Studie: „Blutspuren auf dem Turiner Grabtuch nicht realistisch verteilt“
Das Turiner Grabtuch im Negativ, mit Vergrößerung der Gesichtspartie (r.).
Copyright: Public Domain (Kollage: grewi.de, Quelle: shroud.com)
Liverpool (Großbritannien) – In einer aktuellen Studie stellen skeptische Wissenschaftler die Verteilung der Blutspuren auf dem sogenannten Turiner Grabtuch derart in Frage, als dass diese nicht das Ergebnis eines realistisch-natürlichen Blutausflusses aus den Wunden und der Aufnahme durch das Leinen auf einem liegenden Körper sein können.
Schon seit Jahrhunderten stellt das sogenannte Turiner Grabtuch Wissenschaftler wie Laienforscher vor zahlreiche Rätsel. Während Skeptiker darin lediglich eine kunstvolle Fälschung des Spätmittelalters vermuten, sehen Gläubige in dem Leinen, auf dem das Körperbild eines gekreuzigten Mannes mit Spuren einer Dornenkrone zu sehen ist, das Grabtuch Christi und verehren es als eine der heiligsten christlichen Reliquien. Während eine Radiokarbondatierung (C14) das Alter des Leinens zunächst ins Mittelalter datierte und somit eine Fälschung der Reliquie nahelegte, gibt es mittlerweile Zweifel an der Richtigkeit der Datierungen (…GreWi berichtete). Seither streiten sich Grabtuchforscher und deren Skeptiker über das Für und Wider angeblicher Beweise und Gegenbeweise für die Echtheit des Leinens im Sinne des Grabtuchs Jesu.
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Wie Matteo Borrini von der John Moores University gemeinsam mit dem „Skeptiker“ Luigi Garlaschelli vom Italienischen „Komitee zur Untersuchung pseudowissenschaftlicher Behauptungen“ (Comitato Italiano per il Controllo delle Affermazioni sulle Pseudoscienze, CICAP) aktuell im „Journal of Forensic Sciences“ (DOI: 10.1111/1556-4029.13867) berichten, gebe es „keine Möglichkeit, dass die Blutspuren von einem Körper stammen, der einst flach auf dem Leinen lag. Zudem seien die Blutspuren nicht miteinander vereinbar und in einigen Fällen, wenn überhaupt, dann nur durch einen Körper bzw. eine Person zu erklären, der während der Blutflusses und Aufnahme durch den Stoff aufrecht stand. Andere Spuren seien zudem gänzlich unrealistisch.
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Statt jene, die Blutspuren bildende Substanzen selbst zu untersuchen, verwendeten die Forscher ein Modell, um den Blutfluss zweier Blutarten (echtes und synthetisches Blut) anhand verschiedener Positionen der Versuchspuppe aus jenen Wunden nachzuvollziehen, wie sie anhand des Köperbildes auf dem Leinen an der linken Hand, den Unterarmen, der „Lanzenwunde“ im Torso und an der Hüfte zu sehen sind. Die Methode stammt aus der Forsensik und ist als „Bloodstain Pattern Analysis“ (PBA) bekannt.
Die Forscher bei der Ausführung der BPA-Experimente im Rahmen der
Copyright/Quelle: Borrini & Garlaschelli/Journal of Forensic Science
„Für die für den Leichnam angenommenen Positionen stimmen die Blutspuren nicht mit den charakteristischen Wunden auf dem Körper und der Art und Weise überein, wie Blut dort austritt und sich dann über einen entsprechend gelagerten Körper verteilt“, so das Forscherduo. „Die von uns identifizierten Unstimmigkeiten sprechen nicht nur gegen die Echtheit der Blutspuren selbst, sondern auch gegen die des Leinens (im Sinne des Grabtuches Jesu) und legen nahe, dass es sich um eine künstlerische oder didaktische Darstellung aus dem 14. Jahrhundert handelt.“
Da bislang aber auch Kritiker und Skeptiker nicht befriedigend erklären können, wie das Körperabbild sowie einige der Blutspuren auf das Leinen gekommen sind, dürfte auch diese Analyse die Kontroverse um das Turiner Grabtuch nicht beilegen.
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