Studie: Wale und Delfine haben menschenähnliche Kultur und Gesellschaft

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Symbolbild: Delfine

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Manchester (Großbritannien) – Wale und Delfine leben in eng geknüpften sozialen Gruppen, bilden komplexe Beziehungen, sprechen miteinander und das zudem in regionalen Dialekten. Damit teilen die Meeressäuger zahlreiche Eigenschaften mit uns Menschen, die zudem – auch das zeigt die aktuelle Studie – mit der proportionalen Hirngröße der Arten einhergeht, obwohl die Struktur unserer Gehirne sich deutlich unterscheidet.

Wie das internationale Team aus Wissenschaftlern um Dr. Susanne Shultz von der University of Manchester aktuell im Fachjournal „Nature Ecology & Evolution“ (DOI: 10.1038/s41559-017-0336-y) berichtet, handele es bei dem Ergebnis der Untersuchungen um die erste umfangreichen Datenerfassung zu Hirngröße und dem sozialen Verhalten von Walen.

Hierzu haben die Forscher Information zu 90 unterschiedlichen Arten von Walen, Delfhinen und Schweinswalen zusammengetragen und können nun anschaulich aufzeigen, dass die Tiere hochentwickelte soziale und gemeinschaftliche Verhaltensweisen entwickelt haben, wie sie vielfach auch die Grundlagen der menschlichen Kultur ausmachen. Die Studie zeigt zudem, dass diese sozialen und kulturellen Eigenschaften mit der Größe und Ausdehnung des Gehirns (der sog. Encephalisation) einhergehen.

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Die Liste an Verhaltensähnlichkeiten zwischen Walen, Menschen und anderen Primaten ist demnach lang:

– Komplexe Verhältnisse untereinander. Gemeinsames Arbeiten zum gemeinsamen Wohl.
– Soziale Weitergabe von (Jagd-)Techniken. Das Lehren von Jagdmethoden und Werkzeugnutzung.
– Gemeinschaftliches Jagen.
– Komplexe Laute-Kommunikation mit regionalen Gruppendialekten. Direkte „Ansprache“ untereinander.
– Vokalnachahmung und individuelles „Signatur-Pfeifen“ bzw. Nutzung von individuellen „Namen“.
– Spezifische Zusammenarbeit mit Menschen und anderen Arten.
– Mithilfe bei der Aufzucht fremden Nachwuchses (Alloparenting).
– Soziales Spielen.

„Die Fähigkeit von uns Menschen, mit unserer Umwelt und unseren Artgenossen in einen sozialen Kontakt zu treten und Freundschaften zu pflegen, hat es uns ermöglicht, nahezu jedes Ökosystem und jede Umwelt auf diesem Planeten zu kolonialisieren“, kommentiert die Evolutionsbiologin Susanne Shultz die Ergebnisse ihrer Studie. „Wir wissen, dass Wale und Delfine ebenso wie wir über ein außergewöhnlich großes und anatomisch komplexes Gehirn verfügen, weshalb sie auch eine uns ähnliche, aber eben meeresbezogene Kultur entwickelt haben.“

Für die Forscher bedeutet das, dass die offenkundige Co-Evolution der Gehirne, sozialen Struktur und Vielfalt im Verhalten der Meeressäuger eine erstaunliche Parallele zum Verhältnis des großen Gehirns und der Hyper-Sozialität von Menschen und anderen Primaten an Land darstellt. Allerdings wird die Kultur der Wale und Delfine nie unsere großen Metropolen und Technologien nachahmen – vielleicht aber auch nur, weil ihnen für die Ausführung entsprechender Fertigkeiten der opponierbare Daumen fehlt.“

Mit den neuen Daten haben die Wissenschaftler also die beiden Evolutionshypothesen vom „sozialen und kulturellen Gehirn“ (social brain hypothesis, SBH; cultural brain hypothesis, CBH) überprüft, die ursprünglich entwickelt wurden, um die Entstehung der proportional ungewöhnlich großen Gehirne der Primaten an Land zu erklären.

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„Große Gehirne sind eine evolutionäre Antwort auf komplexe und informationsreiche Lebensumgebungen und –Bedingungen“, so die Forscher. Es sei aber das erste Mal, dass diese Hypothesen in einem derart großen Maßstab nun auch auf intelligente Meeressäuger übertragen wurde.

„Unsere Forschung dreht sich also nicht nur um die Intelligenz von Walen und Delfinen, sie hat auch wichtige anthropologische Konsequenzen“, erläutert Dr. Michael Muthukrishna, einer der Mitautoren der Studie. „Um auch zu einer grundlegenden Theorie des menschlichen Verhaltens zu kommen, müssen wir verstehen, was uns Menschen von anderen Tierarten unterscheidet. Und um das zu tun, brauchen wir eine Kontrollgruppe. Verglichen mit anderen Primaten sind Wale eine uns eher fremde Kontrollgruppe.“

„Wale haben viele komplexe sozialen Verhaltensweisen mit uns und anderen Primaten gemein“, stellt auch die Neurowissenschaftlerin Dr. Kieran Fox von der Stanford University und ebenfalls Mitautorin der aktuellen Studie abschließend fest. „Allerdings besitzen sie eine anderen Hirnstruktur, was einige Forscher dazu gebracht hat zu bezweifeln, dass Wale und Delfine höhere kognitive und sozialen Fertigkeiten entwickeln können. Ich denke, dass unsere Studie nun deutlich macht, dass dies nicht der Fall ist. Stattdessen wirft sie aber eine neue und viel spannendere Frage auf: „Wie können unterschiedliche Muster in der Hirnstruktur in völlig unterschiedlichen Arten dennoch ähnlich hochentwickelte kognitive und soziale Verhaltensweisen entstehen lassen?“

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