Shigir-Idol: Älteste Holzskulptur der Welt ca. 11.000 Jahre alt

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Kopf des Shigir-Idols
Copyright: T. Terberger

Hannover (Deutschland) – Ein 1890 in 4 Metern Tiefe des Shigir-Moors im Transural entdecktes sogenanntes Holzidol, also eine monumentale menschenförmige Holzfigur, ist rund 11.000 Jahre alte und damit so alt wie die Steinstelen des ältesten bislang bekannten Tempels Göbekli Tepe – älter als bislang gedacht.

Zur Bergungs- und bisherigen Untersuchungsgeschichte des Holzidols erläutert die gemeinsame Presseinformation des Niedersächsischen Landesamts für Denkmalpflege und des Museums für Regionalgeschichte Sverdlowsk, dass dieses aufgrund seiner fragilen Erhaltung einst in mehreren Teilen geborgen wurde. „Am oberen Ende zeigt die Skulptur einen archaisch wirkenden Kopf. Der ‚Körper‘ der Figur ist mit geometrischen Ornamenten wie Zickzacklinien und anthropomorphen Gesichtern verziert. 1997 wurde ein erster Versuch unternommen, die heute noch 2,5 m lang erhaltene und im Historischen Museum der Region Swerdlovsk in Jekaterinburg ausgestellte Skulptur, mit Hilfe der konventionellen Radiokarbonmethode zu datieren.“

01038Das Shigir-Idol wie es in Jekaterinburg ausgestellt wird.
Copyright: Sverdlovsk Regional Museum

Die damaligen Ergebnisse legten ein Alter des Idols von ca. 9.500 Jahren nahe, und hatten sowohl kontroverse Diskussionen als auch Zweifel an der Datierung aus. Um das Alter des Idols möglichst verlässlich zu bestimmen wurde daher eine neue Untersuchung mit modernsten Methoden erforderlich.

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Dem russisch-deutschen Forscherteam ist es nun gelungen, erstmals eine Serie von sieben Proben (je <0,3 g) aus dem Idol im AMS-Radiokarbonverfahren im angesehenen Klaus Tschira-Labor in Mannheim mit überraschenden Ergebnissen zu datieren: „Proben aus dem inneren, am besten erhaltenen Teil datieren die Skulptur in die Zeit vor ca. 11000 Jahren, und sie ist allem Anschein nach am Beginn der heutigen Warmzeit entstanden.“

Die neuen Analysen zeigen demnach, dass das Idol aus einem 157 Jahre alten Lärchenstamm gefertigt wurde, wobei die klaren Schnittspuren für eine Fertigung aus frischem Holz sprechen.

Die große Holzskulptur ist ohne jede Parallele in der frühen Nacheiszeit. Geometrische Verzierungen sind typisch für diese Zeit und ähnliche Ornamente finden wir auf kleinen Objekten aus Knochen, Geweih und Bernstein aus der europäischen Mittelsteinzeit. „Das Shigir-Idol, das bei seiner Auffindung vermutlich über 5 m groß war, ist damit so alt wie die vor einigen Jahren in der Südost-Türkei in Göbekli Tepe entdeckten anthropomorphen (!) Steinstelen.“

Für das Team um Prof. Dr. Thomas Terberger vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege wird dadurch deutlich, dass die mittelsteinzeitlichen Sammler und Jäger der eurasischen Waldzone eine ebenso entwickelte Monumentalkunst hatten wie die ersten Bauern im Vorderen Orient: „Das Shigir-Idol ist damit die älteste monumentale Holzskulptur der Welt und ein einzigartiger Schlüsselfund zum Verständnis der frühen Kunst in Eurasien.“

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Rekonstruktion des Shigir Idols nach Tomachev im Jahre 1914

Die Ergebnisse der vom Niedersächsischen Landesamt für Denkmalpflege und der Eurasien-Abteilung des Deutschen Archäologischen Instituts auf Einladung des Museums in Ekaterinburg unterstützten Untersuchungen werden durch das russisch-deutsche Forscherteam zurzeit zur Publikation vorbereitet.

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