Urzeit-Hai Megalodon war länger und schlanker

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Chicago (USA) – Funde gewaltiger Zähne und nicht zuletzt Hollywoods Monsterfilme haben zur Vorstellung vom Megalodon als schlicht gigantische Version eines Weißen Hais beigetragen. Die Wissenschaft zeichnet mittlerweile jedoch ein anderes Bild des gewaltigen Urzeit-Hais.
Basierend auf den Forschungsergebnissen der vergangenen Jahre und neuster Analysen, legt eine aktuell im Fachjournal „Palaeontologia Electronica“ (DOI: 10.26879/1502) veröffentlichte Studie nahe, dass der prähistorische Jäger einen deutlich längeren Körper hatte, der eher dem eines Zitronenhais oder sogar eines großen Wals ähnelte.
Knochenvergleiche mit heutigen Haiarten
Das internationale Forschungsteam um Professor Kenshu Shimada von der DePaul University hat eine neue Methode zur Schätzung der Körperlänge des Megalodons angewandt, die über die bisher üblichen Vergleiche mit Zahnfunden hinausgeht. „Durch die Untersuchung der Wirbelsäule des Megalodons und den Vergleich mit über 100 lebenden und ausgestorbenen Haiarten konnten genauere Proportionen für Kopf, Körper und Schwanz ermittelt werden.“

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Die nun aktualisierten Forschungsergebnisse deuten darauf hin, dass der Megalodon (Otodus megalodon) eine Länge von etwa 24 Metern erreichte – ungefähr so lang wie zwei Schulbusse. Sein Gewicht könnte somit rund 94 Tonnen betragen haben, vergleichbar mit einem großen Blauwal. „Allerdings war sein Körper eher für energiesparendes Gleiten durch das Wasser ausgelegt als für dauerhaftes Hochgeschwindigkeitsschwimmen.“
Schlanker Jäger statt massiges Räubertier
Anstatt also einem übergroßen Weißen Hai zu ähneln, sah der Megalodon tatsächlich eher aus wie ein riesiger Zitronenhai (Negaprion brevirostris) – mit einem schlankeren, verlängerten Körperbau. Tatsächlich ergebe diese Form auch viel mehr Sinn für effiziente, haiartige Fortbewegung im Wasser.

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Während Weiße Haie über einen kompakten, torpedoförmigen Körper mit einem breiten, zum Schwanz hin spitz zulaufenden Mittelteil verfügen und so zu schnellen Sprints in der Lage sind, haben Zitronenhaie eine gleichmäßigere, längliche Körperform, die weniger abrupt ausläuft. Diese stromlinienförmige Struktur ermöglicht ein gleichmäßigeres, energiesparendes Schwimmen.
„Wie Flugzeuge oder olympische Schwimmer müssen auch Haie den Wasserwiderstand minimieren, um sich effizient fortzubewegen,“ erklärt Tim Higham, ein Biologe an der University of California in Riverside. „Man schwimmt mit dem Kopf voraus, weil das effizienter ist, als mit dem Bauch voran zu schwimmen. Die Evolution tendiert oft zu mehr Effizienz.“
Die Studie unterstreicht, dass große Meerestiere – seien es Haie, Wale oder ausgestorbene Meeresreptilien – ähnlichen Gesetzen der Physik folgen, wenn es um Körperproportionen geht. „Die Physik des Schwimmens setzt Grenzen dafür, wie massig oder gestreckt ein riesiges Raubtier sein kann,“ so Higham.
Megalodons Schwimmstil: Effizient, aber nicht blitzschnell
Zudem liefert die Studie auch neue Erkenntnisse darüber, wie sich der Megalodon bewegte. Während bislang umstritten war, ob er ein schneller Jäger oder eher ein langsamer Gleiter war, deuten die neuen Erkenntnisse auf eine Mischform hin. „Der Megalodon dürfte in einem moderaten Tempo geschwommen sein, konnte aber wohl kurze Sprints einlegen, um Beute zu fangen. Ständiges Hochgeschwindigkeitsschwimmen wäre jedoch aufgrund seiner enormen Energieanforderungen ineffizient gewesen.“
Die Ergebnisse legen auch nahe, dass Megalodon-Jungtiere bereits bei der Geburt fast vier Meter lang gewesen sein könnten – etwa so groß wie ein auswachsener Weißer Hai heute. Auf diese Weise wäre es durchaus möglich, dass Megalodon-Babys schon kurz nach der Geburt Meeressäuger jagten, vermuten die Forschenden.
Hintergrund
Während die größten heute lebenden Haie in Form des berühmten Weißen Hai eine Länge von etwas mehr als 4-6 Metern und eine Beißkraft von zwei Tonnen erreichen können, kann die tatsächliche Größe Megalodon (Otodus megalodon) nur noch geschätzt werden. Der Grund hierfür liegt in dem Umstand, dass bislang nur versteinerte Zähne und wenige Wirbel des Megalodon gefunden wurden, da Haie zu den Knorpelfischen gehören und Knorpel sich nur schlecht erhält. Doch allein diese Funde belegen, dass der Megalodon selbst seine heute noch lebenden größten Verwandten an Größe, Körpermasse und damit einhergehender Beißkraft um ein Vielfaches übertraf. Bisherige Rekonstruktionen des Megalodon auf der Grundlage der Zahnfunde (s. Abb.; Copyright: janeb13/pixabay.com) deuten daraufhin, dass der Urzeithai die Körperlänge eines heutigen Weißen Hais um mehr als das Doppelte übertraf – bislang wurde seine Körperlänge auf 16-20 Meter geschätzt – und eine Bisskraft von über 10 Tonnen besaß. Zwar gibt es immer wieder Berichte über Sichtungen ungewöhnlich größer Haie, sowie bizarre Vorfälle, die selbst einige Forscher skeptisch machen (soiehe folgenden Links), doch gilt der Megalodon allgemein als spätestens seit drei Millionen Jahren ausgestorben.“Wir brauchen ein größeres Boot”: Halber Hai sorgt für Spekulationen 24. Februar 2017
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Ein Schlüsselergebnis dieser Studie war die Identifikation des Zitronenhais als bestes modernes Vergleichsmodell für den urzeitichen Megalodon. „Im Gegensatz zum Weißen Hai hat der Zitronenhai eine gestrecktere Körperform.“ Als die Forscher die Proportionen eines Zitronenhais auf die geschätzte Länge des Megalodons hochrechneten, ergab sich eine nahezu perfekte Übereinstimmung.
Neue allgemeine Erkenntnisse zum Gigantismus im Tierreich
„Diese Forschung verfeinert nicht nur unser Bild vom Megalodon, sondern bietet auch einen Rahmen für das Studium der Auswirkungen von Größe auf die Fortbewegung mariner Lebewesen,“ so Professor Phillip C. Sternes von SeaWorld und San dem Bernardino Valley College in Kalifornien.
Neben einer neuen Vorstellung vom Megalodon liefert die Studie auch allgemeine Erkenntnisse darüber, warum nur bestimmte Tiere gigantische Ausmaße erreichen können.
„Gigantismus bedeutet nicht nur, größer zu werden – es erfordert auch die richtige Körperstruktur, um auf dieser Größe zu überleben. Der Megalodon war vielleicht eines der extremsten Beispiele dafür.“
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Recherchequelle: DePaul University, University of California – Riverside
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