Wien (Österreich) – In einer aktuellen Studie zeigen Wiener Kognitionsbiologen und Sozio-Neurowissenschaftler, dass sich Raben von den Emotionen frustrierter Artgenossen anstecken lassen. Ein Hinweis für Empathie unter den Tieren?
Für ein erfolgreiches Miteinander in sozialen Gruppen sind Informationen über die Emotionen der Artgenossen entscheidend, erläutern die Forscher zu ihrer aktuell im Fachjournal „Proceedings of the National Academy of Sciences“ (PNAS; DOI: 10.1073/pnas.1817066116) veröffentlichten Studie und führen dazu weiter aus: „Eine Möglichkeit des Informationsaustausches ist emotionale Ansteckung. Sie gilt als ein grundlegendes Element für Empathie, die auch bei Tieren ausgebildet sein könnte.
Allerdings stoßen diesbezügliche Studien an Tieren auf methodische Schwierigkeiten dabei, die Übertragungen von Emotionen auch eindeutig nachzuweisen. Durch die Integration von verhaltensbiologischen und psychologischen Methoden gelang den Wiener Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen nun jedoch ein entscheidender Fortschritt: „Raben, die das frustrierte Verhalten eines Artgenossen beobachteten, zeigten sich anschließend pessimistisch in der Einschätzung von ambivalenten Testsituationen, was eine Übertragung der Emotion zwischen den Tieren nahelegt.
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Die interdisziplinäre Gruppe um Jessie Adriaense und Thomas Bugnyar vom Department für Kognitionsbiologie und Claus Lamm vom Institut für Psychologische Grundlagenforschung und Forschungsmethoden an der Universität Wien testete hierzu emotionale Übertragung an zahmen Raben, die daran gewöhnt sind an Verhaltensexperimenten teilzunehmen. Hierzu induzierten die Forscher positive oder negative Emotionen in einem der Vögel, indem sie ihn durch ein Guckloch spähen ließen, hinter dem sich entweder eine sehr beliebte oder völlig unbeliebte Futterbelohnung befand. Das Verhalten dieses sog. „Demonstrator“-Rabens konnte zugleich von einem anderen Raben beobachtet werden.
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Dieser „Zuschauer“-Rabe wurde vor und nach seiner Beobachtung des „erfreuten“ oder „frustrierten“ „Demonstrator“-Raben einem einfachen Verhaltenstest unterzogen, der die Einschätzung von ambivalenten Situationen wiedergibt: „Die zusehenden Raben zeigten keinerlei Anzeichen von Verhaltensänderungen, die dem Verhalten des Demonstrators entsprachen. Sie zeigten jedoch eine pessimistische Einschätzung von ambivalenten Situationen, nachdem sie einen frustrierten Demonstrator gesehen hatten. Diese Ergebnisse lassen darauf schließen, dass sich Raben von der negativen Emotion eines Artgenossen anstecken lassen können.“
Damit seien erstmals emotionale Übertagung bei Vögeln experimentell nachgewiesen worden, so Adriaense. Zudem scheinen die verwendeten Methoden auch für andere Arten geeignet scheinen.
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