…fragt Marik von Rennenkampff in einem aktuellen GreWi-Gastbeitrag
Bei diesem Artikel handelt es sich um einen Gastbeitrag des US-Journalisten und ehemaligen Sicherheitsexperten der US-Regierung Marik von Rennenkampff, um eine deutschsprachige Übersetzung seines Meinungsbeitrags mit dem Originaltitel „Why is the Pentagon’s UFO office so clueless about UFOs?“, der am 7. August 2024 auf TheHill.com erstveröffentlicht wurde. Die vom Autor gemachten Aussagen und Meinungen sind seine eigenen.
Am 11. Juli haben der demokratische Mehrheitsführer des Stenats, Chuck Schumer (D-N.Y.), und der republikanische Senator Mike Rounds (R-S.D.) das außergewöhnlichste Gesetz in der amerikanischen Geschichte erneut eingebracht (…GreWi berichtete). Der „Unidentified Anomalous Phenomena Disclosure Act“ behauptet, dass dunkle Elemente der US-Regierung heimlich „Legacy-Programme“ betrieben haben, die darauf abzielen, UFOs unbekannter oder nicht-menschlicher Herkunft zu bergen und rückzuentwickeln.
Als Abhilfe würde das Gesetz ein hochrangiges Überprüfungsgremium einrichten, um lange Zeit zurückgehaltene UFO-bezogene Dokumente schrittweise und strategisch öffentlich über eine „kontrollierte Offenlegungskampagne“ freizugeben.
Schumer und Rounds‘ Wiedereinführung des Gesetzes ist besonders bemerkenswert, da es im vergangenen Dezember auf Wunsch des UFO-Untersuchungsbüros des Pentagons weitgehend durch Gesetzgeber im Repräsentantenhaus entschärft wurde. Das 2022 gegründete „All-domain Anomaly Resolution Office“ (AARO) wies zudem wiederholt kategorisch die atemberaubenden UFO-bezogenen Aktivitäten zurück, die im „UAP Disclosure Act“ behauptet werden.
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In einem ebenso langen wie fehlerhaften Bericht, der im März 2024 veröffentlicht wurde, erklärte das Büro beispielsweise, dass es „keine empirischen Beweise dafür gefunden hat, dass die [US-Regierung] und private Unternehmen außerirdische Technologie rückentwickeln.“
Die Wiedereinführung des Disclosure Act in vollem Umfang ist daher eine erstaunliche doppelte Zurückweisung von AARO. Bemerkenswert ist, dass Senatorin Kirsten Gillibrand (D-N.Y.), die die Gründung des Büros vorangetrieben hat, eine Mitunterzeichnerin des Gesetzes ist.
Darüber hinaus scheint der Geheimdienstausschuss des Senats das Government Accountability Office, den Untersuchungsausschuss des Kongresses, anweisen zu wollen, eine Überprüfung von AARO durchzuführen. Mit anderen Worten: Schlüsselmitglieder des Kongresses – einschließlich der Senatorin, die es gegründet hat – scheinen wenig Vertrauen in das UFO-Büro des Pentagons zu haben.
Das sollte nicht überraschen. AAROs historische, vom Kongress vorgeschriebene Überprüfung der Regierungsverbindungen in Sachen UFOs (…GreWi berichtete 1, 2) enthält zahlreiche Fehler und Auslassungen, erstaunlich schlechte analytische Arbeit und, in mindestens einem Fall, eine eklatante Falschdarstellung.
Gleichzeitig scheint das Pentagon, wie ich kürzlich in einem langen Gespräch mit dem ehemaligen Direktor von AARO erfuhr, ahnungslos in Bezug auf das bekannteste und am weitesten verbreitete UFO-Filmmaterial zu sein. Dies ist besonders bemerkenswert, da die Videos erhebliches Interesse im Kongress weckten, was letztendlich zur Gründung des Büros führte.
Zum Beispiel sagte mir Sean Kirkpatrick, der im Dezember als Direktor von AARO in den Ruhestand ging, dass das bekannte „Gimbal“-Video — das eine überraschte Navy-Besatzung vor der Küste Floridas Anfang 2015 aufgenommen hatte — wahrscheinlich einen im Wind treibenden Ballon zeigte. Laut Kirkpatrick war die hochgradig anomale Infrarotsignatur des Objekts auf eine Reflexion der Sonne darauf zurückzuführen.
Aber der ehemalige oberste UFO-Analyst der Regierung liegt nachweislich falsch in Bezug auf das bekannteste UFO-Filmmaterial aller Zeiten. Der „Gimbal“-Vorfall, wie der Marineflieger, der das Video aufnahm, in einer Kongressanhörung bestätigte, ereignete sich nachts, wodurch Sonnenreflexionen als plausible Ursache für die seltsame Wärmesignatur des UFOs ausgeschlossen werden können.
Darüber hinaus ist auf der Aufnahme zu hören, wie die Besatzung überrascht feststellt, dass sich das „Gimbal“-Objekt, zusammen mit einer ganzen „Flotte“ begleitender UFOs, „alle gegen den Wind bewegen, der Wind kommt mit 120 Knoten aus Westen“.
Ballons bewegen sich natürlich nicht „gegen“ Winde der Kategorie 4. Auch haben ausgefeilte dreidimensionale Nachbildungen des Vorfalls keine überzeugende Flugbahn für den „Gimbal“-UFO-Ballon gefunden.
Bemerkenswert ist, dass Kirkpatrick mir diese falschen „Erklärungen“ für das „Gimbal“-Video bereits zum zweiten Mal vorgeschlagen hat, das erste Mal nach einer öffentlichen Veranstaltung im vergangenen November (2023).
Interessanterweise erklärte Kirkpatrick dann in einem Interview im vergangenen März, dass das „Gimbal“-Objekt „wahrscheinlich ein Jet“ sei. Dies widerspricht nicht nur den öffentlich zugänglichen und empirischen Beweisen, sondern wurde auch von Kampfpiloten, die mit dem Sensorsystem, das das Video aufnahm, bestens vertraut sind, entschieden zurückgewiesen.
Gleichzeitig bezeichnete sogar Mick West, ein prominenter UFO-Skeptiker, Kirkpatricks „Erklärung“ für die anomale gestufte Rotation des „Gimbal“-Objekts als „Unsinn“ und „offensichtlich falsch“.
Wie Christopher Mellon, ein ehemaliger stellvertretender Verteidigungsminister für Nachrichtendienste, treffend bemerkte, wirft Kirkpatricks mangelndes Grundwissen über das bekannteste öffentlich zugängliche UFO-Filmmaterial eine Reihe von Fragen zur Qualität und Sorgalt von AAROs Analysen auf. Dies gilt insbesondere nach seiner absurden Erklärung für einen hochgradig anomalen UFO-Vorfall, den Luftwaffenpersonal verpflichtet sahen, dem Büro von Abgeordnetem Matt Gaetz (R-Fla.) zu melden.
„GoFast“, ein weiteres UFO-Video, das erhebliches Interesse im Kongress weckte und letztlich zur Gründung von AARO führte, wurde nur 10 Minuten vor „Gimbal“ von derselben Navy-Besatzung gefilmt.
Im März unterstützte und berief sich Kirkpatrick eine stark fehlerhafte NASA-Analyse des „GoFast“-Videos. Doch nachdem ich ihn auf einen kritischen Fehler in NASAs Berechnungen hingewiesen hatte, widersprach sich Kirkpatrick selbst und sagte mir: „Ich habe mir die NASA-Analyse nicht angesehen.“ Eine bemerkenswerte Kehrtwende, gelinde gesagt.
Man muss sich also fragen, wie viele Mitglieder des Kongresses Kirkpatrick möglicherweise mit solchen falschen „Erklärungen“ für die bemerkenswertesten UFO-Vorfälle in die Irre geführt hat, ob absichtlich oder nicht.
Darüber hinaus scheint Kirkpatrick ebenso wenig wie beim „Gimbal“-Video zu wissen, dass ausgefeilte geometrische Rekonstruktionen die Berichte der Besatzung und des Radarbetriebs über den „Tic Tac“-Vorfall von 2004 bestätigen, der weithin als eine der bestdokumentierten zeitgenössischen UFO-Begegnung gilt.
Jede objektive wissenschaftliche Analyse der bekanntesten UFO-Vorfälle mit mehreren Zeugen sollte zumindest bewerten, ob die verfügbaren Daten die hochgradig glaubwürdigen Berichte von hoch ausgebildeten Militärzeugen zu bestätigen oder zu widerlegen.
AARO hat offensichtlich keine solche Analyse durchgeführt und stattdessen bevorzugt, leicht widerlegbare und unwissenschaftliche „Erklärungen“ für glaubwürdige, hochgradig rätselhafte Vorfälle zu erzwingen.
Vor über 50 Jahren warnte der verstorbene Atmosphärenphysiker James McDonald seine Wissenschaftskollegen und Mitglieder des Kongresses vor dem zutiefst unwissenschaftlichen Ansatz des Pentagons in Bezug auf UFOs. Der langjährige wissenschaftliche Berater der Luftwaffe für UFOs, der Astronom J. Allen Hynek, stimmte dem zu und entwickelte sich zu einem entschiedenen Befürworter einer rigorosen, unvoreingenommenen Untersuchung des Phänomens.
AAROs unaufrichtige Analyse und falsche „Erklärungen“ für faszinierende UFO-Vorfälle deuten stark darauf hin, dass sich die Geschichte wiederholt. Der offensichtliche Skeptizismus des Kongresses gegenüber dem UFO-Büro des Pentagons ist gut begründet.
Über den Autor
Marik von Rennenkampff war Analyst im Büro für internationale Sicherheit und Nichtverbreitung des US-Außenministeriums und ein von der Obama-Regierung ernannter Mitarbeiter im US-Verteidigungsministerium.
© Marik von Rennenkampff / TheHill.com (dt. Übers.: grenzwissenschaft-aktuell.de)
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