Zur Zeit, als der moderne Mensch Afrika verließ und sich Europa noch mit den Neandertalern teilte, kam der sog. Scholz‘ Stern unserer Sonne bis auf 0,6 Lichtjahre nahe und war dann teilweise wohl auch als rötlicher Stern am Nachthimmel zu sehen (Illu.).
Copyright: José A. Peñas/SINC
Madrid (Spanien) – Vor rund 70.000 Jahren, zu einer Zeit also, in der sich die frühen modernen Menschen ihren Lebensraum noch mit Neandertalern teilten, näherte sich ein Roter Zwergstern unserem Sonnensystem derart nahe, dass er sogar die Bahnen einiger Kometen und Asteroiden beeinflusste – bis heute.
Wie die Astronomen-Brüder Carlos and Raúl de la Fuente Marcos von der Universidad Complutense de Madrid gemeinsam mit Sverre J. Aarseth von der University of Cambridge aktuell im Fachjournal „MNRAS Letters“ (DOI: 10.1093/mnrasl/sly019) berichten, haben sie die Umlaufbahnen von fast 340 Objekten im Sonnensystem mit hyperbolischen (V-förmigen) Umlaufbahnen analysiert und dabei festgestellt, dass der sog. Scholz‘ Stern bei seiner extrem dichten Passage unseres Sonnensystems, die Bahnen einiger dieser Objekte beeinflusst und teilweise bis heute verändert hat.
Während der Scholz‘ Stern heute rund 20 Lichtjahre von unserem Sonnensystem entfernt ist, entdeckten Astronomen um Eric Mamajek von der University of Rochester 2015, dass der Stern vor gerade einmal 70.000 Jahren mit Teilen der Oortschen Wolke die äußeren Regionen unseres Sonnensystems sogar durchquert hatte. Die Distanz zwischen dem kosmischen Besucher und unserer Sonne betrug damals also weniger als ein Lichtjahr (…GreWi berichtete). Der unserer Sonne heute nächstgelegene Stern, bzw. das System Proxima Centauri, ist hingegen schon 4,2 Lichtjahre von uns entfernt.
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Sichtbar war der Durchflug des Scholz‘ Sterns von der Erde aus wohl – wenn überhaupt – nur zeitweise. Während der Stern selbst zu lichtschwach war (…und ist), als dass er von unseren Vorfahren von der Erde aus hätte gesehen werden können. Sein starkes Magnetfeld könnte jedoch dazu geführt haben, dass seine Helligkeit ab und zu mehrere Minuten bis Stunden lang um das Zehntausendfache zunahm und der Stern dann als heller Lichtpunkt am Nachthimmel sichtbar wurde (s. Abb.).
Künstlerische Darstellung des roten Scholz‘ Sterns in Begleitung eines Braunen Zwergsterns (Vordergrund) bei ihrer Annäherung an die Sonne (Illu.).
Copyright: Michael Osadciw/University of Rochester
Bei dem auch als Objekt “ WISE J072003.20−084651.2 (kurz: WISE 0720−0846) bezeichneten Scholz‘ Stern handelt es sich tatsächlich sogar um ein Doppelsystem im südlichen Sternbild Einhorn. Das Objekt besteht also genauer gesagt aus zwei Sternen: Einem Roten Zwerg mit 86±2 Jupitermassen und dessen Begleiter, bei dem es sich wahrscheinlich um einen Braunen Zwerg mit 65±12Jupitermassen handelt. Insgesamt besitzt das System rund 0,15 Sonnenmassen.
Anhand von numerischen Simulationen haben die Wissenschaftler nun die Radianten oder Positionen bestimmt, aus denen alle die untersuchten hyperbolischen Objekte kommen. „Grundsätzlich würde man erwarten, dass diese Positionen am Himmel relativ gleichmäßig verteilt sind, besonders dann, wenn diese Objekte aus der Oortschen Wolke stammen“, erläutert Fuente Marcos. „Was wir aber tatsächlich finden, unterscheidet sich von dieser Erwartung deutlich. Wir finden eine statistisch signifikante Häufung von Radianten. Diese Anhäufung scheint in Richtung des Sternbild Zwillinge (Gemini) ausgerichtet zu sein – und diese stimmt wiederum mit der von Mamajek und Kollegen beschriebenen Position der einstigen Nahebegegnung mit dem Scholz‘ Stern überein. Zwar könnte das auch Zufall sein, aber es ist eher unwahrscheinlich, dass beides, Ort und Zeit übereinstimmen“
Laut den Simulationen der Fuente-Marcos-Brüder näherte sich der Scholz‘ Stern sich unserer Sonne nicht nur – wie zuvor berechnet – um 0,8 sondern sogar um mehr als 0,6 Lichtjahre.
Allerdings habe der Scholz‘ Stern vor 70.000 Jahren nicht alle, sondern nur jene hyperbolischen Objekte beeinflusst, die dem Stern zu diesem Zeitpunkt am nächsten war.
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