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Herculaneum: Vesuv-Asche ließ Hirn zu Glas werden
Andreas Müller
2 min
Die sterblichen Überreste des in seinem Bett von den pyroklastischen Strömen überraschten Opfers in Herculaneum. Copyright: Pier Paolo Petrone
Rom (Italien) – Im Schädel eines der Opfer des Vesuv-Ausbruchs im Jahre 79 haben Forscher 2020 eine einzigartige dunkle Masse organischen Glases entdeckt. Eine Analyse zeigt nun, dass es sich offenbar um zu Glas gewordene Reste des Gehirns eines Opfers im antiken Herculaneum handelt.
Inhalt
Im Fachjournal „Scientific Reports“ (DOI: 10.1038/s41598-025-88894-5) beschreibt das Team um Guido Giordano von der Universita degli studi Roma Tre die Ergebnisse ihrer Analysen. Sie vermuten, dass Teile des Gehirns zu Glas wurden, als das Opfer von einer extrem heißen, aber kurzlebigen Aschewolke getroffen wurde.
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Seltene Bedingungen für Glasbildung
In der Natur entsteht Glas entsteht nur unter besonderen Bedingungen: Eine Flüssigkeit muss so schnell abkühlen, dass sie beim Erstarren nicht kristallisiert – dies erfordert einen starken Temperaturunterschied zur Umgebung. Zudem muss die Erstarrungstemperatur deutlich höher als die Umgebungstemperatur sein. Organisches Glas bildet sich noch seltener, da die Umgebungstemperaturen meist nicht niedrig genug sind, um Wasser – einen Hauptbestandteil organischer Materie – erstarren zu lassen. Das einzige bekannte Beispiel für natürliches organisches Glas wurde 2020 in Herculaneum entdeckt. Der genaue Entstehungsprozess blieb lange Zeit jedoch unklar.
Hintergrund
Herculaneum war eine antike Stadt am Golf von Neapel, die – ähnich wie das berühmte Pompeji, abr auch Stabiae und Oplontis beim Ausbruch des Vulkans Vesuv in der zweiten Hälfte des Jahres 79 untergegangen ist. Während in Pompeij ganze Körperabdrücke in der verfestigten Vulkanasche erhalten blieben und später zu den berühmten Gipsabgüssen von Pompeij aufgefüllt wurden, blieben in Herculaneum nur vergleichsweise wenig Skelette erhalten, da sich die Mehrheit der Bewohner zuvor vermutlich retten konnten.
Copyright/Quelle: BobFog (via WikimediaCommons) / CC BY-SA 3.0
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Analyse des Glasfundes
Bei der Analyse der Glasfragmente aus dem Schädel und der Wirbelsäule einer verstorbenen Person, die in ihrem Bett im sogenannten Collegium Augustalium in Herculaneum gefunden wurde zeigte sich, dass das Gehirn des Opfers auf mindestens 510 Grad Celsius erhitzt worden sein musste, bevor es rasch genug zu Glas abkühlte.
Das verglaste Gehirn aus Herculaneum. Copyright: Pier Paolo Petrone
Zugleich stellten die Forschenden aber auch fest, dass dies nicht allein durch die pyroklastischen Ströme geschehen sein konnte, die Herculaneum begruben, da diese maximal 465 Grad Celsius erreichten und langsamer abkühlten.
Die Theorie: Eine Kurzlebige Aschewolke als tödlicher Faktor
Basierend auf modernen Beobachtungen von Vulkanausbrüchen kommen die Autorinnen und Autoren der Studie zu dem Schluss, dass eine extrem heiße Aschewolke die erste tödliche Phase des Vesuvausbruchs war. „Diese Wolke könnte die Körpertemperatur des Opfers auf über 510 Grad Celsius erhöht haben, bevor sie sich schnell auflöste und so eine rasche Abkühlung ermöglichte.“ Während dieses Vorgangs könnten die Knochen des Schädels und der Wirbelsäule das Gehirn des Opfers teilweise vor vollständiger Zersetzung geschützt haben, sodass sich Fragmente dieses einzigartigen organischen Glases bilden konnten.
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