Boulder (USA) – US-Forscher haben Hinweise darauf gefunden, dass die noch junge Erde einst von einem einzigen globalen Ozean bedeckt war und es noch kaum bis keine Landmassen gab. Sollte sich das Szenario bestätigen, könnte die Erkenntnis dazu beitragen, Fragen zu klären, wie – und wo – das Leben vor etwa 3,5 Milliarden Jahren entstanden ist.
Wie das Team um Boswell Wing von der University of Colorado Boulder aktuell im Fachjournal „Geoscience“ (DOI: 10.1038/s41561-020-0538-9) berichtet, könnte unsere heute rund 4,5 Milliarden Jahre alte Erde vor rund 3,2 Milliarden Jahren eine sogenannte Wasserwelt gewesen sein. Das so skizzierte Szenario könnte dann auch die Frage beantworten, ob das Leben in Süßwasserteichen auf Land oder in den Tiefen salziger Meere seinen Anfang nahm. „Wenn die Erde eine reine Wasserwelt war, die vom Ozean bedeckt war, standen trockene Nischen schlichtweg nicht zur Verfügung“, so Wing.
Zu ihrer Vermutung gelangten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler durch ihren erneuten Versuch der Ermittlung der Temperatur der frühen Erde, wie sie seit langem schon ein heftiger Streitpunkt unter Geologen ist. Selbst unter Experten ist schließlich die Frage umstritten, ob der Planet viel wärmer oder kühler war, oder ungefähr die gleichen Temperaturen wie heute vorherrschten, als das Leben auftauchte.
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Das Verhältnis zweier natürlich vorkommender Variationen von Sauerstoffisotopen, kann aufgrund des unterschiedlichen Molekulargewichts mit der Temperatur der alten Ozeane in Verbindung gebracht werden, so die Forscher und erläutern weiter: „Wasser mit niedrigerer Temperatur enthält eine höhere Menge an Sauerstoff-16 als Sauerstoff-18 und umgekehrt.
In Felsen aus der fraglichen Zeit, die sich früher auf dem Boden einstiger Ozeane befanden, wie zum Beispiel den Panorama District in der Region Pilbara in Westaustralien, ist die die chemische Geschichte dieser Ozeane erhalten und es finden sich sogar Reste hydrothermaler Tiefseeschlote, wie sie heute noch als Geburtsstäten des Lebens diskutiert werden.
Aber selbst nachdem die Forscher ein Temperaturprofil von vor 3,2 Milliarden rekonstruiert hatten, lag mit 3,3 Prozent zu wenig Sauerstoff-18 als erwartet vor. „Das sind ungefähr 4 Prozent mehr als im heutigen relativ eisfreien Ozean und der Wert liegt viel höher als in früheren Schätzungen.“ Schon 2012 fand eine damalige Studie ebenfalls eine etwas höher als erwartete Anreicherung von Sauerstoff-18 in den Ozeanen vor 3,8 Milliarden Jahren – 0,8 bis 3,8 Prozent.
Zwar sind das zunächst nur kleine Variationen, für die Frage nach Land- oder Wasserwelten aber von Bedeutung, denn der Boden auf großen (kontinentgroßen) Landflächen zieht überproportional schwerere Isotope wie Sauerstoff-18 aus dem Wasser.
Laut der aktuellen Modellierung hat das Team um Wing nun herausgefunden, dass die Verhältnisse in ihren Gesteinsproben mit einem Mangel an Kontinenten erklärt werden können. „Das bedeutet nicht, dass der Planet notwendigerweise völlig wasserbedeckt war, wie etwa die Saturn- und Jupitermonde Enceladus oder Europa, wenn sie näher an der Sonne wären. Aber es scheint sehr viel nasser gewesen sein können, als die Erde heute ist. Großflächige Kontinente erscheinen in diesen Modellen der damaligen Erde eher unwahrscheinlich.“
Während auf diese Weise höchsten deutlich kleinere Landmassen vorstellbar wären, wirft das Ergebnis der Modelle die Frage auf, wann genau die Kontinente entstanden sind, die von zusammenrückenden tektonischen Platten aus dem Ozean gehoben wurden? Hierzu plant das Team nun, jüngere Felsformationen zu untersuchen, um diese Zeitachse zusammenzusetzen.
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Quelle: University of Colorado Boulder
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