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Studie: Auch Insekten empfinden vermutlich Schmerz

Archivbild: Gottesanbeterin. Copyright: A. Müller für grewi.de
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London (Großbritannien) – Allgemein wird die angebliche Schmerzunempfindlichkeit von Insekten als Rechtfertigung für einen eher unbedarften und kaum von moralisch-ethischen Grundsätzen beeinflussten Umgang mit Insekten genutzt. Die Ergebnisse einer aktuellen Studie stellen diese Vorstellung nun jedoch in Frage. Schmerzempfinden auch bei Insekten könnte enorme Konsequenzen für unseren Umgang mit Ameise, Käfer, Schmetterling & Co haben.

Tatsächlich mehren sich die Hinweise dafür, dass auch das zentrale Nervensystem zahlreicher Insekten ein deutlich intensiveres Schmerzempfinden der Tiere erlaubt, als bislang angenommen. Sowohl Wissenschaftler wie auch Laien, nutzen Insekten mit dem Verweis auch die vermeintliche Schmerzunempfindlichkeit auch entsprechend unbesorgt – sei es nun für Laborexperimente (Fruchtfliege & Co) bis hin zu Gartenfreunden und Anglern oder auch nur dem verfehlten Schlag mit die Fliegenklatsche.

Wie das Team um Mathilda Gibbons von der Queen Mary University in London aktuell im Fachjournal „Proceedings oft he Royal Society B“ (DOI: 10.1098/rspb.2022.0599) berichtet, fuße die Annahme der Schmerzunempfindlichkeit von Insekten lediglich auf einer eher schwachen wissenschaftlichen Ausgangslage.

Hintergrund
Wie höhere Tierarten, so reagieren natürlich auch Insekten auf Gefahrenreize und sind darum bemüht, durch Flucht oder Abwehr möglichen physischen und biologischen Schaden zu vermeiden – sei dies angesichts extremer Temperaturen, Druck, physischer oder chemischer Angriffe usw. Ob aber auch Insekten Schmerz wie wir Menschen und andere Säugetiere über ihre zentrales Nervensystem wahrnehmen können, oder ob ihre Reaktion auf die Reize lediglich lokal begrenzt ist (wenn ihnen etwa ein Fühler, Flügel oder Bein ausgerissen wird), diese Frage wurde von Wissenschaftlern und Wissenschaftlern mehrheitlich bislang kontrovers bis verneinend debattiert.

Tatsächlich verfügen Insekten im Vergleich mit Säugetieren über ein wesentlich einfacher strukturierteres zentrales Nervensystem und nur über einen vergleichsweise geringen Anteil von Hirnzellen, die für davon übermittelte Informationen überhaupt zuständig sind. Konkret fehlen Insekten sogar Opioid-Rezeptoren, wie sie im Hirn u.a. von Säugetieren für die Schmerzkontrolle verantwortlich sind.

In ihrer Arbeit zeigen Gibbons und Kollegen nun aber, dass dies nicht bedeutet, dass Insekten nicht doch über einfachere Varianten der dennoch gleichen Kapazitäten verfügen. Zu nennen sei hier beispielsweise die sogenannte Nozizeption, also eine Wahrnehmung von Reizen, die den Körper potenziell oder tatsächlich schädigen. Auch mittels dieser können Schmerzen wahrgenommen werden, es handelt sich aber über einen völlig anderen Prozess wie jener, der von den Opioid-Rezeptoren gesteuert wird. Auch wir Menschen kennen deren Wirkung, wenn wir etwa einen Folgeschmerz erst deutlich später Empfinden als das eigentliche Ereignis. Auf diese Weise ermöglicht es unserer Körper uns, trotz einer Verletzung überlebensnotwendige Aufgaben zu erfüllen, obwohl der Schmerzstimulus eigentlich enorm ist. Als nozifensive Reflexe, bezeichnen Neurowissenschaftler motorische und vegetative Reflexe auf noxische Reizung v.a. der Haut, die der Schadensabwehr dienen.

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Da bislang unbekannt war, ob und wie Nozizeption auch bei Insekten mit Schmerzempfinden einhergehen, haben die Forschenden untersucht, in wieweit Insekten die Fähigkeit haben, Nozizeption zu kontrollieren: „Tatsächlich zeigen die Verhaltensbeobachtungen, dass Insekten tatsächlich ihr nozifensives Verhalten steuern können“, erläutert die Studie. „Eine derartige Modulation wird zumindest teilweise vom zentralen Nervensystem der Insekten kontrolliert und deren Informationsübermittlung vom Hirn verarbeitet.“

Hierzu haben die Forscherinnen und Forscher spezifische Neuropeptide ausgemacht, die von den Insekten währen traumatischer Ereignisse erzeugt werden, die dann vermutlich schmerzunterdrückend ähnlich wirken, die Opiate bei uns Menschen.

Zum Thema

Ein weiterer Hinweis auf vorhandenes Schmerzempfinden bei Insekten sei die Tatsache, dass Insekten wie andere Tiere (…und wir Menschen) für bestimmte Reize oder Bedrohungen sensibilisiert werden können. Werden beispielsweise Fruchtfliegen hohen Temperaturen ausgesetzt, so beginnen sie auch zukünftig schneller auf Hitze zu reagieren als davor. Tatsächlich sind einige an dieser Sensibilisierung beteiligten Moleküle die gleichen, wie beim Menschen. Zudem haben die Forschenden mögliche Wege identifiziert, wie nozizeptive Informationen an das Insektenhirn übertragen werden können.

Auch der berühmte sexuelle Kannibalismus unter Gottesanbeterinnen könnte Fragen zum Schmerzempfinden von Insekten in dieser Richtung beantworten, wenn männliche Exemplare als Reaktion auf die versuchte und drohende Enthauptung durch ihre Partnerin, ihr eigenes Paarungsverhalten intensivieren statt zu fliehen oder sich gar zu wehren. „Bislang wurde gerade dieses Verhalten als Beweis für fehlendes Schmerzempfinden gedeutet. Tatsächlich scheint es aber viel eher zu zeigen, dass Insekten in der Lage sind, ihre Verhaltensbedürfnisse zu priorisieren und unter bestimmten Umständen ihre nozifensives Verhalten zu reduzieren“, erläutern die Forschenden. Dies wiederum deute auf eine zentralisierte Reaktion, die dann wiederum Schmerzempfinden sogar wahrscheinlich mache. Allerdings gestehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler auch ein, dass noch nicht klar sei, wie der Schmerz im Insektengehirn verarbeitet wird.




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Recherchequelle: RoyalSocietyPublishing

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Andreas Müller
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Andreas Müller
(Kornkreisforscher)

ein deutscher UFO-Forscher, Autor und Publizist

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