Untersuchungen der “Meerjungsfrau-Mumie” von Enjuin liegen vor
Kurashiki (Japan) – Der Sage nach beheimatet dar Enjuin-Tempel in der Präfektur Okayama schon seit 300 Jahren die Trockenmumie einer sogenannten Amabie, einer Art Meerjungsfrau der japanischen Mythologie. Im vergangenen Frühjahr haben Wissenschaftler diese Mumie nun wissenschaftlichen Analysen unterzogen. Deren Ergebnis liegt nun vor.
Mit Erlaubnis des obersten Priesters des Enjuin-Tempels, Kozen Kuida, unterzog das Team um Hiroshi Kinoshita von der Okayama Folklore Society, dem Paläonthologen Takafumi Kato von der Kurashiki University of Science and the Arts (KUSA) und des Kurashiki Museum of Natural History die „Mumie“ im vergangenen Jahr einer ganzen Reihe non-invasiver Untersuchungen, darunter wie Röntgen-, CT-Aufnahmen und Mikroskop-, DNA- und C14-Analysen (…GreWi berichtete).
Hintergrund
Tatsächlich ist die „Meerjungfrau-Mumie“ im Enjuin Tempel nicht die einzige ihrer Art und ähnliche Exemplare werden etwa am Berg Koyasan in der Präfektur Wakayama oder auf der Insel Amami-Oshima aufbewahrt und verehrt. Laut Kinoshita besteht mindestens eine dieser Mumien aus dem mit dem Oberkörper eines Affen zusammengesetzten Unterleib eines Lachses.Angeblich mumifizierte Meerjungfrauen und Wassermänner, bei denen es sich jedoch tatsächlich um aus unterschiedlichen Tierteilen und anderen Materialien zusammengesetzte Präparate handelt, sind aber nicht nur aus Japan und Asien bekannt und wurden schon seit dem 16. Jahrhundert in zahlreichen Varianten und an verschiedenen Orten hergestellt. Besonders im 19. Jahrhundert wurden sie gerne auf Jahrmärkten und in Kuriositätenkabinetten in Europa und Amerika als vermeintlich echte Meerjungfrau-Mumien gezeigt. Schon 2021 offenbarten britische Wissenschaftler die Machart der sogenannten „Buxton Mermaid“ (siehe Abb. l., Copyright: David Padley, lincoln.ac.uk …GreWi berichtete).
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Laut den Sagen der japanischen Folklore soll die Enjuin-Mumie eine sogenannte Amabie darstellen – ein Fabelwesen der japanischen Folklore, dass über die Kraft verfügen soll, Seuchen abzuwehren. Die genaue Historie und Provenienz der Mumie ist nicht eindeutig belegt. Eine handschriftliche Notiz in Reliquienkiste, in der die “getrocknete Meerjungfrau” aufbewahrt wird, besagt jedoch, dass diese zwischen 1736 und 1741 von Fischern mit einem Netz in der heutigen Provinz Kochi (damals Tosa) gefangen wurde. 40 Jahre lang war die etwa 30 Zentimeter große Mumie zuletzt in einer Vitrine im Tempel öffentlich zu sehen. Mittlerweile wird sie allerdings in einem speziellen Safe aufbewahrt, um weitere Zersetzung zu verhindern.
Während die Forschenden zunächst vermuteten, dass es sich um ein Stückwerk aus verschiedenen Tierkörperteilen handelt, zeichnen die Ergebnisse nun ein anderes Bild: Die KUSA-Pressemitteilung erläutert dazu, dass dem Körper – mit Ausnahme eines vorhandenen Unterkiefers – jegliches Skelett fehle (siehe Röntgenaufnahme). Im Gegensatz zu anderen und späteren „Meerjungfrau-Mumien“ (etwa der „Buxton-Mermaid, siehe „Hintergrund“) handelt es sich also nicht um die zusammengenähten Körperhälften von Fischen und Primaten. Auch wurde zum Aufbau des Körpers keine Holzkonstruktion verwendet. Stattdessen besteht der Körper hauptsächlich aus Leinen, Baumwolle und Papier, das mit einer Paste aus Kohlepulver und Sand bestrichen und verklebt wurde. Der Kopf selbst wurde aus Baumwolle und einer Gips-artigen Substanz geformt. Die Haare und Schuppen an dem Körper stammen von Säugetieren und einem Umber. Der obere Teil des Körpers ist zudem mit der Haut eines Kugelfischs überzogen. Die Fingernägel sind ebenfalls tierischer Herkunft und wurden vermutlich aus Horn geschnitzt. Der Unterkiefer stammt hingegen von einem Raubfisch. Die Radiokarbondatierung einiger der Fischschuppen zeigt, dass die “Mumie” rund hundert Jahre jünger ist, als es die Notiz in der Reliquienkiste behauptet.
Die Mumie soll nun an den Tempel zurück gegeben werden. Ob sie vor dem Hinterrund der Untersuchungsergebnisse auch weiterhin Gegenstand der Anbetung sein wird, ist derzeit unklar.
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Rechercherquelle: KUSA
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