Pontevedra (Spanien) – Basierend auf statistischen Annahmen hat ein spanischer Wissenschaftler die Wahrscheinlichkeit berechnet, dass die Menschheit einst einer uns feindlich gesinnten außerirdischen Zivilisation begegnen wird, die dann auch in der Lage wäre, unseren Planeten anzugreifen.
Wie der Doktorand Alberto Caballero von der Universidade de Vigo vorab via ArXiv.org berichtet, nutzte er für die Suche nach einer Antwort auf diese Frage zunächst einen Blick auf unsere eigene Geschichte und extrapolierte die Wahrscheinlichkeit, dass wir selbst als menschliche Zivilisation der Erde einen fremden und bewohnten Planeten angreifen würden.
Hierzu zählte der Forscher zunächst die Anzahl jener Länder, die in den vergangenen rund hundert Jahren zwischen 1915 und 2022 bereits ein anderes Land angegriffen hatten und kommt dabei auf 51 von 195 Ländern bzw. Staaten. In einem zweiten Schritt ermittelte er anhand der Militärausgaben für jedes Land der Erde die Wahrscheinlichkeit, eine Invasion in ein anderes Land zu beginnen. Als Nächstes dividierte er für jedes Land diese Wahrscheinlichkeit durch die Summe der Länder auf der Erde. Das Ergebnis bezeichnet Caballero als „die derzeitige Wahrscheinlichkeit einer der Invasion einer außerirdischen Zivilisation durch die Menschheit“.
Laut den Berechnungen von Alberto Caballero liegt diese Wahrscheinlichkeit derzeit bei 0,028 Prozent. Allerdings beziehe sich diese Zahl ausschließlich auf den derzeitigen (Zu-)Stand der menschlichen Zivilisation, wie sie auch selbst noch nicht zur interstellaren Raumfahrt in der Lage ist. Sollte sich die derzeitige Rate des technologischen Fortschritts beibehalten, so sei anhand der Kardaschow-Skala mit interstellarer Raumfahrt erst in 259 Jahre zu rechnen.
Hintergrund: Die Karadaschow-Skala
Der Astrophysiker Nikolai Semjonowitsch Kardaschow (1932-2019) vor dem Hintergrund einer Illustration der nach ihm benannten Kardaschow-Skala zur Einteilung fortgeschrittener außerirdischer Zivilisationen. Copyright: Gemeinfrei
Grundsätzlich teilte die noch von Kardaschow selbst definierte Skala entsprechende Zivilisationen in drei Kategorien, deren Grundlage auf der Energienutzung und -Gewinnung der so kategorisierten Zivilisationen basiert:
Typ I: Die Zivilisation ist auf der technologischen Stufe der heutigen irdischen Menschheit
mit einem Energieverbrauch (Stand 1964) von 4 ⋅ 10hoch12 Watt. Später wurde dieser Typdahingehend angepasst und von einer zeitlichen Zuordnung befreit, dass die so beschriebene Zivilisation in der Lage ist, die gesamte auf einem Planeten verfügbare Leistung zu nutzen. Das sind ungefähr 10hoch16 – 10hoch17 Watt. (Für unsere Erde liegt dieser Wert bei etwas mehr als 1 ,74 ⋅ 10hoch17 Watt.)
Typ II: Die Zivilisation ist in der Lage, die Gesamtleistung ihres Zentralsterns zu nutzen (etwa durch die Konstruktion sogenannter Dyson-Sphären) Das sind ungefähr 4 ⋅ 10hoch26 Watt.
Typ III: Die Zivilisation ist in der Lage, die Gesamtleistung einer Galaxie zu nutzen. Das wiederum entspricht ungefähr 4 ⋅ 10hoch37 Watt.
Eine Typ-II-Zivilisation ist also etwa mit zehn Milliarden (10.000.000.000) Typ-I-Zivilisationen vergleichbar, eine Typ-III-Zivilisation mit hundert Milliarden (100.000.000.000) Typ-II-Zivilisationen. Die genauen Verhältnisse können um eine oder zwei Größenordnungen schwanken, aber es ist erkennbar, dass die Skala exponentiell ist.
(Quelle: Wikipedia)
Vor dem Hintergrund der Annahme, dass die Frequenz der menschlichen Invasionen zukünftig (hoffentlich) in gleicher Weise rückläufig sein wird, wie es seit ungefähr 50 Jahren zu beobachten ist – laut Caballero geht der Wert jedes Jahr um 1,15 Prozent zurück – liegt die Wahrscheinlichkeit dafür, dass wir Menschen mit Erreichen der interstellaren Raumfahrt einen anderen Planeten angreifen würden bei 0,0014 Prozent.
Wem dieser Wert nun gering erscheint, vergisst, dass für die umgekehrte Rechnung mehrere Millionen potenziell lebensfreundlicher und damit potenziell von Zivilisationen bewohnte Exoplaneten innerhalb der Milchstraße miteinberechnet werden müssen. Hierzu nutzte Cabalero Daten einer 2012 veröffentlichten Studie zu den Grundlagen der Suche nach außerirdischer Intelligenz (SETI), deren Autoren anhand der sogenannten Drake-Gleichung zu der Annahme gelangten, dass es alleine in unserer Milchstraße bis zu 15.785 außerirdische Zivilisationen geben könnte, die sich unserer Galaxie derzeit mit uns Menschen teilen.
Zum Thema
„Eine Extrapolation anhand aller Invasionen auf der Erde in den vergangenen hundert Jahren legt bei 0.22 wahrscheinlichen feindlichen Alien-Zivilisationen eine Wahrscheinlichkeit von 5,52 Prozent nahe, dass eine außerirdische Zivilisation feindselige Absichten uns gegenüber haben könnte“, so Cabalero. „Diese geringe Wahrscheinlichkeit liegt in dem Umstand begründet, dass die Anzahl potenziell lebensfreundlicher Planeten sehr viel höher ist als die von Zivilisationen vom Typ-1, die also beinahe zur interstellaren Raumfahrt fähig sind. Mehr noch, es scheint eine direkte Verbindung zwischen der Wahrscheinlichkeit einer Invasion und der Weltentwicklung auf der Grundlage des Energiekonsums zu bestehen: Je mehr entwickelt die Menschheit ist, desto geringer werden die Wahrscheinlichkeiten für eine Invasion.“
Die Tatsache, dass die errechneten Wahrscheinlichkeit einer außerirdischen Invasion um zwei Größenordnungen unter der Wahrscheinlichkeit des Einschlags eines Planeten-Killer-Asteroiden liegt. Laut Cabalero sollten selbst die geringen Wahrscheinlichkeitswerte von jenen Projekten zumindest berücksichtigt werden, die um eine direkte Kommunikation mit potenziellen fernen Zivilisationen mittels Radio- oder Laser-Signalen bemüht sind. “Aber selbst wenn wir solche Signale an alle angenommenen 18.000 Zivilisationen senden würden, wäre die Wahrscheinlichkeit damit eine uns feindlich gesonnene Zivilisation zu erreichen, die unsere Erde auch bedrohen könnte in etwa die gleiche wie der Einschlag eines Planeten-Killer-Asteroiden.”
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