Berlin (Deutschland) – Seit dem Wochenende und noch bis zum 27. August 2023 ist in der Berliner Kunstbibliothek – sie liegt auf dem Kulturforum neben der Gemäldegalerie – die Ausstellung „UFO 1665“ zu sehen. Sie behandelt ein Himmelsereignis, das sechs Fischer aus Stralsund am 8. April 1665 erblickten. Demnach kämpften in der Luft Schiffe gegeneinander, und am Abend schwebte ein tellerförmiges Flugobjekt über einer Stralsunder Kirche St. Nikolai. Die Ausstellung ist wohl die erste einer deutschen Kulturinstitution zur UFO-Thematik. Der GreWi-Gastautor Dr. Ralf Bülow hat die Ausstellung besucht.
– Bei dieser Meldung handelt es sich um einen Beitrag von GreWi-Gastautor Dr. Ralf Bülow
Wer sich für historische UFO-Berichte interessiert, kennt die Klassiker. Am 14. April 1561 kämpften Kugeln, Kreuze und Zylinder über Nürnberg; am 7. August 1566 erlebte auch Basel ein Treffen von himmlischen Kugeln. Beide Ereignisse wurden in Flugblättern überliefert. Nun kommt zu ihnen ein drittes Himmelsspektakel: die Luftschlacht von Stralsund. Sie ist das Thema der Ausstellung „UFO 1665“, die die Kunstbibliothek Berlin noch bis zum 27. August 2023 zeigt (…GreWi berichtete).
Die Idee zur Ausstellung kam Dr. Moritz Wullen, dem Direktor der Bibliothek, nach der Authentifizierung von UAP-Videos durch das Pentagon im Frühjahr 2020; sie wurden unter den Namen „Tic Tac“, „Gimbal“ und „GoFast“ bekannt. Wullen recherchierte die Geschichte des Phänomens und stieß auf das Buch „Wonders in the Sky“ von Jacques Vallée und Chris Aubeck; dort fand er eine Passage über Vorfälle aus dem Jahr 1665 und der Gegend von Stralsund. So stand das Hauptthema der Schau fest. Danach sammelte der Kunsthistoriker weiteres Material, um das Thema zu vertiefen. Das Resultat kann man im 12 mal 25 Meter großen Ausstellungsraum der Bibliothek besichtigen. In 15 Tischvitrinen liegen unter reduzierter Beleuchtung 50 historische Werke, zum größten Teil Bücher; die zum Thema gehörenden Illustrationen sind aufgeschlagen. Die Bilder wurden außerdem kopiert und mit Begleittexten an den Wänden des Raumes angebracht. Vor dem Eingang befinden sich sechs Monitore mit aktuellen UAP/UFO-Reportagen.
Die Ausstellung gliedert sich in fünf Kapitel. Das erste, „Zeugen & Medien“ geht auf das Himmelsereignis und seinen Niederschlag in den Medien ein. Am 8. April 1665 beobachteten sechs Fischer aus Stralsund ein Gefecht zwischen Schiffen, die über der Ostsee schwebten. Am Abend des Tages tauchte in der Stadt ein fliegender Teller über der Sankt-Nikolai-Kirche auf. Am 10. April 1665 berichtete eine Flugschrift aus Stralsund darüber, etwas später erschien in Leipzig ein bebildertes Flugblatt. Bis 1689 wurde die Geschichte mehrfach in Drucken, Büchern und Zeitschriften aufgegriffen.
Das zweite Kapitel der Ausstellung, „Glaube“, widmet sich der Deutung solcher Vorgänge; sie fand, wie man sich denken kann, im christlich-religiösen Rahmen statt.
Kapitel 3, „Design“, befasst sich mit der künstlerischen Darstellung und mit Verbindungen zur Kriegs- und Luftfahrttechnik. Eine besondere Rolle spielt der Entwurf eines Fluggeräts mit vier Vakuum-Kugeln.
Der vierte Abschnitt, „Mythos“, analysiert den fliegenden Teller über der Stralsunder Kirche; der fünfte, „Horizont“, beleuchtet die Science Fiction des 17. und frühen 18. Jahrhunderts. Das letzte Bild der Ausstellung zeigt Micromégas aus der gleichnamigen Erzählung von Voltaire. Sie erschien 1752 und brachte den ersten Außerirdischen, der die Erde besuchte.
Aus den Wunderzeichen und „erschröcklichen“ Ereignissen, die aus der Barockzeit erhalten sind, liefert die Ausstellung nur einen kleinen Ausschnitt. Sie beweist aber, dass die UFO-Geschichte nicht erst 1947 mit Kenneth Arnold oder in Roswell begann. (Anm: Einen sachlichen Einwand möchte ich anmerken: Schiffe, die in der Luft schweben, haben oft weniger mit einer Fata Morgana zu tun, sondern basieren auf dem Phänomen des falschen Horizonts. Dabei liegt eine Dunstschicht über dem Wasser, und wenn hinter ihr ein Schiff fährt, scheint es sich manchmal über das Meer zu erheben.)
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Im Begleitprogramm zur Ausstellung lädt der Ausstellungsmacher unter anderem auch zu Podiumsgesprächen mit Prof. Hakan Kayal, der am Interdisziplinäres Forschungszentrum für Extraterrestrik (IFEX) an der Universität Würzburg als einziges akademisches Forschungsinstitut UFOs bzw. UAP an einer führenden Universität erforscht; mit Prof. Dr. Heike Rauer, der Direktorin des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR), Institut für Planetenforschung Berlin und GreWi-Herausgeber und Sachbuchautor („Deutschlands UFO-Akten“) Andreas Müller. Hinzu erschien im Wienand-Verlag ein Ausstellungskatalog gleichen Titels zur Ausstellung „UFO 1665“.
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© Ralf Bülow für grenzwissenschaft-aktuell.de