Sandstürme auf Saturnmond Titan

Lesezeit: ca. 3 Minuten

Künstlerische Darstellung eines Sandsturms auf dem Saturnmond Titan (Illu.).
Copyright: IPGP/Labex UnivEarthS/Université Paris Diderot – C. Epitalon & S. Rodriguez

Paris (Frankreich) – Daten der Saturnsonde „Cassini“ zeigen erstmals, dass auch auf dem Saturnmond Titan Sandstürme toben. Damit ist Titan neben der Erde und dem Mars erst der dritte Himmelskörper im Sonnensystem auf dem derartige Stürme beobachtet werden konnten.

Wie das Team um Sebastien Rodriguez von der Université Paris Diderot aktuell im Fachjournal „Nature Geoscience“ (DOI: 10.1038/s41561-018-0233-2) berichtet, hilft die Beobachtung dabei, die faszinierende und dynamische Umgebung auf dem größten Saturntrabanten besser zu verstehen, wie er vielen Astrobiologen nicht nur als Modell der jungen Erde, sondern auch als einer der hoffnungsvollsten Kandidaten als Heimatwelt für außerirdisches Leben im Sonnensystem gilt.

www.grenzwissenschaft-aktuell.de
+ HIER können Sie den täglichen kostenlosen GreWi-Newsletter bestellen +

„Titan ist ein sehr aktiver Mond. Wir wissen bereits, dass er über eine sehr aktive Geologie und einen exotischen Flüssigkeitskreislauf aus Kohlenwasserstoffen verfügt“, erläutert Rodriguez. Jetzt können wir noch eine weitere Analogie zu Erde und Mars hinzufügen: einen aktiven Sand- und Staubkreislauf, innerhalb dessen organischer Staub und Sand von den großen Dünenfeldern rund um den Titan-Äquator aufgenommen und emporgewirbelt wird.“

Hintergrund
Mit seinem Kreislauf aus den flüssigen Kohlenwasserstoffen Methan und Ethan ist Titan der einzige bekannte Himmelskörper neben der Erde, auf dem es in unserem Sonnensystem einen Flüssigkeitskreislauf von Verdunstung, Wolkenbildung, Regen und Schnee, Abfluss in Form von Flüssen und der erneuten Ansammlung der Flüssigkeiten in Seen und Meeren gibt.

Ebenfalls ähnlich wie auf der Erde, variiert das Wetter auf Titan mit den jeweiligen Jahreszeiten. Besonders rund um die Tagundnachtgleiche, wenn die Sonne den Titanäquator überquert, bilden sich gerade in den tropischen Regionen gewaltige Wolken und Methan-Stürme.

Animation of Titan

Die Animation aus Einzelaufnahmen (siehe u.) basiert auf Aufnahmen des Visual and Infrared Mapping Spectrometer (VIMS) an Bord der NASA-Sonde „Cassini“, die den Titan 2009 und 2010 mehrmals passierte. Die hellen Flecken interpretieren Wissenschaftler als Belege für Sandstürme auf dem Saturnmond.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/University of Arizona/Université Paris Diderot/IPGP/S. Rodriguez et al. 2018

Als Rodriguez und Kollegen erstmals drei ungewöhnlich helle Flecken in der Äquatorregion auf den Infrarotaufnahmen von Cassini während der Tagundnachtgleiche 2009 entdeckten, vermuteten sie noch, dass es sich auch um Wolken aus Methan handele. Eine genauere Analyse der Daten zeigte dann aber, dass es sich um etwas ganz anderes handelte: „Basierend auf dem, was wir über die Wolkenbildung auf Titan wissen, können wir sagen, dass es zu dieser Jahreszeit physikalisch nicht möglich ist, dass sich solche ‚Wolken‘, wie sie die Aufnahmen auf etwas 10 Kilometern zeigten, bilden.“
Die Forscher konnten zudem ausschließen, dass es sich bei den hellen Flecken nicht um Merkmale an der Titanoberfläche handelte – etwa eine Form gefrorenen Methanregens oder Eis-Lava: „Solche Merkmale würden dann eine ganz andere chemische Signatur aufweisen und wären deutlich länger sichtbar gewesen, als jene 11 Stunden bis fünf Wochen, während derer wir die fraglichen hellen Flecken sehen konnten.“

Hinzu zeigen Modellberechnungen der hellen Flecken, dass es sich zwar um atmosphärische Erscheinungen handeln muss, diese sich aber in relativer Nähe zur Oberfläche befanden.

Die wahrscheinlichste Erklärung für die hellen Flecken stellt demnach die Vorstellung einer dünnen atmosphärischen Schicht aus kleinsten, festen organischen Partikeln dar, wie sie auch durch dem Umstand gestützt wird, dass sie sich unmittelbar über den Dünenfeldern rund um den Titan-Äquator gebildet hatten: also Sandstürme.

Die Zusammenstellung der Einzelaufnahmen der Cassini-Vorbeiflüge am Titan 2009 und 2010 zeigt drei Mal die fraglichen hellen Flecken über den äquatorialen Dünenfeldern des Saturntrabanten.
Copyright: NASA/JPL-Caltech/Université of Arizona/University Paris Diderot/IPGP/S. Rodriguez et al. 2018

Die Sandstürme selbst bilden sich demnach, wenn durch die Wechselwirkung zwischen dem Sonnenlicht und dem reichlich auf Titan vorhandenen Methan organische Moleküle groß genug anwachsen und auf die Oberfläche fallen.

Auch wenn es sich nun um den ersten Nachweis für derartige Stürme auf Titan handele, so sei  die Tatsache, dass es sie gibt, keine wirkliche Überraschung: „Wir glauben, dass schon die Huygens-Sonde, die 2005 auf der Titanoberfläche landete, bei ihrer Landung geringe Mengen organischen Sandes aufgewirbelt hatte. Was wir aber auf den Cassini-Aufnahmen sehen, ist deutlich weitflächiger. Die hierzu notwendigen Winde in Bodennähe müssen schon Sturmstärke aufweisen, um genügend Material aufwirbeln zu können – etwa fünf Mal so stark wie sie sonstigen durchschnittlichen Oberflächenwinde, wie sie von Huygens gemessen wurden.“

Die Existenz derartig starker Winde, wie sie solch gewaltige Sandstürme aufwirbeln können legt des Weiteren nahe, dass Sand und Staub auch heute noch in Bewegung geraten und die gewaltigen Dünen auf Titan immer noch aktiv und im Wandel begriffen sind. Die beschriebenen Winde könnten demnach also Staub und Sand von den Dünen über große Distanzen transportieren und auf diese Weise zum globalen Kreislauf organischen Sandes auf Titan beitragen und so ähnliche Effekte auslösen wie sie auch auf Erde und Mars zu beobachten sind.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Cassinis letzter Blick auf die nördlichen Meere und Seen auf Titan 17. November 2018
Wo sollte man auf Titan nach Leben suchen? 23. Juni 2018
Saturnmond Titan noch erdähnlicher als bislang gedacht 19. Januar 2018
Auf Saturnmond Titan könnten Zellmembranen entstehen 29. Juli 2017
Cassini-Sonde findet “Lebensmolekül” auf Saturnmond Titan 28. Juli 2017
Chemie auf Saturnmond Titan könnte Entstehung von Leben ermöglichen 6. Juli 2016

© grenzwissenschaft-aktuell.de