„Verlorener Planet“ ebnet Wege zur Wiederentdeckung lebensfreundlicher ferner Planeten
Coventry (Großbritannien) – Die Wiederentdeckung eines buchstäblich „verlorenen Planeten“ könnte den Weg für die Entdeckung zahlreicher weiterer Welten innerhalb der lebensfreundlichen Zonen ferner Planetensysteme ebnen.
Wie Astronomen um Dr. Samuel Gill von der University of Warwick aktuell im Fachjournal „Astrophysical Journal Letters“ (DOI: 10.3847/2041-8213/ab9eb9) berichten, gehört der wiedergefundene Planet zu Hunderten sog. verlorener Exoplaneten, die sie mittels einer neuen Methode zur Suche und Charakterisierung nach kühleren und potenziell lebensfreundlichen Planeten einsetzen.
Der Planet selbst besitzt die Größe und Masse unseres Saturns mit einer Umlaufperiode von fünfunddreißig Tagen auf einer Umlaufbahn, die ihn fünfmal näher an seinen Stern heranführt, als die Erde an unsere Sonne. Der Stern trägt die Bezeichnung „NGTS-11“ und ist rund 620 Lichtjahren von unserem Sonnensystem entfernt.
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Entdeckt wurde der Planet mit der Bezeichnung „NGTS-11b“ ursprünglich 2018 auf der Suche nach Planeten unter Nutzung von Daten des TESS-Teleskops. Dieses verwendet die sogenannte Transitmethode, um Planeten zu entdecken, wenn diese vor der „Sonnenscheibe“ ihres Sterns in einem sog. Transit vorbeiziehen und dabei das Licht ihres Sterns für die Transitdauer charakteristisch abdunkeln (s. folgendes Video). TESS scannt die einzelnen Himmelsregionen allerdings nur 27 Tage lang. Dies bedeutet wiederum, dass viele der Planeten mit längeren Umlaufperioden nur einmal in den TESS-Daten auftauchen. Ohne eine zweite Beobachtung gilt ein Planet für einen eindeutigen Nachweis jedoch als „verloren“.
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Das von der University of Warwick geleitete Team verfolgten nun einem dieser „verlorenen“ Planeten mit ihren Teleskopen bei der „Next-Generation Transit Survey“ (NGTS) in Chile und beobachteten den Stern nun neunundsiebzig Nächte lang. Dabei erwischten die Astronomen und Astronominnen den Planeten zum zweiten Mal beim Transit, fast ein Jahr nach dem ersten festgestellten Transit.
„Durch die Jagd nach diesem zweiten Transit haben wir einen Planeten mit längerer Periode gefunden“, berichtet Gill. „Es ist der erste von hoffentlich vielen solchen Funden mit längeren Umlaufperioden. Diese Entdeckungen sind selten aber sehr wichtig, da sie es uns ermöglichen, Planeten mit längerer Umlaufperiode zu finden, als viele andere Durchmusterungen. Planeten mit längerer Umlaufperiode sind in der Regel kühler, eher wie die Planeten in unserem eigenen Sonnensystem.“
Tatsächlich hat „NGTS-11b“ eine Temperatur von nur 160 Grad Celsius – immer noch heiß, aber schon kühler als Merkur und Venus. Obwohl dies zwar immer noch für Leben, wie wir es von der Erde kennen, zu heiß ist, liegt diese Temperatur doch deutlich näher an jenen der sogenannten „habitablen Zone“ als die vieler zuvor entdeckter Planeten, die typischerweise Temperaturen über 1000 Grad aufweisen.“ Bei der habitablen, also lebensfreundlichen Zone handelt es sich um jene Abstandsregion, innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit aufgrund milder Temperaturen Wasser in flüssiger Form – und damit die Grundlage des irdischen Lebens – auf seiner Oberfläche existieren kann.
Co-Autor Dr. Daniel Bayliss von der University of Warwick erläutert hierzu: „Unser Planet befindet sich auf einer Umlaufbahn von 35 Tagen Dauer, was eine viel längere Zeitspanne ist, als wir sie normalerweise finden. Es ist aufregend, die lebensfreundliche Zone so nah vor uns zu sehen.“
„Es gibt Hunderte von einzelnen Transiten, die von TESS entdeckt wurden, zu denen es aber keine zweite Beobachtung gibt, und die wir mit dieser Methode überwachen werden“, erläutert Gill abschließend. Auf diese Weise können wir nun kühlere Exoplaneten aller Größen entdecken, einschließlich Planeten, die denen in unserem eigenen Sonnensystem ähneln. Einige davon werden kleine felsige Planeten in der habitablen Zone sein, die kühl genug sind, um flüssige Wassermeere und möglicherweise außerirdisches Leben zu beherbergen.“
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Quelle: University of Warwick
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