TCM: Ein besseres Verständnis traditionell chinesischer Medizin kann zum Artenschutz beitragen
Brisbane (Australien) – Seit Jahrhunderten nutzt die sogenannte traditionelle chinesische Medizin (TCM) auch Körperteile bedrohter Tier- und Pflanzenarten als Heilmittel und Medizin und steht deshalb nicht nur bei vielen Schulmedizinern wegen der fraglichen Wirksamkeit der Präparate, sondern auch bei Artenschützern in der Kritik. Eine aktuelle Studie australischer Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen sieht nun in einem besseren Verständnis der TCM und deren zeitgemäße Entmystifizierung eine Chance, betroffene und bedrohte Arten wie Gürteltier, Tiger und Nashorn besser zu schützen.
Wie das Team um den Doktoranden Hubert Cheung und Prof. Professor Hugh Possingham von der University of Queensland aktuell im Fachjournal „People and Nature“ (DOI: 10.1002/pan3.10166) erläutert, bringen die Bemühungen fest verwurzelte Werte und Überzeugungen über die TCM zu verändern, kurzfristig keine Erhaltungsgewinne. Stattdessen sei ein besseres Verständnis der traditionellen Praktiken für Naturschützer entscheidend, um effektivere Strategien zu entwickeln. „Die Verwendung gefährdeter Arten in der TCM gefährdet das Überleben dieser Arten und ist eine Herausforderung für Naturschützer.“
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Die Erfahrung habe gezeigt, dass weder die Vermittlung wissenschaftlicher Beweise zur Ineffizienz bestimmter Mittel, noch das Angebot biomedizinische Alternativen, die angewohnten Entscheidungen und Verhaltensweisen diese Mittel dennoch weiterhin zu nutzen, nicht drastisch beeinflussen: „Obwohl viele Praktiken und Behandlungen weiterhin wegen mangelnder wissenschaftlicher Unterstützung kritisiert werden, hat die Weltgesundheitsorganisation (WHO) im vergangenen Jahr die Aufnahme der TCM in ihr globales Kompendium medizinischer Praktiken angenommen“, erläutern die Autoren der Studie. Die Herausforderung bestehe nun darin, dass Naturschützer proaktiv mit TCM-Anwendern zusammenarbeiten, um gemeinsam nachhaltige Lösungen zu finden.
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„Die meisten Naturschutzwissenschaftler und -organisationen sind jedoch mit der TCM nicht vertraut und das macht es schwierig, wirksame und kulturell nuancierte Interventionen zu entwickeln“, so Cheung weiter.
In ihrer Arbeit haben die Forscherinnen und Forscher die Kerntheorien und -praktiken der traditionellen chinesischen Medizin untersucht, um diese zugänglicher und verständlicher zu machen. Die Forschenden hoffen, dass ihr Studium – und die darin enthaltenen Nuancen – auch zukünftige Politik und die Kampagnen beeinflussen können: „Heute ist die traditionelle chinesische Medizin offiziell in das chinesische Gesundheitssystem integriert und spielt auch eine zentrale Rolle bei der Reaktion Chinas auf die anhaltende Pandemie“, sagte Cheung.
Tatsächlich enthält die klinische Anweisung der chinesischen Regierung zum Umgang mit COVID-19 Empfehlungen für die Verwendung eines Produkts, das Bärengalle enthält – ein Umstand, der bei Naturschutzgruppen zu Kritik geführt hat. Zudem gewinne die TCM neben ihrer starken Verankerung im sozialen und kulturellen Gefüge der chinesischen Gesellschaft auch außerhalb Chinas immer mehr Anwender. „Ein besseres Verständnis der traditionellen chinesischen Medizin wird Naturschützern die Möglichkeit geben, konstruktiver mit Interessengruppen in diesem Bereich zusammenzuarbeiten, hofft Professor Possingham. „Wir hoffen, dass diese Arbeit allen Parteien helfen kann, effektivere und nachhaltigere Lösungen für Arten zu entwickeln, die durch medizinische Verwendung bedroht sind.“
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Quelle: University of Queensland
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