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Neue Physik? Universum expandiert tatsächlich schneller als bislang gedacht


Das System HE0435-1223 (Mitte) gehört zu den fünf besten bisher entdeckten Linsenquasaren. Die Vordergrundgalaxie erzeugt vier nahezu gleichmäßig verteilte Bilder des entfernten Quasars.

Copyright: NASA, ESA, Suyu (Max-Planck-Institut für Astrophysik), Auger (Universität Cambridge)

München (Deutschland) – Eine neue Messung der sogenannten Hubble-Konstante, die beschreibt, wie schnell sich unser Universum ausdehnt, zeigt, dass sich das sogenannte lokale Universum schneller ausdehnt, als der bislang anerkannte Wert. Damit bestätigt die Studie frühere Hinweise auf ein sich gegen dem bisherigen Lehrwert deutlich schneller expandierendes Universum und deutet „auf ein grundsätzliches Problem bei unserem Verständnis des Kosmos hin“, so die Forscher.

Wie das internationale Team aus Astronomen um Professorin Sher Suyu von der Technischen Universität München und am Max-Planck-Institut für Astrophysik aktuell im Fachjournal „Monthly Notices of the Royal Astronomical Society“ (MNRAS; DOI: 10.1093/mnras/stw3006) berichtet, nutzten sie für ihre Messung Galaxien als riesige Gravitationslinsen, um so die Hubble-Konstante – und damit eine der grundlegenden Größen zur Beschreibung des Universums – neu und genauer als zuvor zu vermessen.

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„Die neue Messung ist völlig unabhängig von anderen Messungen der Hubble-Konstante im lokalen Universum, die sogenannte ‚Cepheidensterne‘ und Supernovae (Sternenexplosionen) als Referenzpunkte verwendeten – stimmt aber ausgezeichnet mit ihnen überein“, so die Forscher der H0LiCOW-Kooperation (H0 Lenses in COsmograil’s Wellspring).

Wie Suyu und Kollegen allerdings feststellen, unterscheidet sich der jetzt gemessene Wert von Messungen des Planck-Satelliten in einem wichtigen Punkt: Planck hatte die Hubble-Konstante für das frühe Universum durch Beobachtung des kosmischen Mikrowellenhintergrundes gemessen.

„Während der Planck-Wert für die Hubble-Konstante mit unserem gegenwärtigen Verständnis des Kosmos übereinstimmt, stehen die Werte, die die Astronomen für das lokale Universum erhalten haben, im Widerspruch zum akzeptierten theoretischen Modell des Universums“, so die Astronomen und stellen als Fazit daraus weiter fest: „Wir schaffen es inzwischen, die Expansionsrate des Universums in unterschiedlicher Weise mit einer solch hohen Genauigkeit zu messen, dass dabei auftretende Diskrepanzen möglicherweise auf eine neue Physik hinweisen, die über unsere gegenwärtige Kenntnis des Universums hinausgeht.“

Hintergrund
Die Ziele der Untersuchung waren massereiche Galaxien zwischen den Beobachtern auf der Erde und sehr entfernten Quasaren, unglaublich leuchtkräftigen Galaxienkernen. Das Licht der Quasare wird durch die als starke Gravitationslinse wirkende, riesige Masse der Galaxie gebeugt. Dies erzeugt mehrere Bilder des Hintergrund-Quasars, einige werden zu Bögen verzerrt.


Montage der fünf von der H0LiCOW-Kooperation untersuchten Linsenquasare mit ihren Vordergrundgalaxien.

Copyright: NASA, ESA, Suyu (Max-Planck-Institut für Astrophysik), Auger (Universität Cambridge)

Da die Galaxien aber keine perfekt sphärischen Verzerrungen im Raum erzeugen und außerdem die Linsengalaxien und Quasare nicht perfekt hintereinander ausgerichtet sind, legt das Licht der verschiedenen Bilder des Hintergrundquasars etwas unterschiedliche Wege zurück, die auch unterschiedliche Längen aufweisen.

Die Helligkeit von Quasaren ändert sich mit der Zeit und so können die Astronomen sehen, dass die verschiedenen Bilder zu unterschiedlichen Zeiten aufflackern. Die Verzögerungen dazwischen sind dabei abhängig von der zurückgelegten Weglänge des Lichts und stehen in direktem Zusammenhang mit dem Wert der Hubble-Konstante.
Quelle: TU München

„Unsere Methode ist die einfachste und direkteste Methode, um die Hubble-Konstante zu messen, da sie nur Geometrie und Relativitätstheorie verwendet, keine weiteren Annahmen“, erklärt Co-Autor Frédéric Courbin von der École polytechnique fédérale de Lausanne (EPFL).

Anhand der Zeitverzögerungen zwischen den einzelnen Bildern sowie von Computermodellen konnten die Wissenschaftler nun den neuen Wert der Hubble-Konstante mit hoher Präzision ermitteln.

„Die genaue Kenntnis vom möglichst präzisen Wert der Hubble-Konstante ist für die moderne Astronomie dabei von entscheidender Bedeutung und bei der Beantwortung der Frage behilflich, ob unser Bild des Universums – bestehend aus dunkler Energie, dunkler Materie und normaler Materie – korrekt ist oder ob wir etwas Grundsätzliches übersehen haben“, so die Autoren der Studie abschließend.

WEITERE MELDUNGEN ZUM THEMA
Neuste Messung zeigt: Das Universum dehnt sich schneller aus, als es sollte 12. April 2016

© grenzwissenschaft-aktuell.de

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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