US-Regierung ringt um neue Positionen bei der Geheimhaltung

Symbolbild: Geheimhaltung in den USA. Copyright: TayebMEZAHDIA (via Pixabay.com) / Pixabay License
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Symbolbild: Geheimhaltung in den USA. Copyright: TayebMEZAHDIA (via Pixabay.com) / Pixabay License

Symbolbild: Geheimhaltung in den USA.
Copyright: TayebMEZAHDIA (via Pixabay.com) / Pixabay License

Washington (USA) – Geheimhaltung durch Regierungen und ihre Organe, Militär und Geheimdienste gibt es zu fast allem. Während Geheimhaltung in einigen Aspekten durchaus Sinn macht und wichtig sein kann, führt sie zugleich auch zu politischer Unsicherheit und Zweifel in der Bevölkerung, die sich bevormundet fühlt. Auch kann staatliche Geheimhaltung wissenschaftliche Prozesse behindern. Die US-Regierung plant derzeit, ihre Positionen in Sachen staatliche Geheimhaltung kritisch zu überprüfen und die Klassifizierungssysteme zu entschlacken.

Alleine in den USA besteht die Gemeinschaft der Geheimdienste aus 18 voneinander unabhängigen Geheimdiensten. Laut einem Bericht des US-Politik-Magazins „Politico.com erklärt die Biden-Regierung, dass der Staat zu viele Geheimnisse vor seinen Bürgern hat und will das Verhältnis und die Regeln zur Klassifizierung von staatlichen Informationen neu ordnen. Die Geheimdienste selbst sehen das erwartungsgemäß anders.

Der nationale Geheimdienstrat der USA, der National Security Council, hat hierzu diesen Sommer eine Überprüfung des teilweise auf 80 Jahre alten Gesetzen beruhenden und oft als willkürlich empfundenen Klassifizierungssystems in den USA angestoßen, das von politischen Vertretern beider Parteien, Demokraten und Republikanern oft als sowohl die nationale Sicherheit wie auch die Demokratie untergrabend wahrgenommen wird.

Hintergrund: Wie Geheimhaltung auch die Wissenschaft behindern kann
Am 8. Januar 2014 registrierten Satelliten des US-Verteidigungsministeriums den Eintritt eines Meteors in die Erdatmosphäre und dessen Sturz in den Pazifik vor Papua-Neuguinea.

Anhand der gemessenen Geschwindigkeit und Bahndaten berechneten die Harvard-Astronomen Avi Loeb und Amir Siraj, dass das Objekt ursprünglich von außerhalb des Sonnensystems stammen musste und identifizierten es damit als ersten offiziellen Meteor extrasolarer Herkunft – und das drei Jahre bevor mit dem Objekt ʻOumuamua das damals also vermeintlich „erste“ als solches erkannte extrasolare Objekt, das unser Sonnensystem durchflog (…GreWi berichtete).

Obwohl dieser Umstand schon zuvor errechnet worden war, wurde die Entdeckung lange Zeit infrage gestellt und konnte nicht ordentlich wissenschaftlich publiziert werden. Der Grund: Es sich um Satellitendaten des US-Verteidigungsministeriums und diese waren nicht im vollen Umfang und transparent einseh- und unabhängig überprüfbar. Siraj und Loeb konnten ihre Berechnungen erst 2022 publizieren, nachdem das Verteidigungsministerium die Korrektheit der Daten zu 99,999 Prozent bestätigt hatte.

Auch für die Erforschung des UFO-Phänomens steht die Geheimhaltung nicht nur der historischen Aufarbeitung von Vorfällen und Sichtungen, wie etwa dem Roswell-Absturz oder Sichtungen unidentifizierter Flugobjekte über militärischen Einrichtungen und Anlagen, sondern auch dem aktuell wiedererwachten politischen und wissenschaftlichen Interesse im Wege. Auch hier verhindert die Geheimhaltung oft den Zugang gerade zu jenen Daten und Informationen, anhand derer sich vermutlich die meisten und wichtigsten Informationen über einen Vorfall ablesen lassen würden. Jüngstes Beispiel sind etwa die vom US-Verteidigungsministerium freigegebenen und authentifizierten UFO-Videos von Navy-Piloten: Was hier freigegeben wurde, sind letztendlich lediglich die visuellen Mitschnitte der bildgebenden Systeme. Wie das Pentagon selbst bestätigte, gibt es zu diesen Aufnahmen aber auch noch weitere Daten, wie etwa jene des Radars und der telemetrischen Aufklärung – allerdings sind diese sensiblen Daten von einer Veröffentlichung bislang ausgeschlossen (…GreWi berichtete).

Und auch wenn die Gründe der Geheimhaltung dieser Daten angesichts der aktuellen weltpolitischen Lage im Spannungsfeld der USA und der NATO mit Russland und China aus sicherheitspolitischen Gründen verständlich und nachvollziehbar sein mögen, ist sie aus wissenschaftlichen Gesichtspunkten fatal.

Selbiges gilt für die Unterteilung der UFO-Anhörungen vor dem US-Kongress in einen öffentlichen und einen geheimen Teil: Während die Öffentlichkeit und damit auch die freie und unabhängige Forschung und Wissenschaft nur mit vordergründigen Minimal-Informationen bedient wurde, verwiesen die Teilnehmer immer dann, wenn es eigentlich interessant und aufschlussreich geworden wäre, auf den geheimen Teil der Anhörung (…GreWi berichtete).

Nicht zuletzt aus diesem Grund bemüht sich denn auch etwa das „Galileo Project“ des Harvard-Astronoms Prof. Avi Loeb um eigene und von staatlichen oder gar militärisch-geheimdienstlichen – und damit klassifizierten – Quellen unabhängige Daten zu unidentifizierten Flugobjekten und Phänomenen im Luftraum (…GreWi berichtete).

Hierzu erläuterte das „Galileo Project“ zu Beginn in einer Pressemitteilung:

„Das Galileo-Projekt ist nur an offen verfügbaren wissenschaftlichen Daten und deren transparenter Analyse interessiert. Somit können klassifizierte (staatliche/militärische) Informationen, die nicht in vollem Umfang und mit allen Wissenschaftlern geteilt werden können, nicht verwendet werden. Solche Informationen würden den Umfang unseres wissenschaftlichen Forschungsprogramms beeinträchtigen, das darauf abzielt, valide wissenschaftliche Daten zu sammeln und eine transparente (für Peer-Reviews offene) Analyse dieser Daten bereitzustellen.“ (…GreWi berichtete).

„Die Biden-Regierung ist der Ansicht, dass eine Reform des Klassifizierungssystems erforderlich ist, um Informationen breiter zwischen Regierungsbehörden und mit Verbündeten auszutauschen und potenzielle Feinde, insbesondere die aggressiven Desinformationskampagnen Russlands und Chinas, wirksamer zu bekämpfen“, berichtet Politico.

Neben dem Austausch mit alliierten Partnern soll die Reform der US-Sicherheitsbürokratie aber auch zu mehr Transparenz gegenüber den US-amerikanischen Bürgern führen – gerade auch, wenn es um vergangenen Regierungshandlungen geht, die von der amerikanischen Öffentlichkeit geheim gehalten wurden.

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„Es liegt im besten Interesse unserer Nation, gegenüber der amerikanischen Öffentlichkeit so transparent wie möglich in Bezug auf Aufzeichnungen und Aktivitäten der US-Regierung zu sein“, zitiert das Magazin einen in den Überprüfungsprozess eingeweihten US-Regierungsbeamten. „Wir werden untersuchen, wie technologische Fortschritte die Freigabe beschleunigen können (…) und einen größeren Informationsaustausch ermöglichen.“

Allerdings vermuten politische Beobachter, dass dieser Schritt nicht ohne Gegenwehr der Geheimdienste ablaufen wird und verweisen auf ähnliche Bemühungen früherer Administrationen, deren Absichten von der Geheimdienst-Lobby schlussendlich starkaufgeweicht wurden.

Wie Politico weiter berichtet, schätzt die US-Archivbehörde, dieThe National Archives and Records Administration”, dass Regierungsstellen in den USA jedes Jahr viele Petabytes (also Millionen von Gigabites) an klassifizierten Daten erzeugen – ein Trend, der sich seit den Anschlägen vom 11. September 2001 zunehmend verstärkt habe. Dieses aufgeblähte Klassifizierungs- und Geheimhaltungssystem verschlinge jedes Jahr zudem Milliarden von US-Steuergeldern, während nur ein Bruchteil davon für die Deklassifizierung, also das Aufheben von Geheimnisbeschränkungen, investiert wird: In einer öffentlichen Anhörung im vergangenen Mai (2022) kritisierte die Senatorin Elizabeth Warren gegenüber der Direktorin der US-Geheimdienste, Avril Haines, dass 18 Milliarden US-Dollar zum Schutz des Klassifizierungssystem ausgegeben wurden, währen zur Deklassifizierung nur 102 Millionen US-Dollar aufgewendet wurden. „Dieses Verhältnis sollte in einer Demokratie ein anderes sein“, so die Senatorin.

– Den vollständigen Politico-Artikel finden Sie HIER




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Recherchequelle: Politico.com, eigenen Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de

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