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Studie zum seltsamen Verhalten von Tieren vor Erdbeben


Symbolbild: Hahn.

Copyright: MrGajowy3 / CC 0

Potsdam (Deutschland) – Schon lange stehen Tiere in dem Ruf, Erdbeben noch vor deren Ausbrüchen wahrnehmen und so auch als Frühwarnsystem dienen zu können. Während die diese Vorabwahrnehmung von Tieren von Kritikern bezweifelt wird, präsentieren deutsche Seismologen nun erstmals eine umfassende statistische Analyse.

Wie die Forscher um Heiko Woith vom Deutschen GeoForschungsZentrum (GFZ) am Helmholtz-Zentrum Potsdam aktuell im Fachjournal „Bulletin of the Seismological Society of America“ (DOI: 10.1785/0120170313) berichten, gingen sie auf mehr als 700 Beobachtungen auffälligen Verhaltens ein, die bei 160 Erdbeben gemacht wurden und mehr als 130 Tierarten betreffen.

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„Während es auf der einen Seite zahlreiche Berichte von Hühnern, Schafen oder Hunden gibt, die sich vor einem Beben merkwürdig verhielten, gibt es auf der anderen Seite viele Erdbeben, vor denen solche Auffälligkeiten von Lebewesen gerade nicht beobachtet wurden“, erläutern die Autoren die Hintergründe der Kontroverse und Ausgangslage ihrer Untersuchungen. Überhaupt, sei der genaue Zeitpunkt eines solchen Ereignisses von sehr vielen verschiedenen Faktoren abhängig und lasse sich nach gegenwärtigem Stand der Wissenschaft wohl niemals exakt vorhersagen. „Wie sollten also gewöhnliche Haus- und Wildtiere dazu in der Lage sein?“, so die Zweifler. Den GFZ-Wissenschaftlern ließ diese Frage dennoch keine Ruhe: „Die Berichte über auffälliges Verhalten sind zahlreich, doch es könnte auch andere Ursachen haben.“

Um die Frage nach der Erdbebenfühligkeit von Tieren auf den Grund zu gehen, haben die Forscher 180 entsprechende frühere Studien analysiert und dabei untersucht, ob es einen statistischen Zusammenhang zwischen der seismischen Aktivität und dem Verhalten von Tieren gibt.

In die Analyse gingen mehr als 700 Beobachtungen auffälligen Verhaltens ein, die bei 160 Erdbeben gemacht wurden und mehr als 130 Arten betreffen – von Schafen über Ziegen bis hin zu Schlangen und Fischen. Die Berichte stammen aus zwei Dutzend Ländern. Die meisten aus Neuseeland, Japan, Italien und Taiwan.

Unter anderem haben die Seismologen den Effekt von Vorbeben untersucht – also merkliche Erschütterungen, die bei etwa jedem zehnten Erdbeben Tage oder gar Wochen vorher auftreten. Hierzu zogen sie die Daten des Erdbebenkatalogs (ISC-GEM) heran, der weltweit alle Beben mit einer Magnitude von M 5.6 und mehr in den Jahren von 2000 bis 2012 verzeichnet: „Wir haben angenommen, dass entsprechende Erschütterungen in einer Entfernung von 100 Kilometern für Tieren spürbar sind“, sagt Woith. „Dann haben wir für alle Erdbeben ab Magnitude 6 untersucht, ob es in diesem Umkreis und binnen 60 Tagen Vorbeben gab.“

Das Ergebnis: Bei 16 Prozent der Hauptbeben gab es diese Vorbeben binnen 60 Tagen. Nur einen Tag vorher wurden solche Vorboten in 7 Prozent der Fälle registriert, eine Stunde vorher in 3 Prozent der Fälle.

„Diese Verteilung in Raum und Zeit ist ähnlich der Verteilung von Auffälligkeiten im Verhalten von Tieren“, sagt Woith und geht aus diesem Grund nun davon aus, „dass zumindest ein Teil der Fälle, wo Tiere als Erdbeben-Warner gehandelt werden, als Reaktion auf Vorbeben zu verstehen sind.“

Weitere Aussagen seien allerdings sehr schwierig: „Ein Grund ist, dass die Daten sehr heterogen sind. Die beschriebenen Beobachtungen sind oftmals anekdotisch und für eine solide wissenschaftliche Untersuchung ungeeignet.“ Hinzu komme, dass auch andere Zusammenhänge zwischen Erdbeben und dem Verhalten von Tieren diskutiert werden, etwa Reaktionen auf Ausgasungen. „Man darf nicht vergessen, dass es etliche Erdbeben gibt, die sich weder durch Vorbeben noch durch andere Anzeichen ankündigen, sondern wörtlich spontan auftreten“, ergänzt der GFZ-Forscher.

Dennoch sei es eine interessante Forschungsfrage, ob Tiere als Erdbebenwarner genutzt werden könnten. Zumindest nach bisherigem Stand der Wissenschaft seien die Erfolgsaussichten allerdings nicht zu groß: „Eine treffsichere Vorhersage zu Ort, Magnitude und Zeitpunkt eines Bebens erscheint nach allem, was wir wissen, nicht möglich zu sein“, so Woith und Kollegen abschließend. Auch die zuverlässige Frühwarnung anhand von Vorbeben oder Gasaustritten aus dem Untergrund sei mit sehr vielen Unsicherheiten behaftet und bislang auch mit den modernsten Sensoren nicht gelungen.

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Andreas Müller
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