Weltraumwetter im Proxima-Centauri-System stellt dortiges erdähnliches Leben in Frage
Sydney (Australien) – Der unsere Sonne nächstgelegene Stern, Proxima Centauri wird von mindestens einem erdartigen Planeten in einem Abstand umkreist, der auf dem Planeten erdähnliches Leben ermöglichen könnte. Erstmals haben Astronomen nun Weltraumwetterberichte für den gerade einmal 4,2 Lichtjahre von uns entfernten roten Zwergstern erstellt. Deren Ergebnis stellt die Vorstellung von erdartigem Leben um den aktiven Stern jedoch infrage.
Wie das Team um Andrew Zic von der University of Sydney aktuell im „The Astrophysical Journal“ (DOI: 10.3847/1538-4357/abca90) erläutert, liegt aufgrund der Tatsache, dass Proxima Centauri deutlich kleiner und damit auch kühler ist als unsere Sonne, die sogenannte habitable Zone wesentlich näher an dem Stern – sogar näher als die Umlaufbahn unseres innersten Planeten Merkur um die Sonne.
Hintergrund
Die „habitable Zone“ beschreibt jene Abstandsregion, innerhalb derer ein Planet seinen Stern umkreisen muss, damit aufgrund gemäßigter Temperaturen flüssiges Wasser – und damit die Grundlage zumindest des erdähnlichen Lebens – auf seiner Oberfläche existieren kann.
„Unsere Ergebnisse zeigen, dass diese Nähe zu seinem Stern den Planeten anfällig für schädliche ionisierende Strahlung seines Sterns macht, wie sie die Planetenoberflächen regelrecht sterilisieren kann“, so Zic.
Gemeinsam mit Kollegen und Kolleginnen kann Zic nun erstmals eine eindeutige Verbindung zwischen optischen Sterneruptionen (Flares) und Ausbrüchen von Radiostrahlung anhand eines anderes Sterns nachweisen. Die Entdeckung stelle einen wichtigen Schritt zu Nutzung von Radiosignalen ferner Sterne zur Erstellung dortiger Weltraumwetterberichte dar.
„Auch unsere Sonne gibt regelmäßig heiße Wollen ionisierter Teilchen von sich. Die Rede ist dann von koronalen Masseauswürfen“, erläutert das Team um Zic. „Da die Sonne aber deutlich heißer ist als Proxima Centauri und andere Rote Zwerge ist, ist auch unsere „habitable Zone“ sehr viel weiter von unserem Stern und seiner Aktivität entfernt. Hinzu besitzt unsere Erde ein starkes planetares Magnetfeld, das uns vor diesen intensiven Plasma-Ausbrüchen schützt.“
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„Das vom Stern fortgeschleuderte ionisierte Plasma und die damit einhergehende Strahlung sind vermutlich schlechte Neuigkeiten bezüglich des Weltraumwetters. So wie es aussieht, ist der in unserer Galaxie häufigste Sternentyp – Rote Zwerge – nicht die besten Ort für Leben, wie wir es kennen“, so Zic weiter. Während sonnenähnliche Sterne gerade einmal sieben Prozent der Sterne in unserer Milchstraße ausmachen, sind rund 70 Prozent aller Sterne in unser Galaxie Rote Zwerge.
Die Erkenntnis der zusammenhängenden Flares und Radioausbrüche legen nun nahe, dass Planeten um Proxima Centauri vermutlich starker atmosphärischer Erosion durch Sonnenstürme ausgesetzt sind, die sie umgeschützt der sowieso schon starken Röntgen- und UV-Strahlung aussetzen.
Ob die Proxima-Planeten dieser Strahlung mittels starker planetarer Magnetfelder begegnen können, ist noch ungewiss. „Wir können uns aber jetzt schon fragen, wieviele Planeten wir kennen, die ein ähnlich starkes Magnetfeld wie unsere eigene Erde haben?“
Tatsächlich gibt es bislang noch keine Beobachtungen zu Magnetfeldern von Exoplaneten und deren Nachweis dürfte auch schwierig sein. Ein Weg wäre, nach dortigen Polarlichtern zu suchen, wie wir sie von der Erde und Jupiter kennen. Doch dafür müssen wir zuerst optische Instrumente entwickeln, die solche Phänomene auf Planeten um ferne Sterne abbilden können. „Selbst wenn einige Planeten um Rote Zwerge starke planetare Magnetfelder haben, ist es fraglich, ob diese stark genug sein können, um sie vor der Strahlung ihres nahen Sterns ausreichend zu schützen.“
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Quelle: University of Sydney
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