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Studie zu „Christ sein in Westeuropa“


Symbolbild: Fensterrose im Straßburger Dom.

Copyright: skeeze / CC0

Washington, DC. (USA) – Das Ergebnis der Studie „Christ sein in Westeuropa“ zeigt: „Die Mehrheit der Christen in Europa praktizieren ihren angetauften Glauben nicht, unterscheiden sich aber von konfessionslosen in ihren Einstellungen gegenüber Muslimen und Einwanderern, ihren Ansichten über Gott und ihren Meinungen in Bezug auf die Rolle der Religion in der Gesellschaft.

– Die folgende Meldung basiert auf der Pressemitteilung des Pew Research Center

Gerade die Geburtsstätte des Protestantismus und der Hauptsitz des Katholizismus während des größten Teils seiner Geschichte, ist heute einer der säkularsten, also am stärksten weltlich geprägten Regionen der Welt – obwohl die Mehrheit der hier lebenden Menschen durchaus getauft sind.

Für die Studie hat das Pew Research Center von April bis August 2017 in 15 westeuropäischen Ländern mehr als 24.000 Telefoninterviews mit zufällig ausgewählten Erwachsenen, darunter fast 12.000 nicht praktizierende Christen, durchgeführt. Sie ist Teil einer den den „The Pew Charitable Trusts“ und der „John Templeton Foundation“ finanzierte Studie im Rahmen eines größeren Forschungsprojekts des „Pew Research Center“, um den religiösen Wandel und seine Auswirkungen auf Gesellschaften weltweit zu verstehen.

Die Studie über die religiösen Praktiken und Ansichten in Westeuropa zeigt auch, dass sich viele Christen „allmählich von der Religion entfernt zu haben, nicht länger an religiöse Lehren zu glauben oder sich aufgrund von Skandalen oder den kirchlichen Positionen zu sozialen Fragen distanziert zu haben.“

Obwohl sich eine Mehrheit der Befragt trotz Taufe nicht mehr selbst als „Christen“ in einem den Glauben praktizierenden Sinne beschreibt, verstehen sie sich dennoch weiterhin  immer noch als Christen, auch wenn sie nur noch selten einen Gottesdienst besuchen.

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Die Studie zeigt, dass nicht praktizierende Christen (die für die Zwecke des vorliegenden Berichts als Personen definiert werden, die sich als Christen betrachten, aber nicht mehr als ein paar Mal im Jahr an einem Gottesdienst teilnehmen) den größten Anteil an der Bevölkerung in der Region stellen: In jedem Land, mit Ausnahme von Italien, sind diese Personen zahlreicher als praktizierende Christen (Personen, die mindestens einmal im Monat einen Gottesdienst besuchen). Die Zahl der nicht praktizierenden Christen übersteigt in den meisten befragten Ländern auch die Zahl der Personen ohne Religionszugehörigkeit (Personen, die sich selbst als Atheisten, Agnostiker oder „keiner bestimmten religiösen Gemeinschaft angehörig“ bezeichnen und manchmal auch „konfessionslos“ genannt werden).

Die Studie zeige, dass „die christliche Identität immer noch ein bedeutsamer Marker in Westeuropa ist“, und das auch für diejenigen, die nur selten in die Kirche gehen. Sie ist also nicht nur eine „nominelle“ Identität ohne praktische Bedeutung. „Im Gegenteil: die religiösen, politischen und kulturellen Ansichten von nicht praktizierenden Christen unterscheiden sich häufig von denen praktizierender Christen und/oder konfessionsloser Erwachsener.“

Tatsächlich gehe, so die Studie, die christliche Identität in Westeuropa mit einem höheren Grad von negativen Gefühlen gegenüber Einwanderern und religiösen Minderheiten einher: „Alles in allem äußern Personen, die sich selbst als Christen identifizieren – unabhängig davon, ob sie am Gottesdienst teilnehmen oder nicht – eher als Konfessionslose negative Ansichten über Einwanderer, Muslime und Juden.“

„Zum Beispiel sagen in Deutschland 55 % der praktizierenden Christen, dass der Islam grundsätzlich nicht mit deutschen Werten und der deutschen Kultur vereinbar ist, während der Anteil der nicht praktizierenden Christen (45 %), die diese Ansicht vertreten, niedriger ist. Aber unter den konfessionslosen Erwachsenen sagt ein noch geringerer Anteil (32 %), dass der Islam grundsätzlich nicht mit den Werten ihres Landes vereinbar ist. Ein ähnliches Muster gibt es in Europa auch in Bezug auf die Frage, ob es Einschränkungen für die Bekleidung muslimischer Frauen in der Öffentlichkeit geben sollte, wobei Christen eher als Konfessionslose befürworten, dass es muslimischen Frauen nicht gestattet sein sollte, religiös begründete Kleidung zu tragen.“

Zudem unterscheiden sich praktizierende Christen, nicht praktizierende Christen und Konfessionslose offenbar auch in ihren Einstellungen zum Nationalismus: „Nicht praktizierende Christen neigen weniger als praktizierende Christen dazu, nationalistische Einstellungen zu vertreten. Trotzdem sagen sie eher als Konfessionslose, dass ihre Kultur anderen Kulturen überlegen ist und dass es notwendig ist, die nationale Abstammung eines Landes zu haben, um die nationale Identität dieses Landes teilen zu können (z. B. muss man spanische Vorfahren haben, um wirklich spanisch zu sein).“

In Deutschland etwa sagten beinahe drei Viertel der befragten praktizierenden Christen (73 %), dass es wichtig sei, eine deutsche Abstammung zu haben, um „wirklich deutsch“ zu sein. Unter den nicht praktizierenden Christen sind 46 % dieser Meinung, was allerdings immer noch mehr sind als die 35 % der erwachsenen konfessionslosen Deutschen, die angeben, dass eine deutsche Abstammung wichtig ist, um wirklich deutsch zu sein.

Die Studie, die kurz nach einem starken Einwanderungszustrom aus mehrheitlich muslimischen Ländern nach Europa durchgeführt wurde, enthielt zahlreiche andere Fragen zu nationaler Identität, religiöser Pluralität und Einwanderung.

Die meisten Westeuropäer geben demnach an, dass sie bereit sind, Muslime und Juden in ihrer Nachbarschaft und ihren Familien zu akzeptieren, und die meisten lehnen negative Aussagen über diese Gruppen ab. Alles in allem sagen mehr Teilnehmer, dass Einwanderer ehrlich sind und hart arbeiten als das Gegenteil.

Allerdings lasse sich auch ein deutliches und einheitliches Muster erkennen: „In Westeuropa äußern sowohl praktizierende als auch nicht praktizierende Christen eher als konfessionslose Erwachsene ablehnende Einstellungen gegenüber Einwanderern und Minderheiten sowie nationalistische Ansichten.“

Zudem gebe es aber auch andere Faktoren als die religiöse Identität, die eng mit diesen Einstellungen verbunden sind: „So gehen etwa eine höhere Bildung und die persönliche Bekanntschaft mit einem Muslim Hand in Hand mit einer größeren Offenheit gegenüber Einwanderung und religiösen Minderheiten. Und die Identifizierung mit der politischen Rechten ist stark mit ablehnenden Haltungen gegenüber Einwanderung verbunden.“ Trotzdem neigen Westeuropäer, die sich als Christen identifizieren, selbst nach der Anwendung statistischer Methoden zur Berücksichtigung dieser Faktoren – und einiger anderer Faktoren wie Alter und Geschlecht – eher als konfessionslose Westeuropäer dazu, negative Empfindungen gegenüber Einwanderern und religiösen Minderheiten auszudrücken.

Zum Thema

Nicht praktizierende Christen, praktizierende Christen und konfessionslose Erwachsene in der Region unterscheiden sich laut der Studie vor allem auch in folgender Hinsicht:

„Obwohl viele nicht praktizierende Christen angeben, nicht an Gott, ‚wie er in der Bibel beschrieben wird‘, zu glauben, neigen sie dazu, an eine andere höhere Macht oder spirituelle Kraft zu glauben. Hingegen sagen die meisten praktizierenden Christen, dass sie an Gott glauben, wie er in der Bibel beschrieben wird. Und eine deutliche Mehrheit von konfessionslosen Erwachsenen glaubt nicht an eine höhere Macht oder spirituelle Kraft im Universum.“

„Nicht praktizierende Christen neigen dazu, mehr positive als negative Ansichten im Hinblick auf Kirchen und religiöse Organisationen zu äußern, etwa dass diese der Gesellschaft nutzen, indem sie den Armen helfen und das Zusammenleben von Gemeinschaften fördern. Ihre Einstellungen gegenüber religiösen Einrichtungen sind nicht ganz so positiv wie diejenigen von praktizierenden Christen, aber sie neigen eher als konfessionslose Europäer dazu zu sagen, dass Kirchen und andere religiöse Organisationen positiv zur Gesellschaft beitragen.“

„Die überwiegende Mehrheit der nicht praktizierenden Christen ebenso wie die Mehrheit der Konfessionslosen befürworten legale Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe. Praktizierende Christen sind im Hinblick auf diese Fragen konservativer, obwohl es unter ihnen eine deutliche – und in mehreren Ländern eine mehrheitliche – Unterstützung für legale Abtreibung und gleichgeschlechtliche Ehe gibt.“

„Beinahe alle praktizierenden Christen, die Eltern oder Erziehungsberechtigte von minderjährigen Kindern (unter 18 Jahren) sind, geben zudem an, ihre Kinder im christlichen Glauben zu erziehen. Unter den nicht praktizierenden Christen geben zwar weniger – aber immer noch die überwältigende Mehrheit – an, dass sie ihre Kinder als Christen erziehen. Im Gegensatz dazu erziehen konfessionslose Eltern ihre Kinder im Allgemeinen ohne Religion.“

– Die ausführlichen Ergebnisse im Detail finden Sie HIER

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Andreas Müller
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(Kornkreisforscher)

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