Studie: Ein starker religiöser Glaube geht mit sexueller Zufriedenheit einher
Exeter (Großbritannien) – Eine Studie der Universitäten Exeter weist auf einen Zusammenhang zwischen religiösem Glauben und einer erhöhten sexuellen Zufriedenheit hin. Die Forschenden stellen zudem fest: Zu wenig, aber auch zu viel Sex führt zu Unzufriedenheit über das eigenen Sexualleben.
Wie Dr. Nitzan Per-Rotem gemeinsam mit Dr. Vegard Skirbekk vom Norwegian Institute of Public Health und der Columbia University aktuell im „Journal of Sex Research“ (DOI: 10.1080/00224499.2022.2108745) berichten, zeige ihre Studie, dass sowohl der Umstand keinen oder sehr wenige Sexualpartner im Leben zu haben bzw. gehabt zu haben, als auch das Gegenteil mit geringerer sexueller Zufriedenheit einhergehe. Mehr Gelegenheitssex oder Sex ohne Liebe wurde von den meisten Studienteilnehmern demnach eher abwertend bezüglich der sexuellen Zufriedenheit bewertet – und das von Frauen wie auch von Männern.
„Die Verbinddung zwischen der Häufigkeit von Sex und sexueller Zufriedenheit ist weder einfach noch direkt“, erläutert Dr. Peri-Rotem. „In allen Formen von Beziehungen gilt offenbar: zu wenig wie auch zu viel Sex führt zu sexueller Unzufriedenheit. Das wiederum legt nahe, dass es eine Art Optimalwerte bezüglich der Frequenz und Häufigkeit gibt, die zur sexuellen Zufriedenheit beitragen.“
Für ihre Studie nutzten die Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen Daten von Männern und Frauen im Alter von 18 bis 59 Jahren, die aktuell an der nunmehr dritten britischen Sex-Umfrage „British National Survey of Sexual Attitudes and Lifestyles“ teilgenommen hatten.
Wie sich zeigt, berichteten überdurchschnittlich mehr religiöse verheiratete Frauen mit ihrem Sexualleben zufrieden zu sein als weniger religiös veranlagte Frauen. Allerdings zeigte sich dieses Verhältnis weniger stark ausgeprägt unter religiösen verheirateten Männern. Hingegen berichteten religiöse Single-Männer ebenfalls von einer höheren sexuellen Zufriedenheit als weniger religiöse männliche Singles. „Allerdings schwand dieses Ungleichgewicht, sobald wir die Kontrollgruppe mit Erfahrungen von Gelegenheitssex und Sex ohne Liebe hinzugenommen wurde oder dann, wenn die Auswahl lediglich auf sexuell aktive Umfrageteilnehmer beschränkt wurde“, berichten die beiden Forschenden.
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Unter den Umfrageteilnehmern fanden sich 11 Prozent der Männer und 16 Prozent Frauen, die von sich behaupteten, dass Religion und religiöse Glaubensvorstellungen für sie „sehr wichtig“ seien. Mehr als Zweidrittel der Teilnehmer berichtete hingegen, erst an sehr wenigen oder gar keinen Gottesdiensten jeglicher teilgenommen zu haben. Die Hälfte aller Teilnehmer waren verheiratet, weitere 17 Prozent lebten mit einem Partner zusammen, während ein Fünftel in keiner festen Beziehung war.
Durchschnittlich berichteten Männer von einer leicht höheren sexuellen Aktivitätsrate innerhalb der vergangenen vier Woche vor der Umfrage als Frauen. Insgesamt erklärten rund ein Viertel der teilnehmenden Frauen und Männer, mit ihrem Sexleben sehr zufrieden zu sein, während 14 Prozent der Frauen und 17 Prozent der Männer erklären, weniger bis unzufrieden mit ihrem Sexualleben zu sein. Nahezu 40 Prozent der Männer berichtete von 10 oder mehr Sexualpartnern in ihrem Leben. Dieser Wert fand sich hingegen nur bei einem Viertel (25 Prozent) der teilnehmenden Frauen. Zwar steige die sexuelle Zufriedenheit zunächst mit der Anzahl der Sexualpartner an, falle ab einem bestimmten Wert aber auch wieder.
“Da religiöse Individuen sich weniger wahrscheinlich auf Gelegenheitssex einlassen und hingegen mit höherer Wahrscheinlichkeit ihre sexuelle Aktivität auf eine auf Liebe basierenden partnerschaftliche Beziehung beschränken, könnte dies zu geringeren Erwartungen an die eigene sexuelle Aktivität außerhalb ihrer formalen Bindungen, damit aber auch zu einer gesteigerten Zufriedenheit mit der eigenen Sexualität führen“, vermutet Skirbekk. „Es könnte aber auch möglich sein, dass religiös geprägte Vorstellungen und Ansichten über die ‚Heiligkeit der ehelichen Sexualität‘ sowie die Ablehnung von außerehelichem Sex für Frauen eine größere Bedeutung für die eigene sexuelle Zufriedenheit haben als für Männer.“
Schlussendlich zeige die Studie auch einen klaren Zusammenhang zwischen Bildungsstand, der Häufigkeit von Sex und der sexuellen Zufriedenheit: „Hochgebildete Individuen berichteten davon, weniger häufig Sex und eine reduziertere sexuelle Zufriedenheit zu haben als Umfrageteilnehmer mit geringerem Bildungsniveau.“
„Unsere Forschung legt nahe, dass Veränderungen im Sexualverhalten im Kontext von Veränderungen religiöser Normen, Glaubensvorstellungen und anderer sozialer Entwicklungen verstanden werden sollten“, so Peri-Rotem abschließend.
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Recherchequelle: University of Exeter
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