Studie: Planeten enthalten mehr Wasser als gedacht
Zürich (Schweiz) – Wasser ist die Grundlage des Lebens, wie wir es von und auf der Erde kennen. Wie sich zeigt, befindet sich das meiste Wasser eines Planeten jedoch nicht auf der Oberfläche, sondern ist tief im Planeteninnern verborgen. Die Erkenntnis hat auch Konsequenzen für die Einschätzung potenzielle Lebensfreundlichkeit von fernen Welten aus.
Inhalt
Wie ein Team auf Forschenden der ETH Zürich und der Princeton University anhand von Computersimulationen zur Verteilung des Wassers auf Exoplaneten aktuell im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-024-02347-z) zeigen, befindet sich das meiste Wasser junger Planeten nicht an der Oberfläche, sondern im Innern der Planeten. Eine weitere Erkenntnis der Studie: Die Gesamtmenge des möglichen Wassers auf Exoplaneten bisher drastisch unterschätzt.
„Das neue Modell ist wichtig, um die Entstehung von Planeten zu verstehen und die mögliche Bewohnbarkeit von Exoplaneten abzuschätzen“, erläutert die ETH-Pressemitteilung. „Von der Erde weiß man, dass sie einen Kern aus Eisen, darüber einen Mantel aus Silikat-Gestein und an der Oberfläche zusammenhängende Wassermassen (Ozeane) hat. Dieses einfache Planetenmodell wurde in der Wissenschaft bisher auch verwendet, wenn es um die Erforschung von sogenannten Exoplaneten ging, die außerhalb unseres Sonnensystems um einen anderen Stern kreisen.“ Erst in den letzten Jahren hat man angefangen zu berücksichtigen, dass Planeten komplexer sind, fügt Caroline Dorn, ETH-Professorin für Exoplaneten hinzu.
Hintergrund
Die meisten jener Exoplaneten, die wir heute kennen, umkreisen ihren Stern vergleichsweise dicht. Deshalb handelt es sich bei den meisten bislang entdeckten Exoplaneten auch um Welten, die noch keinen ausgekühlten Mantel aus Silikat-Gestein haben wie die Erde, sondern Ozeane aus geschmolzenem Magma. In solchen Magma-Ozeanen löst sich Wasser sehr gut– im Gegensatz beispielsweise zu Kohlendioxid, das schnell ausgast und in die Atmosphäre aufsteigt. Unter dem geschmolzenen Silikat-Mantel befindet sich der Eisenkern.
Gemeinsam mit Haiyang Luo und Jie Deng von der Princeton University haben die Schweizer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nun mit Hilfe von Modellrechnungen auf der Basis der grundlegenden physikalischen Gesetze die Verteilung des Wassers zwischen den Silikaten und dem Eise untersucht.
Je größer ein Planet, desto mehr Wasser im Innern
Die Ergebnisse erläutert die Studienautorin Dorn wie folgt: „Der Eisenkern bildet sich erst mit der Zeit. Anfänglich ist noch ein großer Anteil Eisen in Form von Tröpfchen in der heißen Magmasuppe vorhanden. Das in der Magmasuppe gelöste Wasser verbindet sich gerne mit diesen Eisen-Tröpfchen und sinkt mit ihnen zum Kern. Die Eisen-Tröpfchen verhalten sich wie ein Fahrstuhl, der das Wasser nach unten bringt. Bisher kannte man dieses Verhalten nur für gemäßigte Drücke, wie sie auch in der Erde herrschen. Für größere Planeten mit höheren Drücken im Innern wusste man nicht, was geschieht. Dies ist eines der wichtigsten Resultate unserer Studie: Je grösser der Planet und je mehr Masse damit vorhanden ist, umso mehr ist das Wasser geneigt, mit den Eisen-Tröpfchen zum Kern zu sinken. Eisen kann unter bestimmten Bedingungen bis zu 70-mal mehr Wasser aufnehmen als die Silikate. Das Wasser kommt unter dem enormen Druck im Kern dann aber nicht mehr in Form von H2O-Molekülen vor, sondern als Wasserstoff und Sauerstoff.“
Durch Simulationen darüber, wie sich das Wasser bei Bedingungen verhält, die einst auf der jungen Erde geherrscht hatten, bestätigt die aktuelle Studie zudem frühere Untersuchungen zum Wassergehalt der Erde. Laut dieser enthalten die Ozeane an der Erdoberfläche nur einen kleinen Teil der gesamten Wassermenge unseres Planeten: Das Wasservolumen von mindestens 80 weiteren Erdozeanen könnte im Erdinnern versteckt sein. Zudem sind die Ergebnisse mit Experimenten und seismologischen Messungen vereinbar.
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Die neuen Erkenntnisse der Untersuchung haben zugleich auch drastische Auswirkung auf die Interpretation astronomischer Beobachtungsdaten: „Mit ihren Teleskopen im All und auf der Erde können die Astronominnen und Astronomen unter bestimmten Umständen messen, wie schwer und wie groß ein Exoplanet ist. Daraus erstellen sie sogenannte Masse-Radien-Diagramme, aus denen sich Rückschlüsse auf die Zusammensetzung des Planeten ziehen lassen. Ignoriert man dabei – wie bisher – die Löslichkeit und Verteilung des Wassers, so unterschätzt man die Wassermenge drastisch, bis zum Zehnfachen. Planeten sind viel wasserreicher als bisher gedacht“, sagt Dorn.
Wo Wasser ist, ist meistens noch viel mehr
Die neuen Erkenntnisse zur Wasserverteilung sind auch wichtig, um zu verstehen, wie Planeten entstehen und sich entwickeln. Denn, Wasser, das einmal in den Kern gesunken ist, bleibt für immer dort eingeschlossen. Das im Magma-Ozean des Mantels gelöste Wasser hingegen kann während der Abkühlung des Erdmantels ausgasen und an die Oberfläche gelangen. „Wenn man also Wasser in der Atmosphäre eines Planeten findet, dann gibt es wahrscheinlich noch sehr viel mehr davon im Innern“, führt die Wissenschaftlerin weiter aus.
Das James-Webb-Weltraumteleskop (JWST) sucht seit zwei Jahren auch nach Molekülen in der Atmosphäre von Exoplaneten. Allerdings kann auf diese Weise nur die Zusammensetzung der oberen Atmosphäre von Exoplaneten direkt gemessen werden. Dorn, Kollegen und Kolleginnen wollen eine Verbindung von der Atmosphäre zum tiefen Inneren der Himmelskörper ziehen.
Als besonders interessant bei dieser Suche beschrieben die Forschenden neue Daten zum Exoplaneten „TOI-270d“: „Dort hat man Hinweise gesammelt, dass es solche Interaktionen zwischen dem Magma-Ozean im Innern und der Atmosphäre tatsächlich gibt“, erläutert Dorn. Auf ihrer Liste von interessanten Objekten, die das Team zukünftig näher untersuchen will, steht auch der Planet „K2-18b“, auf dem Wissenschaftler zuvor Hinweise auf mögliche Biomarker gefunden habenwollen (…GreWi berichtete).
Auch große Wasserwelten vermutlich lebensfreundlich
Bei „K2-18b“ handelt es sich jedoch vermutlich um eine sogenannte Super-Erde, also um einen Planeten von der Größe einiger Erdmassen, deren Oberfläche von einem tiefen, globalen Ozean bedeckt zu sein scheint. Lange wurde jedoch über eine mögliche Lebensfreundlichkeit von wasserreichen Super-Erden spekuliert und gestritten und jüngste legten Berechnungen nahe, dass zu viel Wasser sogar lebensfeindlich sein könnte. Der Grund: Auf diesen Wasserwelten würde am Übergang zwischen Ozean und Planetenmantel eine Schicht von exotischem Hochdruckeis den Austausch lebenswichtiger Stoffe verhindern.
Auch zu dieser Diskussion kommt die neue Studie nun zu einem anderen Schluss: „Welten mit tiefen Wasserschichten kommen wahrscheinlich nicht häufig vor, da sich der Großteil des Wassers auf Super-Erden nicht wie bisher angenommen auf der Oberfläche befindet, sondern im Kern eingeschlossen ist. Daher könnten sogar Planeten mit einem relativ hohen Wasseranteil das Potenzial haben, erdähnliche, lebensfreundliche Bedingungen zu entwickeln.“ Die Studie werfe damit ein neues Licht auf die mögliche Existenz von wasserreichen Welten, die Leben beherbergen könnten, so Dorn und ihren Kolleginnen und Kollegen abschließend.
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Recherchequelle: ETH Zürich
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