Saarbrücken (Deutschland) – Bereits am 19. April 2023 zeigte der Leiter der US-UFO/UAP-Untersuchungsbehörde „AARO“ eine Weltkarte mit darauf ausgewiesenen „UAP-Hotspots“. Einer dieser Hotspots liegt demnach auch über Polen. Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) erklärt, warum.
Schon in der Berichterstattung über die Kongressanhörung vom 19. April erläuterte GreWi: „Bei der Weltkarte unten rechts handelt es sich um eine Abbildung jener weltweiten Regionen mit verstärkter UAP-Aktivität (Hotspots), zu denen dem AARO Daten zur Verfügung stehen: ‚Es fällt auf, dass es hier eine starke Sammlungsverzerrung (collection bias) sowohl (wie schon zuvor gezeigt) in den Höhenregionen als auch ortsbezogen gibt. Die hier abgebildeten Hotspots markieren also auch jene Orte, an denen unsere Sensoren (geballt) existieren. Hier finden sich unsere Übungs- und Einsatzgebiete und hier sind auch unsere (Beobachtungs-)Plattformen.‘ (…) Gerade diese Karte ist auch aus europäischer Sicht interessant, zeigt sie doch einen der UAP-Hotspots über Mittel- und Osteuropa. Leider ist die Karte selbst sehr klein und entsprechend niedrig aufgelöst, um hier eine genaue geografische Zuordnung zu ermöglichen. Dennoch liegt der europäische UAP-Hotspot unmittelbar unterhalb Skandinaviens und damit in etwa über Polen, verläuft vielleicht sogar im Grenzgebiet zwischen Polen und Deutschland? (…)“
Während die Kartenansicht Dr. Sean Kirkpatricks Vortrag vor dem US Senatsunterausschusses „United States Senate Committee on Armed Services” bzw. “Senate Armed Services Committee” (SASC) vom 19. April 2023 also noch ungenau war, zeigte der Leiter der „All-Domain Anomaly resolution Office“ (AARO) auch bei seinem Vortrag am öffentlichen Treffen der Mitglieder der unabhängigen UAP Studie der NASA (UAPIST, UAP Independent Study) am 31. Mai 2023 die Karte erneut. Da die NASA zu allen Vorträgen auch die dazugehörigen PDF-Dateien der Präsentationsfolien veröffentlicht hat, liegt die (zudem auch noch aktualisiert) Karte mittlerweile in besserer Qualität vor. Nun wird auch ohne größere Kartografie-Kenntnisse deutlich, dass der europäische UAP-Hotspot nahezu deckungsgleich über Polen liegt.
Wenn aber die in der Karte ausgewiesenen UAP-Hotspots, wie von Kirkpatrick ausgeführt, nicht per se durch ein dort erhöhtes UAP-Aufkommen, sondern vielmehr durch die Konzentration US-amerikanischer Sensorik an diesen Orten erklärt werden können, so stellt sich die Frage, warum die Karte nicht auch andere Orte mit großen US-Stützpunkten ausweist? So sollte man alleine aufgrund des enormen Inventars an Standorten wie Ramstein oder Spangdalem u.a. auch hier vermehrt UAP/UFO-Detektionen erwarten (…oder wird diese aus Sicherheitsgründen nicht ausgewiesen?).
Während letztere Frage bis auf Weiteres unbeantwortet bleibt, erklärt sich zumindest der UAP-Hotspot über Polen aufgrund der dortigen militärischen Aktivitäten in den vergangenen Jahren recht gut.
Wie ein Experte gegenüber Grenzwissenschaft-Aktuell.de (GreWi) erklärte, geht dieser Hotspot mit ziemlicher Sicherheit auf die Zunahme von ISR-Aktivitäten über Polen, nicht zuletzt natürlich auch und gerade in Folge des Angriffskrieges Russlands gegen die Ukraine (seit Februar 2022) zurück.
Das Kürzel „ISR“ steht dabei für „Intelligence, Surveillance and Reconnaissance“. Laut NATO, ist die „gemeinsame geheimdienstliche Aufklärung, Überwachung und Erkundung“ (Joint Intelligence, Surveillance and Reconnaissance) für alle militärischen Operationen von entscheidender Bedeutung. Sie ermöglicht den Entscheidungsträgern und Akteuren ein besseres Situationsbewusstsein für die Bedingungen am Boden, in der Luft, auf See, im Weltraum und im Cyberbereich. Verbündete arbeiten zusammen, um Informationen mit größtmöglicher Wirkung zu sammeln, zu analysieren und auszutauschen. Dies macht Joint ISR zu einem einzigartigen Beispiel für Zusammenarbeit und Lastenteilung im gesamten Bündnis.“
Tatsächlich verstärkten sowohl das „Europäisches Kommando der Vereinigten Staaten“ (United States European Command, EUCOM) als auch die NATO seit 2019 das ISR-Inventar durch zusätzliche Flugzeuge und Drohnen gerade im osteuropäischen Raum und hier ganz konkret über Polen und Rumänien. Wie das „Air&Space Forcels Magazine“ im Dezember 2019 berichtete, hatte die Aufstockung des Inventars, etwa um neue ferngesteuerte Flugzeuge (Drohnen) sowie die Neupositionierung der in der Region bereits stationierten Flugzeuge das Ziel, „Hinweise und Warnungen über mögliche russische Aktivitäten zu verbessern“.
Wie das Magazin weiter ausführt, gehörte zu dieser Aufstockung auch der Einsatz zusätzlicher Aufklärungsdrohnen vom Typ RQ-4 Global Hawk Block 40 (RQ-4B Block 40), die über AESA-Seitensichtradar MP-RTIP (Multi-Plattform Radar Technology Insertion Program) AN/ZPY-2 verfügt, mit dem auch hochauflösende Radarkarten erstellt werden können.
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Zudem berichtete das „Air&Space Forces Magazine“ über die Verlegung einer zuvor in Polen stationierten Einheit von „MQ-9“-Drohnen auf die rumänische Air Base Campia Turzii. Es waren US-Drohnen dieses Typs, die unter anderem ein kugelförmiges Flugobjekt über einem nicht genau genannten Ort im Nahen Osten filmten, das von Dr. Kirkpatrick als (wenn auch relativ unspektakuläres) Beispiel für die deutliche Mehrheit der an das AARO gemeldeten UAP/UFOs gezeigt wurde (…GreWi berichtete).
Gegenüber den Mitgliedern der NASA-UAP-Studie erklärte Kirkpatrick dann am 31. Mai 2023 zu dieser Aufnahme: „Wir sehen hier eine kugelförmige, metallische Kugel (Orb). (…) Das ist ein typisches Beispiel für jene Dinge, die wir am meisten sehen. Wir sehen diese (Kugeln) weltweit und wir beobachten, dass diese (Objekte) sehr interessante Manöver vollziehen. Ich möchte jedoch unterstreichen, dass in diesem konkreten Beispiel [Naher Osten 2022] diese Kugel keine rätselhaften Fähigkeiten aufzeigte und keine Bedrohung für die Flugsicherheit darstellte.“
Dass und wie ISR-Systeme und Aktivitäten auch und gerade im aktuellen Krieg Russlands gegen die Ukraine eine bedeutende Rolle spielen, erläutert unter anderem ein ausführlicher Artikel des Luftfahrt-Portals „Key.aero„ im Juni 2022. Hier zeigt eine Karte das Einsatzgebiet von ISR-Inventar der NATO am Beispiel der Einsätze vom 20. Mai 2022. Das markierte geografische Zentrum (blau/lila) dieser Aktivität ist interessanterweise mit dem von der AARO ausgewiesenen „UAP-Hotspot“ über Polen nahezu identisch.
Hintergrund: „UFO-Kugeln“ auch über Polen?
Wie schon von Kirkpatrick dargelegt, handelt es sich bei den meisten der an das AARO gemeldeten UAP/UFOs um „metallische Kugeln“. Während UFO-Skeptiker dahinter eher gewöhnliche Folienballons vermuten, unterstrich der AARO-Leiter nun bereits mehrfach, dass einige dieser „metallic orbs“ auch ungewöhnliche und sehr „interessante Manöver“ vollziehen. Demnach darf davon ausgegangen werden, dass es sich um Flugbewegungen handelt, die eben nicht dem Driften eines Ballons mit dem Wind entsprechen. Da eine Kugel selbst keine aerodynamischen Eigenschaften besitzt und somit eigentlich ohne wie auch immer geartete Antriebe und Stabilisation nicht fliegen können sollte, bleibt die Frage weiterhin offen, um was es sich bei diesen kugelförmigen Flugobjekten also handelt. Bislang hat die AARO allerdings nur Videos veröffentlicht, auf denen solche Objekte ohne die beschriebenen „interessanten Manöver“ zu sehen sind. Somit ist nicht auszuschließen, dass es sich bei dem „Orb“ auf der MQ-9-Aufnahmen aus dem Nahen Osten von 2022 oder einer UFO-Kugel, die am 23. Mai 2022 von der AARO-Vorgängerinstitution bei einer Anhörung vor dem US-Kongress gezeigt wurde (…GreWi berichtete, siehe folgendes Video), nicht auch um Folienballons handelt.Tatsächlich sind aus der UFO-Literatur und Forschungsgeschichte aber auch schon teils spektakuläre Sichtungen solcher „metallischen Kugeln“ aus Polen bekannt. Am bekanntesten (und wie in solchen Fällen erwartungsgemäß auch umstrittensten) dürfte hierbei ein Vorfall sein, der sich 2008 nahe dem Dorf Zdany in Ostpolen ereignete:
Weitere Aufnahmen metallisch wirkender kugelförmiger Flugobjekte über Polen wurden bereits über verschiedene Online-Portale geteilt und dienen im Folgenden als Beispiele dieser Sichtungen. (Anm. GreWi: die Authentizität der Aufnahmen ist bislang weder eindeutig be- noch widerlegt, noch wurden diese Aufnahmen im Rahmen von AARO-Vorträgen genutzt.)
Offen bleibt weiterhin die Frage, warum sich aufgrund der sonstigen US-präsenz in Europa und Deutschland nicht auch andere Regionen als UAP-Hotspots ausweisen? Die Antwort auf diese Frage, die GreWi-Herausgeber Andreas Müller an das AARO gestellt hat, steht weiterhin aus.
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Recherchequellen: Eigene Recherchen grenzwissenschaft-aktuell.de, airandspaceforces.com, Key.aero, NASA,, AARO (US Dept. of Defense), NATO
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