historischen, sowie des zeitgemäßen westlichen Spiritualismus und somit moderne Ausdrucksform der seit Menschengedenken in allen Gesellschaften gepflegten – meist zeremoniellen – Tradition, mit den unsichtbaren Kräften des Daseins in Kontakt zu treten. Das Anrufen von Geistern, meistens Ahnen, aber auch anderen „Spirits“, findet darin seinen Ausdruck.
www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +
Während diejenigen Medien, die „Jenseitskontakte“ herstellen meist weitläufiger bekannt sind, wissen nur Wenige, dass es eine weitere im westlichen Spiritualismus angelegte Umgangsform mit den Geistern gibt, nämlich die, in der „die Jenseitigen“ mit Hilfe eines Mediums und einer engagierten Sitzer-Gruppe (Beisitzer), sich in unserer Welt – zu unterschiedlichen Graden – abbilden, physikalische Wechselwirkungen bewirken (Fernbewegung von Gegenständen, Durchdringung von Materie, Materialisation), die immer wieder die Gesetze unserer physikalischen Welt zu durchbrechen scheinen, bis hin zur buchstäblichen „Materialisation“ im drei-dimensionalen Raum.
Aufsteigendes, noch nicht ganz verfestigtes Ektoplasma außen am sog. Kabinett. Es besteht eine Verbindung zur Nase des Mediums. In den meisten Fällen allerdings wird es über den Mund abgesondert. Nur das Gesicht des Mediums war in dieser Demonstration am „Basler Psi-Verein“ im Jahre 2012 exponiert, auch beide Hände befinden sich hinter dem sonst geschlossenen Vorhang, um eine Beteiligung auszuschließen.
Copyright: K. Mügge
Werden in unserer rationalistischen Gesellschaft die mentalen Formen des Mediumismus bereits heftig hinterfragt, treffen die im „physikalischen Mediumismus“ entstehenden, oft grotesk und bizarr anmutenden, medialen Schöpfungen immer wieder gerne auf Unverständnis und auf weltanschaulich begründete Abwehrmechanismen. Dabei ist die „Materialisation“ des Unbekannten in unserer Wirklichkeit anthropologisch gesehen eine Tatsache, die uns beispielsweise in Jahrtausende alten nord-amerikanischen indianischen Zeremonien, in afrikanischen Riten, im tibetischen Schamanismus, sowie in der westlichen Alchemie und Volkskunde immer wieder begegnet, um nur einige zu nennen.
Die physikalischen Wechselwirkungen zwischen einer Geister- und einer Menschenwelt im physikalischen Mediumismus standen – trotz großer Widerstände – in den ersten 80 bis 100 Jahren der spiritualistischen Bewegung im Mittelpunkt des öffentlichen Interesses und insbesondere im deutschen und englischen Sprachraum setzte man sich intensiv damit auseinander.
Gegner versuchten immer wieder gezielt die mediale Tradition zu diskreditieren (s. Abb.) und Medien gerieten unter heftigen Beschuss, da jeder Fehlgriff sofort zum Betrug stilisiert wurde.
Diese historische Karikatur von Spiritismus-Kritikern unterstellt den Medien, das sog. Kabinett sozusagen als Schwindel-Werkzeug zu verwenden.
So wurden viele mediale Persönlichkeiten desavouiert und man versuchte sie loszuwerden, indem man moralische Exempel an ihnen statuierte, die kaum sonst jemand in der Gesellschaft bestanden hätte. Jene, die tiefer gruben, verbürgten sich hingegen für die Wirklichkeit des medialen Geschehens und nahmen ihre Medien in Schutz, wie Prof. Charles Richet, Albert Freiherr v. Schrenck-Notzing, Alexander Aksakov, Prof. William Crookes, W. Crawford, Th. Hamilton, Gustav Geley, Eugene Osty, um nur einige Wenige zu nennen.
Hintergrund: Das „Spirit-Kabinett“ und die „Vier-Gliedmaßen-Kontrolle“
Das Spirit-Kabinett ist ein im Séanceraum oftmals mit Vorhängen abgetrennter Dunkelraum (s. Abb.), in dem nach „englischer Tradition“ Medien physikalischer Zirkel oder Demonstrationen – meist gefesselt – Platz nehmen. Ein unabhängiger Gutachter prüft noch einmal die Fesselungen, dann wird der Vorhang zugezogen und das Licht gelöscht und die „Spirits“ beginnen nach einiger Zeit sich in der Dunkelheit bemerkbar zu machen.Klassischer Séance-Aufbau mit dem sog. Kabinett im Zentrum.
Copyright: K. MüggeIm deutschsprachigen Raum, in dem die führenden Untersucher einen sehr pragmatischen Experimentalspiritismus betrieben, ließ diese Praxis zu viele Fragen offen. Zu oft hatten die „Geist-Kontrollen“ („spirit-controls“: die den Körper des in Trance befindlichen Mediums beherrschenden Geister) ihre Macht demonstriert – als Teil ihrer Demonstration – ihre Medien blitzschnell befreien und zurück in die Fesselung bringen zu können.
Diese Möglichkeit hebelte die Fesselung als Kontroll-Instanz darüber, dass das Medium während der Demonstration seinen Platz nicht verließ, natürlich gänzlich aus.
Außerdem ließen sich so keinerlei Daten sammeln über die Reaktionen des medialen Körpers in Zusammenhang mit den Phänomenen, die im Raum auftraten. Im deutschsprachigen Raum wurde deshalb von Beginn an, zumindest bei den wissenschaftlich orientierten Sitzungen, strenge Haltekontrollen eingeführt.
Das Medium durfte vor seinem Kabinett sitzen, das immer auch als eine Art „Batterie“ feinstofflicher Energien, die sich in seiner ungestörten Dunkelheit aufbauten, verstanden wurde, und wurde dort zuerst von einem, später von zwei Kontrolleuren an seinen Gliedmaßen gehalten, zumindest in allen Dunkelphasen der Séance. Die Doppelkontrolle beinhaltete, dass neben dem sitzenden Medium die Kontrolleure auch immer wieder sich gegenseitig selbst und die Aufrechterhaltung der Kontrolle an sich überprüften.
In echter tiefer Trance besteht nämlich die gewisse Gefahr, dass unerwartete, sogenannte ‚Drop-In‘-Kommunikatoren sich des Körpers des Mediums bemächtigen und mit diesem Dinge tun, worüber das Medium keine Rechenschaft ablegen kann. Somit haben in erster Linie die Medien selbst ein Interesse daran, Teil einer Halte-Kontrolle zu sein, die das unbewusste Aufstehen und Hinein-agieren in den Séance-Raum unterbindet.
Der Felix Zirkel arbeitet seit jeher mit diesen Haltekontrollen und entlässt das Medium nur dann daraus, wenn mit Weißlicht hantiert wird. Nur dann wird das Medium ins Kabinett geschoben, um es vor Licht zu schützen. Sind die Vorbereitungen erledigt, wird auf Rotlicht umgeschaltet, das Medium kommt aus dem Kabinett, wird in die Haltekontrolle genommen (s. Abb. l.) und das Licht wird wieder gelöscht.
Nach dem Zweiten Weltkrieg waren zumindest in Deutschland viele der Forschungsergebnisse den Nazis zum Opfer gefallen und in England, in dem der Spiritualismus sich zu einer Alternativreligion entwickelt hatte, konzentrierte man sich ausschließlich nur noch darauf, anhand medialer Leistungen „Jenseitsbeweise“ und „Beweise für ein Leben nach dem Tod“ zu erbringen.
Zwischen den 1950er und -70er Jahren galt die Westliche Tradition, die Geister auf unserer Ebene der Wirklichkeit zu materialisieren, in der europäischen Öffentlichkeit als ausgestorben – was aber mitnichten der Fall war. Man wollte sich nur nicht mehr dem Unverständnis und der Oberflächlichkeit einer zunehmend materialistisch eingestellten Gesellschaft stellen und blieb im Hintergrund. In den späten Siebzigern begann man in England sich erneut zu organisieren und es entstand der „Noahs-Ark-Heimzirkel“-Verbund.
– Ein CropFM-Interview mit Kai Mügge finden Sie HIER
Auch in Deutschland verhalf eine immer mehr an Parapsychologie interessierte Öffentlichkeit einer Diskussion um paraphysikalische Phänomene im Bereich des Poltergeist-Spuks, die ein engagierter deutscher Parapsychologe am Leben hielt, Prof. Hans Bender. Die Telekinese, die Fernbewegung von Gegenständen gehörte zu seinen Schwerpunkten, während Illo Brand (v. Ludwiger) mit dem Hamburger Materialisations- und Apportmedium Jons Dave Experimente anstellte, unter anderem für ektoplasmische Verdichtung, die in der einschlägigen Literatur großen Widerhall fanden und bis heute diskutiert werden.
Diese Info finden Sie im deutschsprachigen Web so nur auf Grenzwissenschaft-Aktuell
Wenn GreWi ihnen etwas wert ist, unterstützen Sie meine Arbeit
mit Ihrem freiwilligen GreWi-Abo, erhalten sie dafür Dankeschön-Prämien und werden Sie Teil der GreWi-Community. Weitere Infos zum freiwilligen GreWi-Abbo finden Sie HIER
Besten Dank!
In den 80er Jahren entwickelte die „Noahs-Ark-Society“ eine neue Riege öffentlich arbeitender Physikalischer Medien, wie Colin Fry, David Thompson und Stewart Alexander. Gleichzeitig hatte Brasilien sich zu einem großen spiritualistischen Kernland entwickelt und Teil- und Vollmaterialisationen von „Geistern“ waren in spiritistischen Sitzungen weit verbreitet.
1983 begann das heutige „Felix-Zirkel“-Medium Kai Mügge aus Hanau physikalische Séancen nach deutscher Tradition abzuhalten. Drei Jahre nach einem „initiationsähnlichen Erlebnis“ im Umfeld eines Poltergeistspuks begann er, nach intensivem Lesen in der deutschsprachigen Literatur zu diesem Thema, zuerst im Freundeskreis und mit den Jahren immer organisierter in kleinen Experimentalgruppen aus Interessierten bestehend, immer unterschiedlichere spontane Phänomene zu produzieren.
Ektoplasma-Absonderung während der Prof. Braude Versuchswoche 2013 in einem Séance-Raum Labor in Österreich (…GreWi brichtete). Unmittelbar vor und nach der Session wurde das Medium am entkleideten Körper in Anwesenheit eines Arztes auf Rückstände der mysteriösen weißen Substanz Ektoplasma untersucht. Selbiges sonderte in der selben Sitzung auf Befehl des Mediums ein auffälliges Leuchten ab. Bei keiner der Kontrollen innerhalb der insgesamt dreijährigen Experimente gab es einen Hinweis auf Betrug.
Copyright: K. Mügge
1996 erschien dann der „Scole-Report“ der SPR (Society for Psychical Research, dt. Gesellschaft zur Erforschung parapsychologischer Phänomene), der über die kommenden Jahre ein weltweites Revival des physikalischen Mediumismus begründete – innerhalb einer an spirituellen Themen immer interessierteren Gesellschaft. Er beschrieb die Beobachtungen dreier Senior-Research Officers in einer englischen Experimentalgruppe aus dem Örtchen Scole in England, die eine Vielzahl beeindruckender physikalischer Phänomene auslöste (s. Video). In der Folge dieser Enthüllungen und aufgrund vereinfachter Herangehensweisen der Gruppe, gründeten sich weltweit Dutzende von Zirkeln, um der Scole-Gruppe nachzueifern.
[video_player type=“youtube“ youtube_show_title_bar=“Y“ style=“1″ dimensions=“560×315″ width=“560″ height=“315″ align=“center“ margin_top=“0″ margin_bottom=“20″ ipad_color=“black“]aHR0cHM6Ly95b3V0dS5iZS82cVNFaV9zZmFTVT90PTQ3cw==[/video_player]
Auch Kai Mügge gründete nach einer beruflichen Veränderung im Jahre 2003 den aus Familienangehörigen und Freunden bestehenden „Felix-Zirkel“, in dem erneut klassischer Experimental-Spiritismus in einer hohen Regelmäßigkeit für über 12 Jahre betrieben werden sollte. Im Zuge dieser Bemühungen wurde in den Folgejahren von spektakulären Ergebnissen berichtet (Albert Hofmann Apport – s. folgendes Video …GreWi berichtete, Einer Nielsen Expertise, Produktion von Ektoplasma u.v.v.m.) Immer wieder kamen Besucher auch aus dem wissenschaftlichen Umfeld, die den Zirkel dann Jahre lang begleiteten.
[video_player type=“youtube“ youtube_show_title_bar=“Y“ style=“1″ dimensions=“560×315″ width=“560″ height=“315″ align=“center“ margin_top=“0″ margin_bottom=“20″ ipad_color=“black“]aHR0cHM6Ly95b3V0dS5iZS91OGZXVkFxQURWdw==[/video_player]
. . .
[video_player type=“youtube“ youtube_show_title_bar=“Y“ style=“1″ dimensions=“560×315″ width=“560″ height=“315″ align=“center“ margin_top=“0″ margin_bottom=“20″ ipad_color=“black“]aHR0cHM6Ly95b3V0dS5iZS9wSWFYMEpGOTg1NA==[/video_player]
Doku über die Arbeit des Felix-Zirkels, die 2009 im Rahmen der Ausstellung „Goodbye & Hello – Im Dialog mit dem Jenseits“ im Museum für Kommunikation in Bern gezeigt wurde (…GreWi berichtete), die sich jedoch auf Inhalte der Ausstellung konzentrierte, und die heutige Ausrichtung des Felix-Zirkels nicht mehr vollständig aktuell wiedergibt.
Auch im heutigen wiederbelebten physikalischen Mediumismus des Westens kulminieren seine fremdartigen medialen Schöpfungen das ganze Unverstandene und Zweideutige einer Para(llel)-Realität, jener feinstofflichen Wirklichkeit, die der Mensch seit jeher als Teil seiner eigenen empfunden hat und aufgrund derer einst die Parapsychologie ins Leben gerufen wurde. Sie sollte die Codierung einer Wirklichkeit entschlüsseln, deren Dynamiken einer „Para(llel)psychologie“ zu entspringen schienen, die uns Menschen so ohne weiteres nicht zugänglich und verständlich ist. Allerdings haben die Methoden der Wissenschaft und die Gesetze des Séanceraumes bis heute nicht wirklich zusammenfinden können.
Die Königsklasse des Physikalischen Mediumismus und Höhepunkt des Unerklärlichen sind die sogenannten Vollmaterialisationen oder materialisierten „Phantome“. Hier sehen wir die Ehefrau des Mediums, wie sie in das Antlitz des materialisierten „John Kings“ blickt, einer berühmten Séance-Raum Persönlichkeit, die sich immer wieder als Materialisation bei den größten Medien der Hoch-Zeit des Spiritualismus gezeigt hat, sich aber auch bei anderen moderneren Gruppen bereits meldete, wie der SORRAT-Gruppe in den Staaten. Wie solch eine Materialisation vor sich geht ist umfangreich in deutsch und englisch auf den beiden Blogs des Felix-Zirkels beschrieben.
Copyright: K. Mügge
Und somit bleiben die Geheimnisse des Séanceraumes vorerst unentschlüsselt, schwer zu deuten und manchmal kontrovers, was der tiefen Faszination an den Phänomenen und seinen Dynamiken aber keinesfalls Abbruch tut.
Zum Autor
2004 gründete der Sozialpädagoge und Filmemacher Kai Mügge (s. Abb. l.) eine Experimentalgruppe für Séance-Raum-Phänomene. Was als Filmprojekt begann wurde zu einem einzigartigen Langzeitprojekt. Nach 5 Jahren erzielt die Gruppe regelmäßige positive experimentelle paranormale Ergebnisse. Vor nationalen, sowie internationalen Gästen hat der Zirkel viele seiner Ergebnisse demonstriert.
© Kai Mügge für grenzwissenschaft-aktuell.de