Creswell (Großbritannien) – Nicht zuletzt aufgrund ihrer Bewohnung und Nutzung durch den Menschen seit prähistorischen Zeiten gehören die Creswell-Crags zu den bedeutendsten aber auch meistbesuchten Höhlensystemen in England. Obwohl schon immer bekannt – jedoch bislang als Graffiti abgetan – erkannten Besucher der Höhle erst im vergangenen Jahr in den zahlreichen Ritzzeichnungen im Innern der Höhle altertümliche „Hexen-Zeichen“. Es handelt sich um die größte Ansammlung derartig sog. apotropäischer Schutzsymbole die bislang in England entdeckt wurde.
Buchstäblich hunderte der Ritzzeichnungen sind an den Wänden und Holzbauten im Innern der Creswell-Crags an der Grenze der mittelenglischen Grafschaften Derbyshire and Nottinghamshire zwischen den Dörfern Creswell und Whitewell zu finden. Diese wurden bislang aber selbst von Historikern nicht weiter untersucht und als gewöhnliche, profane Graffiti übersehen.
Erst aufmerksame Besucher der Höhlen zogen Vergleiche zu den in England als „Witch Marks“ (Hexen-Zeichen) bekannten und in der Fachsprache als „apotropäisch“ bezeichneten Schutzsymbolen. Seit vergangenen Herbst sind die mehr als 200 „Hexen-Zeichen“ nun auch Inhalt akademischer Forschung und Dokumentation.
Bislang ist noch unklar, wie alt genau die einzelnen Ritzungen sind. Vergleiche aber mit bereits datierten Witch Marks an anderen Orten Englands zeigen, dass sie vermutlich zwischen 1550 und 1750 geritzt und gefertigt wurden.
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Inhaltlich handelt es sich sowohl um heidnische als auch christliche Schutzsymbole, wie sie bereist aus anderen Höhlen, aber auch aus Kirchen und Häusern bekannt sind und etwa vor Krankheiten und Ernteschäden schützen sollten.
Zu den Zeichen gehört beispielsweise das Doppelte „V“ (VV) oder das „PM“, die von Historikern und Folkloreforschern als christliche Symbole für die Heilige Jungfrau (Virgin of Virgins) und den Segenswunsch „Pace Maria“ gedeutet wird. Darüber hinaus finden sich in den Höhlen diagonale Linien, Labyrinthe und Kästen, die als heidnische Versuche gelten, das Böse zu bannen.
Hintergrund
Das Anbringen von heidnischen wie christlichen Schutzsymbolen am eigenen Haus oder vermeintlich bösen Orten hat nicht nur in England eine lang zurückreichende Tradition. Auch in der Ziersymbolik von Bauernhäusern und Kirchen aber auch in den Städten ist dieser (Aber-)Glaube bis heute erhalten und wird weiterhin, etwa durch das Beschriften von Türrahmen durch die „Sternsinger“ bis heute praktiziert. Stellvertretend für nahezu alle deutschsprachigen Regionen und weit darüber hinaus gibt das Buch „Volks- und Aberglauben“ am Beispiel „gegenständlicher Belege aus dem Saarland und angrenzenden Gebieten“ des Volkskundlers Gunter Altenkirch einen weitreichenden Einblick in diese Traditionen, ihre Hintergründe und Praktiken. Darüber hinaus leitet der Heimatforscher im saarländischen Rubenheim das empfehlenswerte „Museum des Saarländischen Aberglaubens“.
„Noch vor 200 Jahren war gerade das englische Land ein völlig anderer Ort als heute“, kommentiert Duncan Wilson von Historic England: „Tod und Krankheiten waren die täglichen Begleiter der Menschen von damals und es war ein Leichtes, sich dahinter böse Kräfte vorzustellen. Aber können wir nur darüber spekulieren, was genau die Menschen von Creswell in den Höhlen damals fürchteten.
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