Sonde könnte ‘Oumuamua 2054 noch abfangen und erforschen

Künstlerische Darstellung des interstellaren Objekts 'Oumuamua (Illu.). Quelle: I4IS
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Künstlerische Darstellung des interstellaren Objekts 'Oumuamua (Illu.). Quelle: I4IS

Künstlerische Darstellung des interstellaren Objekts ‘Oumuamua (Illu.).
Quelle: I4IS

London (Großbritannien) – Im Spätherbst 2017 durchflog erstmals ein als solches auch zugeordnetes Objekt aus dem interstellaren Raum unser Sonnensystem. Seither rätseln Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen darüber, um was genau es sich bei dem als „1I/’Oumuamua“ bezeichneten Objekt gehandelt haben und ob es vielleicht sogar ein Artefakt einer fernen Zivilisation sein könnte (…GreWi berichtete, s Links u.). Ein neues Projekt glaubt nun einen Weg gefunden zu haben, ‘Oumuamua spätestens 2054 einholen und vor Ort erforschen zu können.

Da ‘Oumuamua mittlerweile auch der Reichweite selbst der leistungsstärksten irdischen Teleskope entkommen ist, hatten zuvor schon verschiedenen Forschungsgruppe über Ideen gegrübelt, dem ungewöhnlichen Objekt mit einer Forschungssonde hinterherzufliegen. Doch bisherige Ansätze scheiterten an der dafür notwendigen Praktikabilität.

Hintergrund
Entdeckt wurde das Objekt erstmals am 19. Oktober 2017 (…GreWi berichtete) und hat beim Verlassen des Sonnensystems im Juni 2018 einen unerwarteten Schub entwickelt, der den eigentlichen Vorherberechnungen nicht nur widersprach, sondern auch nicht durch Schwerkraftinteraktionen mit Körpern des Sonnensystems zu erklären war (…GreWi berichtete). Auch gab es keine Beobachtungen von Ausgasungen des Objekts in Sonnennähe, anhand derer dieses als typischer Komet identifiziert werden konnte (…GreWi berichtete). Für einen gewöhnlichen Asteroiden fehlten wiederum die sonst typischen Eigenschaften und spektralen und thermalen Signaturen.

Dieses Diagramm zeigt die Umlaufbahn des interstellaren Objekts `Oumuamua beim Durchlaufen des Sonnensystems. Es zeigt den vorhergesagten Weg von `Oumuamua und den neuen Kurs unter Berücksichtigung der neu gemessenen Geschwindigkeit des Objekts. Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen. Copyright: ESA

Dieses Diagramm zeigt die Umlaufbahn des interstellaren Objekts ‘Oumuamua beim Durchlaufen des Sonnensystems. Es zeigt den vorhergesagten Weg von ‘Oumuamua und den neuen Kurs unter Berücksichtigung der neu gemessenen Geschwindigkeit des Objekts.
Klicken Sie auf die Bildmitte, um zu einer vergrößerten Darstellung zu gelangen.
Copyright: ESA

Statt also bekannte Kometen oder Asteroiden zu bemühen, stellten dann im März 2021 zwei Astrophysiker die Hypothese von ‘Oumuamua als Teil eines Pluto-artigen Planeten eines fernen Planetensystems vor. Demnach wäre ʻOumuamua dann ein Fragment der Planetenkruste dieses Planeten und bestünde aus festem Stickstoff. ‘Oumuamua wäre also sozusagen ein interstellarer Stickstoff-Eisberg (…GreWi berichtete). Mittlerweile wurde aber auch dieser Hypothese widersprochen, bedient sie sich doch einem bislang noch nie entdeckten und damit rein hypothetischen Vorstellung von der Existenz solcher Stickstoff-Kometen (…GreWi berichtete).

Eine der bisherigen Ideen einer Verfolgermission wollte die Gravitation der Sonne nutzen, um einer konventionellen Raketensonde in einem sogenannten Oberth-Manöver um die Sonne (SOM) genügend Geschwindigkeit zu verleihen, um das sich mit 26 Kilometern pro Sekunde entfernende Objekt ‘Oumuamua einzuholen. Zum Vergleich: Die beiden derzeit sich am schnellsten aus dem Sonnensystem entfernenden menschlichen Sonden, die Zwillingssonden der Voyager-Mission bewegen sich mit 17 km/s.

Allerdings müsste eine solche Sonde dann mit einem ungewöhnlich großen und damit kostspieligen „Sonnenschutz-Schild“ ausgestattet werden, was die mittelfristige Umsetzbarkeit massiv infrage stellt. Zudem stellt der Ritt um die Sonne eine solche Mission vor weitere praktische Risiken, die den Erfolg der Mission, für die es schließlich nur einen Versuch gibt, gefährden könnten.

Wie das Team der „Initiative for Interstellar Studies“ (I4IS) aktuell im einem vorab via ArXiv.org veröffentlichten Fachartikel erläutert, haben sie im Rahmen von „Project Lyra“ nun einen Weg gefunden, das beschriebene s riskante solare Oberth-Manöver (SOM) zu vermeiden und stattdessen die Gravitation von Erde, Venus und Jupiter zu nutzen, um spätestens im Februar 2028 eine Mission ‘Oumuamua hinterherzuschicken, die das Objekt interstellarer Herkunft dann im Jahr spätestens 2054 einholen und zu erkunden könnte, bevor dieses uneinholbar in den Tiefen des Alls verschwindet.

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Tatsächlich unterstreiche die Entdeckung des zweiten interstellaren Objekts mit der Bezeichnung „2I/Borsiov“, dessen Eigenschaften dieses tatsächlich als mehr oder weniger gewöhnlichen Kometen ausweist, dass ‘Oumuamua etwas Besonderes zu sein scheint (…GreWi berichtete), unterstreichen auch die I4IS-Autoren abschließend. „Ganz gleich ob es sich um einen exotischen Kometen, Asteroiden oder sogar um ein außerirdisches Artefakt handelt, wir sollten die sich derzeit noch bietende einzigartige Gelegenheit, das Objekt noch in absehbarer Zeit einholen zu können, unbedingt nutzen“.




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Recherchequelle: I4IS

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