Simulation legt lebensförderliche Plattentektonik auf Jupitermond Europa nahe
Die von Furchen durchzogene Eisoberfläche des Jupitermondes Europa
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Copyright: NASA/JPL-Caltech/SETI Institute
Providence (USA) – Auf der Erde gilt die Plattentektonik, ohne die es in der Erdatmosphäre wahrscheinlich mittlerweile kein Wasser und kein Kohlendioxid mehr gäbe, als wichtige Voraussetzung für die Entstehung und Entwicklung des Lebens. Bislang galt denn auch die Erde als einziger Himmelskörper im Sonnensystem mit aktiver Plattentektonik. Jetzt bestätigen neue Simulationen der Eiskruste des Jupitermondes Europa frühere Hinweise auch auf eine dortige Bewegung der die Oberfläche des Mondes bildenden Eisplatten. Dieser Vorgang könnte wichtige Nährstoffe in den unter dem Eispanzer liegenden Kilometer tiefen flüssigen Wasserozean transportieren.
Wie das Team um Dr. Brandon Johnson von der Brown University aktuell im „Journal of Geophysical Research“ (DOI: 10.1002/2017JE005370) berichtet, zeigen die Simulationen, dass Auf Europa Plattentektonik, bei der die unter einer anderen Platte abtauchende Platte bzw. Scholle tief ins Planeten bzw. Mondinnere gelangt, dann möglich wäre, wenn man von einem unterschiedlichen Salzgehalt der beiden Schichten der Eiskruste ausgeht.
Damit stützen auch die Simulationen frühere Beobachtungen, die darauf hindeuteten, dass sich die Eiskruste des Mondes in einigen Regionen ähnlich dem mittelozeanischen Graben auf der Erde ausdehnt (…GreWi berichtete).
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„Es gibt Hinweise dafür, dass es auf Europa zu Ausdehnungen kommt. Damit stellt sich dann auch die Frage, wo dieses Material hingeht“, erläutert Johnson und führt dazu weitre aus: „Auf der Erde liegt die Antwort auf diese Frage in den sogenannten Subduktionszonen, an denen einen Kontinentalplatte unter einer anderen regelrecht ins Erdinnere abtaucht. Wir können nun zeigen, dass ein ganz ähnlicher Vorgang auch auf Europa vor sich gehen kann. Das ist wirklich faszinierend.“
Gerade weil bekannt ist, dass die Europaoberfläche stark mit Oxidantien und anderen potentiellen chemischen Nährstoffen angereichert ist, könnte dieser Vorgang wichtige Nährstoffe ins Innere des verborgenen Ozeans transportiern, die hier die Grundlage für Leben bilden könnten. „Sollte es im Europa-Ozean wirklich Leben geben, so würde diese Subduktion genügend Nährstoffe liefern, um dieses zu versorgen“, so Johnson.
Während Subduktion auf der Erde vornehmlich durch Temperaturunterschiede zwischen der abtauchenden „Scholle“ und dem umgebenden Mantel angetrieben wird, ist es bei einer Eispanzer wie auf Europa das Krustenmaterial deutlich kälter als das des Mantels und damit dichter. Diese erhöhte Dichte ermöglicht demnach auch hier die negative Spannkraft, die notwendig ist, damit die Scholle tief ins Mantelinnere abtauchen kann.
Während schon frühere Studien darauf hindeuteten, dass ein Subduktionsprozess auch auf Europa stattfinden könnte, war bislang nicht klar, wie dies auf einer Eiswelt vor sich gehen soll.
Laut Johnson gibt es nun aber Hinweise dafür, dass Europas Eispanzer aus zwei Lagen besteht: Einem dünnen äußern Decke aus sehr kaltem Eis, die über einer leicht wärmeren Eisschicht sitzt. „Würde nun eine Platte des äußeren Eises in das darunterliegende wärmere Eis geschoben, würde dessen Temperatur schnell auf die Umgebungstemperatur ansteigen. Auf diese Weise würde sich auch die Dichte angleichen und das weitere Abtauchen der einst kälteren und dichtren Platte stoppen.“
In dem neuen Modell zeigen Johnson und Kollegen nun aber, dass die Subduktion auch unabhängig von den Temperaturunterschieden vor sich gehen kann – vorausgesetzt, dass die beiden Schichten unterschiedlich einen hohen Salzgehalt und damit ein unveränderlich unterschiedliche Dichte aufweisen.
Und gerade für einen solchen unterschiedlichen Salzgehalt gibt es auf Europa gute Gründe. Zum einen haben Wissenschaftler bereits Hinweise dafür gefunden, dass der verborgene Ozean immer wieder auch an die Oberfläche tritt – vergleichbar mit Magma aus dem Erdmantel. Und auch für Kryovulkanismus (Eisvulkane) auf dem Jupitermond gibt es Hinweise.
Neben der Festigung von Europa als potentiell lebensfreundlichem Körper im Sonnensystem wäre die beschriebenen Plattentektonik aber auch aus irdisch-geologischer Sicht faszinierend: „Wenn wir Plattentektonik auch an diesem gänzlich andersartigen Ort beobachten könnten, so könnten wir auch mehr über jene Prozesse erfahren, die die Plattentektonik auf der Erde in Gang brachten.“
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