Sternentanz um Schwarzes Loch bestätigt Einstein
Garching (Deutschland) – Beobachtungen mit dem „Very Large Telescope“ (VLT) der Europäischen Südsternwarte (ESO) haben erstmals gezeigt, dass sich der Stern „S2“, der das supermassereiche Schwarze Loch im Zentrum der Milchstraße umkreist, genauso bewegt, wie es die Allgemeine Relativitätstheorie von Einstein vorhersagt.
Wie das Team um Reinhard Genzel, Direktor am Max-Planck-Institut für extraterrestrische Physik (MPE) und Initiator des bereits 30 Jahre andauernden Beobachtungsprogramms aktuell im Fachjournal „Astronomy & Astrophysics“ (DOI: 10.1051/0004-6361/202037813) berichtet, zeichnet die Umlaufbahn des beobachteten Sterns die Form einer Rosette, während die Newtonsche Gravitationstheorie die Form einer Ellipse vorhersagt: „Einsteins Allgemeine Relativitätstheorie sagt voraus, dass gravitativ gebundene Bahnen von Himmelskörpern nicht wie in der Newtonschen Gravitation geschlossen sind. Vielmehr erfährt die Bahnellipse des als ‚S2‘ bezeichneten Sterns selbst eine Rotation in Bewegungsrichtung um den anziehenden Körper herum. Dieser berühmte Effekt – erstmals bei der Umlaufbahn des Planeten Merkur um die Sonne beobachtet – war der erste Beleg für die Gültigkeit der Allgemeine Relativitätstheorie.“
Hundert Jahre später haben die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen nun den gleichen Effekt bei der Bewegung eines Sterns entdeckt, der die kompakte Radioquelle Sagittarius (Sgr) A* im Zentrum der Milchstraße umkreist.
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Die Beobachtung untermauere zudem den Beweis, dass es sich bei Sgr A* um ein supermassereiches Schwarzes Loch mit der 4-Millionenfachen Masse unserer Sonne handelt, erläutert die ESO-Pressemitteilung und führt dazu weiter aus: „In einer Entfernung von 26.000 Lichtjahren von der Sonne gelegen, bilden Sgr A* und der dichte Sternenhaufen um ihn herum ein einzigartiges Labor zur Überprüfung der Physik in einem ansonsten unerforschten und extremen Gravitationsregime. Einer dieser Sterne, S2, bewegt sich auf das supermassereiche Schwarze Loch zu, und zwar in einer Entfernung von weniger als 20 Milliarden Kilometern (hundertzwanzigmal die Entfernung zwischen Sonne und Erde), was ihn zu einem der nächstgelegenen Sterne macht, die je auf einer Umlaufbahn um den massereichen Riesen gefunden wurden. Bei seiner dichtesten Annäherung an das Schwarze Loch rast S2 mit fast drei Prozent der Lichtgeschwindigkeit durch den Weltraum und vollendet einen Umlauf einmal alle 16 Jahre.“
Nachdem der Stern über zweieinhalb Jahrzehnte in seiner Umlaufbahn verfolgt werden konnte, können die Astronomen nun mit genauen Messungen die Schwarzschild-Präzession von „S2“ auf seiner Bahn um Sgr A* zuverlässig nachweisen.
Hintergrund
Die meisten Sterne und Planeten haben eine von der Kreisbahn abweichende Umlaufbahn und bewegen sich daher bisweilen auf das Objekt zu, um das sie rotieren, und von ihm weg. Die Umlaufbahn von „S2“ verläuft so, dass sich die Lage seines dem supermassereichen Schwarzen Loch am nächsten gelegenen Punktes mit jeder Umdrehung ändert, so dass die nächste Umlaufbahn gegenüber der vorhergehenden gedreht wird, wodurch eine Rosettenform entsteht (s. Abb. und Video). Die Allgemeine Relativitätstheorie liefert eine präzise Vorhersage, wie stark sich seine Bahn ändert. Die neuesten Messungen aus dieser Studie stimmen nun genau mit der Theorie überein. Dieser Effekt, bekannt als Schwarzschild-Präzession, war noch nie zuvor für einen Stern um ein supermassereiches Schwarzes Loch gemessen worden.
Zugleich liefert die Studie den Wissenschaftlern auch neue Hinweise über die Umgebung des supermassereichen Schwarzen Lochs im Zentrum unserer Galaxie. „Weil die S2-Messungen der Allgemeinen Relativitätstheorie so gut folgen, können wir strenge Grenzen dafür setzen, wie viel unsichtbares Material, wie etwa verteilte dunkle Materie oder mögliche kleinere Schwarze Löcher, um Sgr A* herum vorhanden ist“, erläutern Guy Perrin und Karine Perraut, die französischen leitenden Wissenschaftler des Projekts. „Dies ist von großem Interesse für das Verständnis der Entstehung und Entwicklung supermassereicher Schwarzer Löcher.“
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Von zukünftigen Beobachtungen, etwa mit dem kommenden Extremely Large Telescope (ELT) der ESO hoffen die Astronomen in der Lage zu sein, viel schwächere Sterne zu sehen, die noch näher am supermassereichen Schwarzen Loch kreisen: „Wenn wir Glück haben, könnten wir Sterne so nah am Schwarzen Loch einfangen, dass sie dessen Rotation, den Spin, tatsächlich spüren“, sagt Andreas Eckart von der Universität Köln, einer der leitenden Wissenschaftler des Projekts abschließend. „Dies würde bedeuten, dass wir in der Lage wären, die beiden Größen, den Spin und die Masse, die Sgr A* charakterisieren, zu messen und Raum und Zeit um ihn herum zu definieren. Das wäre wieder eine ganz andere Stufe der Überprüfung der Relativitätstheorie.“
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Quelle: ESO
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