So dunkel ist das All – Studie findet kaum unbekannte Lichtquellen im Universum
Baltimore (USA) – Wie dunkel ist der tiefe Weltraum wirklich? Diese Frage beschäftigt Astronomen seit Jahrzehnten. Mit Daten der NASA-Mission „New Horizons“ konnten nun die bislang präzisesten Messungen der gesamten Lichtmenge des Universums durchgeführt werden.
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Wie das Team um Marc Postman Space Telescope Science Institute aktuell im „Astrophysical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-4357/ad5ffc) berichtet, nutzten sie die Fähigkeiten und die weit entfernte Position der NASA-Raumsonde, die zuvor bei Vorbeiflügen den Pluto und dem Kuipergürtelobjekt Arrokoth erforschen konnte, um die präzisesten und direktesten Messungen der gesamten Lichtmenge des Universums durchzuführen.
Ein einzigartiger Blick ins dunkle All
In über 8,7 Milliarden Kilometern Entfernung bietet sich „New Horizons“ ein einzigartiger Blick auf das tiefe All – weit genug von der Sonne entfernt, um den dunkelsten Himmel zu bieten, den je ein Teleskop zur Verfügung stand. „Wir haben jetzt eine gute Vorstellung davon, wie dunkel der Weltraum wirklich ist“, erklärt Postman. „Die Ergebnisse zeigen, dass der Großteil des sichtbaren Lichts, das wir empfangen, von Galaxien erzeugt wird. Wichtig ist auch, dass wir keine Hinweise auf signifikante Lichtmengen fanden, die von Quellen stammen, die den Astronomen derzeit nicht bekannt sind.“
Ergebnisse beantworten eine jahrzehntelange Frage der Astronomie
Damit beantworten die Ergebnisse ein Rätsel, das Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen seit den 1960er-Jahren beschäftigt. Damals entdeckten die Astronomen Arno Penzias und Robert Wilson entdeckten, dass der Weltraum von starker Mikrowellenstrahlung durchdrungen ist, die schon zuvor als Überbleibsel der Entstehung des Universums vorhergesagt worden war. Diese Entdeckung führte dazu, dass ihnen der Nobelpreis verliehen wurde. In der Folge entdeckten Astronomen auch Hinweise auf Hintergrundstrahlung im Röntgen-, Gamma- und Infrarotbereich, die ebenfalls den Himmel durchziehen. Die Entdeckung des Hintergrunds des „normalen“ (oder sichtbaren) Lichts – formell als kosmischer optischer Hintergrund (cosmic optical background, COB) bezeichnet – ermöglichte es, das gesamte Licht zusammenzurechnen, das von Galaxien im Laufe des Universums erzeugt wurde, bevor mit Weltraumteleskopen wie Hubble und James-Webb auch die schwachen Hintergrundgalaxien direkt beobachtet werden konnten. Mit Hubble, James Webb & Co messen Astronomen den COB, um Licht zu erkennen, das möglicherweise von anderen Quellen als diesen bekannten Galaxien stammt. Die Ermittlung der Gesamtlichtausgabe des Universums ist jedoch von der Erde oder einem anderen Ort im inneren Sonnensystem äußerst schwierig. „Die Menschen haben immer wieder versucht, es direkt zu messen, aber in unserem Teil des Sonnensystems gibt es einfach zu viel Sonnenlicht und reflektierten interplanetaren Staub, der das Licht in einen nebligen Schleier streut, der das schwache Licht aus dem fernen Universum verschleiert“, erläutert der New-Horizons-Mitarbeiter, Astronom am National Science Foundation NOIRLab in Tucson und Mitautor der Publikation, Tod Lauer. „Alle Versuche, die Stärke des COB aus dem inneren Sonnensystem zu messen, sind mit großen Unsicherheiten behaftet.“
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Die NASA-Mission „New Horizons“, ist mittlerweile weit entfernt und tief im Kuipergürtel unterwegs und scannte im Sommer 2021 das Universum mit ihrem „Long Range Reconnaissance Imager“ (LORRI). Dabei wurde die Sonde so ausgerichtet, dass sie selbst das Sonnenlicht abdeckte und in entgegengesetzter Richtung des hellen Diskus und Kerns der Milchstraße sowie nahe gelegenen hellen Sternen blickte.
Kosmische Dunkelheit
Im Abgleich mit Daten der europäischen Planck-Mission konnten die Forschenden sodann das staubgestreute Milchstraßenlicht präzise korrigieren. Das verbleibende sichtbare Licht entsprach der Leuchtkraft aller Galaxien der letzten 12,6 Milliarden Jahre. „Die einfachste Interpretation ist, dass der COB vollständig durch Galaxien verursacht wird“, sagt Lauer. „Außerhalb der Galaxien finden wir nichts als Dunkelheit.“
Diese Forschung ist ein wichtiger Beitrag zur Kosmologie und ist nur mit einer so weit entfernten Raumsonde wie „New Horizons“ möglich gewesen. Die Mission, die 2006 startete, befindet sich jetzt in ihrer zweiten erweiterten Phase, in der sie entfernte Kuipergürtelobjekte abbildet und astrophysikalische Beobachtungen aus den entferntesten Regionen des Sonnensystems durchführt.
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Recherchequellen: SwRI, NASA
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