Studie zeigt: Sterbende hören bis zuletzt
Vancouver (Kanada) – In einer aktuellen Studie zeigen kanadische Mediziner, dass wir am Ende unseres Lebens selbst dann noch unsere Umwelt hören können, wenn wir schon nicht mehr auf äußere Reize zu reagieren scheinen. Begleitende, liebevolle und tröstende Worte, mit denen wir Sterbende begleiten, sind also nicht vergebens.
Wie das Team um Elizabeth Blundon und Prof. Lawrence Ward von der University of British Columbia aktuell im Nature-Fachjournal „Scientific Reports” (DOI: 10.1038/s41598-020-67234-9) berichtet, haben sie untersucht, ob und was Menschen kurz vor ihrem Tod akustisch noch wahrnehmen.
In ihrer Studie haben die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler EEG-Messungen der Hirnaktivität gesunder Kontrollpatienten, Hospiz-Patienten im wach-bewussten und später dann im reaktionslosen Zustand kurz vor dem Tod miteinander verglichen.
“In der letzten Stunde vor dem erwarteten natürlichen Tod, treten die meisten Menschen in eine Phase ein, in der sie auf äußere Reize nicht mehr zu reagieren scheinen”, erläutert Blundon. „Unsere Daten zeigen nun aber, dass das sterbende Gehirn bis in die letzten Stunden unseres Lebens hinein weiterhin auf Klänge und Töne reagieren kann.“
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Diese neue Erkenntnis über die Reaktion des sterbenden Gehirns auf Klang könne es Angehörigen und Freunden erleichtern, ihre sterbenden Angehörigen bis in den Tod hinein, tröstend zu begleiten.
Die Forscher und Forscherinnen berichten weiter, dass die Reaktionen des sterbenden Gehirns alter Menschen noch kurze Zeit vor dem tatsächlichen Tod auf Töne die gleichen sind, wie die junger und gesunder Gehirne.
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“Unsere Ergebnisse stützen die Aussagen so vieler Hospiz-Mitarbeiter und Mediziner, die immer wieder berichtet haben, dass der Klang der Stimme von Angehörigen und Freunden, die Sterbenden bis zuletzt beruhigt haben“, so die Forscher und führen dazu weiter aus, dass die Ergebnisse weiterhin zeigen, wie wichtig die persönliche Begleitung Sterbender bis zum sprichwörtlich letzten Augenblick ist. „Es beruhigt die Sterbenden, wenn sie sich verabschieden können und mit liebevollen Worten begleitet werden.“
Während die Studie aufzeige, dass Sterbende bis zuletzt akustisch wahrnehmen, könne diese Bestätigung jedoch nicht bewerten, ob die Sterbenden auch den Sinn der an sie gerichteten Ansprache noch verstehen können: „Es gibt noch so viel zu erforschen und so viele unbeantwortete Fragen, wenn es um unser Sterben geht. Unsere Ergebnisse tragen erst zu einem ganz kleinen Teil zu diesem Verständnis bei, wenn sie zeigen, wie wichtig die Begleitung Sterbender ist, weil in ihrem Gehirn bis zuletzt Dinge vor sich gehen.“
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Quelle: University of British Columbia, Nature
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