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Wiederkehrende Radiopulse deuten auf ein kosmisches Objekt hin, das „nicht existieren dürfte“

Künstlerische Darstellung des „langsamen kosmischen Leuchtturms“ mit der Bezeichnung „ASKAP J1839-0756“ (Illu.).Copyright/Quelle: James Josephides
Künstlerische Darstellung des „langsamen kosmischen Leuchtturms“ mit der Bezeichnung „ASKAP J1839-0756“ (Illu.).
Copyright/Quelle: James Josephides

Sydney (Australien) – Astronomen haben ein mysteriöses Objekt entdeckt, das die bisherigen Annahmen über Neutronensterne infrage stellt. „ASKAP J1839-0756“ rotiert nur alle 6,5 Stunden – zu langsam, um laut Theorie Radiopulse zu senden. Überraschend ist auch, dass die Erde genau in Richtung dieser Pulse liegt, die von beiden Polen des Objekts ausgehen – ein seltenes Phänomen namens Interpulsing. Die Entdeckung dieses „langsamen kosmischen Leuchtturms“ eröffnet neue Einblicke in bislang unerforschte Phänomene.

– Der folgenden Artikel der Astrophysikerin Manisha Caleb und Yu Wing Joshua Lee von der von der University of Sydney, der Entdeckerin und dem Entdecker des Phänomens, erschien am 15. Januar 2025 im englischsprachigen Original unter dem Titel „Blinking radio pulses from space hint at a cosmic object that ‘shouldn’t exist’“ auf Theconversation.com unter der Lizenz Creative Commons und wurde von GrenzWissenschaft-aktuell.de (GreWi) ins Deutsche übersetzt.

Wenn einige der größten Sterne das Ende ihres Lebens erreichen, explodieren sie in spektakulären Supernovae und hinterlassen unglaublich dichte Kerne, sogenannte Neutronensterne. Einige dieser Überreste senden starke Radiostrahlen von ihren magnetischen Polen aus.

Während sich ein solcher Stern dreht, fegen diese Strahlen an der Erde vorbei und erzeugen periodische Radiopulse – ähnlich wie ein kosmischer Leuchtturm. Dieses Verhalten hat diesen Objekten den Namen „Pulsare“ eingebracht.

Künstlerische Darstellung eines Pulsars (Animation)

Pulsare drehen sich in der Regel unglaublich schnell und vollziehen oft eine vollständige Rotation in nur wenigen Sekunden – oder sogar noch weniger. Doch in den letzten drei Jahren sind mysteriöse Objekte aufgetaucht, die periodische Radiopulse mit viel langsameren Intervallen aussenden, was mit unserem bisherigen Verständnis von Neutronensternen schwer zu erklären ist.

In einer neuen Studie haben wir den bisher langsamsten dieser kosmischen Leuchttürme entdeckt – einen, der sich nur einmal alle 6,5 Stunden dreht. Diese Entdeckung, die im Fachjournal „Nature Astronomy“ (DOI: 10.1038/s41550-024-02452-z) veröffentlicht wurde, sprengt die Grenzen dessen, was wir für möglich hielten.

Unser langsamer Leuchtturm ist außerdem so zur Erde ausgerichtet, sodass wir Radiopulse von beiden magnetischen Polen sehen können. Dieses seltene Phänomen ist das erste dieser Art bei Objekten, die sich derart langsam drehen, und eröffnet neue Einblicke in die Funktionsweise dieser Sterne.

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Ein Objekt, das nicht existieren sollte?

Wir entdeckten das Objekt, das den Namen „ASKAP J1839-0756“ trägt, mit dem ASKAP-Radioteleskop der CSIRO, das sich auf dem Land der Wajarri Yamaji in Westaustralien befindet.

Während einer routinemäßigen Beobachtung fiel „ASKAP J1839-0756“ auf, da zuvor kein bekanntes Objekt an seiner Position identifiziert worden war. Die Radiostrahlung erschien als verblassender Ausbruch, dessen Helligkeit innerhalb von nur 15 Minuten um 95 % abnahm. Anfangs hatten wir keine Ahnung, dass die Quelle periodische Radiopulse aussendete. Während der ersten Beobachtung wurde nur ein einzelner Ausbruch registriert.

Um mehr herauszufinden, führten wir weitere Beobachtungen mit ASKAP sowie mit dem Australia Telescope Compact Array der CSIRO in Narrabri, New South Wales, und dem hochsensiblen MeerKAT-Radioteleskop in Südafrika durch. Eine längere ASKAP-Beobachtung enthüllte schließlich zwei Pulse im Abstand von 6,5 Stunden, was die periodische Natur der Quelle bestätigte.

Die vom MeerKAT-Teleskop bei zwei verschiedenen Zentralfrequenzen erfassten Pulse sind hier dargestellt. Die oberen Diagramme zeigen die Helligkeit des Pulses im Verlauf der Zeit, während die unteren Diagramme die Beobachtungsfrequenz über die Zeit veranschaulichen. Die Farben stellen dabei die Helligkeitsstufen dar.Copyright/Quelle: Yu Wing Joshua Lee
Die vom MeerKAT-Teleskop bei zwei verschiedenen Zentralfrequenzen erfassten Pulse sind hier dargestellt. Die oberen Diagramme zeigen die Helligkeit des Pulses im Verlauf der Zeit, während die unteren Diagramme die Beobachtungsfrequenz über die Zeit veranschaulichen. Die Farben stellen dabei die Helligkeitsstufen dar.
Copyright/Quelle: Yu Wing Joshua Lee

Doch hier kommt die eigentliche Überraschung: Nach unserem bisherigen Wissen über Neutronensterne dürfte „ASKAP J1839-0756“ gar nicht existieren. Neutronensterne senden Radiopulse aus, indem sie ihre Rotationsenergie in Strahlung umwandeln. Mit der Zeit verlieren sie Energie und verlangsamen sich.

Die Standardtheorie besagt, dass ein Neutronenstern, dessen Drehgeschwindigkeit unter eine bestimmte Schwelle fällt (etwa eine Umdrehung pro Minute), aufhören sollte, Radiopulse auszusenden. Doch hier ist „ASKAP J1839-0756“, das den Kosmos in einem gemächlichen Tempo von einer Umdrehung alle 6,5 Stunden erhellt.

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Eine Geschichte zweier Pole

Die meisten Pulsare, die schneller rotierenden „Verwandten“ von „ASKAP J1839-0756“, ähneln einseitigen Taschenlampen. Die Achse, um die sie rotieren, ist eng mit der Achse ihres Magnetfelds ausgerichtet, was bedeutet, dass wir nur Blitze von einem magnetischen Pol sehen können.

Doch bei etwa 3 % der Pulsare stehen die Rotations- und Magnetfeldachsen fast im rechten Winkel zueinander, was es uns ermöglicht, Pulse von beiden Polen zu sehen. Diese seltenen doppelten Blitze, sogenannte Interpulse, bieten einen einzigartigen Einblick in die Geometrie und das Magnetfeld des Sterns.

Die Rotationsachse und die magnetische Achse typischer Pulsare sind eng aufeinander ausgerichtet (links), sodass wir Radiopulse nur von einem magnetischen Pol sehen können. Im Fall von ASKAP J1839-0756 stehen die Achsen nahezu senkrecht zueinander (rechts). Daher können wir Pulse von beiden magnetischen Polen beobachten, während sich der Neutronenstern dreht.Copyright/Quelle: Manisha Caleb
Die Rotationsachse und die magnetische Achse typischer Pulsare sind eng aufeinander ausgerichtet (links), sodass wir Radiopulse nur von einem magnetischen Pol sehen können. Im Fall von ASKAP J1839-0756 stehen die Achsen nahezu senkrecht zueinander (rechts). Daher können wir Pulse von beiden magnetischen Polen beobachten, während sich der Neutronenstern dreht.
Copyright/Quelle: Manisha Caleb

Bei „ASKAP J1839-0756“ ist dies der Fall: Die Achsen sind nahezu rechtwinklig zueinander, sodass wir Pulse von beiden magnetischen Polen sehen können. Etwa 3,2 Stunden nach seinem Hauptpuls sendet es einen schwächeren Puls mit unterschiedlichen Eigenschaften aus, was stark darauf hindeutet, dass wir Radiostrahlung vom gegenüberliegenden Magnetpol sehen. Diese Entdeckung macht „ASKAP J1839-0756“ zum ersten seiner Art, das Interpulse aussendet, und wirft große Fragen darüber auf, wie solche Objekte funktionieren.

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Ein Magnetar oder etwas völlig Neues

Was treibt diese kosmische Anomalie an? Eine Möglichkeit ist, dass es sich um einen Magnetar handelt – einen Neutronenstern mit einem extrem starken Magnetfeld, das die stärksten Magneten der Erde wie Leichtgewichte wirken lässt. Magnetare erzeugen Radiopulse durch einen anderen Mechanismus, der es ihnen ermöglichen könnte, auch bei langsameren Rotationsgeschwindigkeiten weiter zu strahlen. Doch auch Magnetare haben ihre Grenzen, und ihre Perioden werden normalerweise in Sekunden gemessen, nicht in Stunden.

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Die einzige Ausnahme ist ein Magnetar namens „1E 161348-5055“, der eine Periode von 6,67 Stunden hat. Allerdings sendet er nur Röntgenstrahlung aus und keine Radiopulse. Könnte ASKAP J1839-0756 etwas völlig anderes sein? Einige Astronomen spekulieren, ob ähnliche Objekte vielleicht Weiße Zwerge sein könnten – die Überreste weniger massereicher Sterne.

Weiße Zwerge drehen sich wesentlich langsamer als Neutronensterne, aber bislang wurde kein isolierter Weißer Zwerg beobachtet, der Radiopulse aussendet. Und bisher haben keine Beobachtungen in anderen Wellenlängen Hinweise auf einen Weißen Zwerg an diesem Ort am Himmel gefunden.

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Ein kosmisches Rätsel

Was auch immer „ASKAP J1839-0756“ letztlich sein mag, eines ist klar: Dieses Objekt schreibt die Regeln neu. Die seltsame Kombination aus langsamer Rotation, Radiopulsen und Interpulsen zwingt Astronomen dazu, die Grenzen des Verhaltens von Neutronensternen zu überdenken und neue Möglichkeiten zu erforschen, was sich im Herzen dieses Rätsels verbirgt. Die Entdeckung von „ASKAP J1839-0756“ erinnert uns daran, dass das Universum uns immer wieder überrascht – besonders, wenn wir denken, alles verstanden zu haben. Während wir dieses mysteriöse Objekt weiterhin beobachten, werden wir mit Sicherheit weitere Geheimnisse enthüllen.

© Manisha Caleb, Yu Wing Joshua Lee, TheConversation.com (dt. Übers. grenzwissenschaft-aktuell.de / Creative Commons

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Andreas Müller
Fachjournalist Anomalistik | Autor | Publizist
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